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Bundesliga-KolumneTief im Westen herrscht die große Tristesse

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Schalkes Trainer Frank Kramer ist nach dem 0:3 gegen Hoffenheim bedient. Der Coach muss mehr denn je um seinen S04-Job zittern.

KölnTief im Westen . . . hatte der Steiger einst die Grubenlampe. Und aktuell hängt dort auch die Rote Laterne. Bundesliga-Schlusslicht VfL Bochum und der Vorletzte Schalke 04 müssen ganz gewaltig um den Klassenerhalt zittern. Nach dem 10. Spieltag ist die Hoffnung nicht größer geworden.

Nach dem erlösenden, wie überraschenden 3:0-Sieg in der Woche zuvor gegen Frankfurt mussten die Bochumer im Kellerduell beim VfB Stuttgart bereits die achte Saisonniederlage einstecken. Beim 1:4 gegen ungewohnt effiziente Schwaben waren sie mehr oder weniger chancenlos. Der neue Trainer Thomas Letsch, der zuvor in der Eredivisie bei Vitesse Arnheim tätig war, hat nun zwei seiner ersten drei Spiele verloren. Die Partie bei den Schwaben war ein herber Rückschlag für den VfL, der nicht mehr viel mit dem homogenen Team der vergangenen Saison zu tun hat. Bochum hatte vor der Saison mit Bella-Kotchap, Locadia, Polter, Leitsch und Pantovic zahlreiche Schlüsselspieler und später auch seinen langjährigen Erfolgstrainer Thomas Reis verloren, der VfL scheint nicht imstande, diese Abgänge kompensieren zu können. Bei diesem Substanzverlust kann dann auch wohl Neu-Trainer Letsch wenig ausrichten.

Interessant wäre, wenn dieser Thomas Reis in den kommenden Tagen ausgerechnet beim Nachbarn Schalke 04 aufschlagen sollte.

Der Ex-Profi wäre ja fast schon im Sommer in Gelsenkirchen gelandet. Schalkes Sportvorstand Peter Knäbel und Sportdirektor Rouven Schröder wollten Reis holen, waren sich mit ihm einig, bevor Bochum den brisanten Wechsel zum Ruhrpott-Rivalen platzen ließ. Nun gilt der 49-Jährige neben Adi Hütter als Top-Kandidat bei den Knappen für die Nachfolge von Frank Kramer.

Moment mal: Kramer ist doch bei Schalke noch im Amt, oder?

Ja, noch. Der angezählte Coach erhält nach der Pleite gegen Hoffenheim am Dienstag im DFB-Pokal eine weitere Chance. Die Schonfrist wurde noch einmal verlängert, aber die Zeichen stehen dennoch auf Trennung. Zwar hatte Kramer sein „Endspiel“ mit 0:3 verloren – doch statt seine Koffer zu packen, geht es für ihn beim Aufsteiger überraschend weiter. Das war das Ergebnis einer Krisensitzung. „Frank ist ein Kämpfer, der sich auf das Wesentliche konzentriert“, hatte Sportdirektor Schröder den Coach dennoch gelobt: „Eines kann ich ihm nicht vorwerfen: Er gibt immer alles.“ Ob das reicht, darf allerdings bezweifelt werden.

Die Unkenrufe in Gelsenkirchen waren schon laut, als der Fußballlehrer zur Saison 2022/23 verpflichtet wurde.

Kramer hatte bereits in der vergangenen Saison wenig Erfolg, bei Arminia Bielefeld, dem späteren Absteiger, wurde er am 20. April entlassen. Allerdings muss man auch sagen, dass der Kader von Schalke 04 nicht gerade viel Substanz aufweist. Der Traditionsklub ist nicht dazu geeignet, um eine sorgenfreie Saison zu erleben. Und Kramer hat es bislang nicht verstanden, aus dem vorhandenen Spielermaterial eine Mannschaft zu formen, die nicht nur zum Punktelieferanten taugt. Hinzu kamen spielerische und taktische Unzulänglichkeiten.

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„Kramer-raus“-Rufe hallten am Freitag von den Rängen. Die Trennung scheint nur aufgeschoben. Und sie wäre wahrlich nichts Ungewöhnliches bei den Königsblauen: In den vergangenen zehn Jahren waren allein 13 unterschiedliche Fußballlehrer auf Schalke tätig, ein beachtlicher Verschleiß. Im Westen nichts Neues also.

Der VfB Stuttgart hat schon eine Trainerentlassung hinter sich, Pellegrino Matarazzo musste nach immerhin über 1000 Tagen im Amt am 10. Oktober gehen. Unter Interimstrainer Michael Wimmer konnte jetzt der erlösende erste Saisonsieg eingefahren werden.

Nach Tagen des Wartens scheint jetzt auch der Nachfolger für Matarazzo jetzt doch gefunden. Der Däne Jess Thorup reiste zu Gesprächen nach Stuttgart an, dänische Medien zeigten Fotos seiner Ankunft am Flughafen. Beim VfB könnte der frühere Profi des KFC Uerdingen den Trainerposten übernehmen – er erfüllt das Anforderungsprofil des VfB. „Wir werden einen Trainer haben, der richtig Bock hat“, versprach Sportchef Sven Mislintat. Thorup wäre die Mischung aus Entwickler und erfahrenem Erfolgscoach, die sich der VfB wünscht. Er gewann zweimal die dänische Meisterschaft und einmal den Pokal, arbeitete auch in Genk und Gent in Belgien. Zuletzt saß er beim FC Kopenhagen auf der Bank, wo er Mitte September entlassen wurde. Dem neuen Mann, meinte der selbst umstrittene Mislintat, sei es auch „scheißegal, ob ich Sportdirektor bin oder nicht“. Denn neben der Suche eines Cheftrainers beschäftigen die Fragezeichen hinter Mislintats Zukunft den Klub. Der Vertrag des Sportchefs läuft aus.