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Kommentar

Bundesliga-Kolumne
Glasner offenbart fehlende Fürsorge in der Fußball-Bundesliga

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Lesezeit 4 Minuten
Frankfurts Trainer Oliver Glasner sitzt nach der Roten Karte in Hoffenheim auf der Tribüne.

Frankfurts Trainer Oliver Glasner sitzt nach der Roten Karte auf der Tribüne.

Der 31. Spieltag der Fußball-Bundesliga ist im Kasten. Die Stimmung wird gereizter. Eine Kolumne.

Gegen Ende einer Fußballsaison wird die Stimmung naturgemäß überall gereizter. Das war auch an diesem 31. Bundesliga-Spieltag wieder sehr gut zu beobachten. Wer stach in dieser Hinsicht heraus?

The Oscar goes to... Oliver Glasner. Der Trainer von Eintracht Frankfurt fuhr gleich zwei Mal richtig filmreif aus der Haut und sorgte beide Male für Kopfschütteln beim faszinierten Publikum. Zunächst kassierte der Coach beim 1:3 in Hoffenheim eine völlig überflüssige Rote Karte. Er hatte sich dermaßen über die Entscheidungen von Schiedsrichter Harm Osmers echauffiert, dass er im Stile eines beleidigten Kleinkinds einfach einen zweiten Ball auf den Rasen schoss.

Osmers blieb gar keine andere Wahl, als Glasner daraufhin auf die Tribüne zu verbannen. Das wiederum überraschte den Trainer, der ganz unumwunden kundtat, sich mit dem Fußball-Regelwerk nicht näher zu beschäftigen: „Ich dachte, das gibt Gelb und nicht Rot. Aber Unwissenheit schützt vor Strafe nicht. Das war mein stiller Protest für die Leistung des Schiedsrichters.“ Aber auch dieser unrühmliche Versuch, seine Mannschaft aufzurütteln, verhalf nicht zu einem Happy End.

Warum fuhr Glasner dann ein zweites Mal aus der Haut?Bei der anschließenden Pressekonferenz erdreistete sich ein Frankfurter Journalist doch tatsächlich eine kritische Nachfrage zur mentalen Einstellung der Eintracht-Spieler zu stellen. Glasner setzte noch in die Frage hinein zur Wutrede an und gab dabei an, dass sein Defensiv-Routinier Makoto Hasebe (39) völlig überlastet sei, nach Spielen auch mal Blut im Urin habe, aber natürlich trotzdem immer spielen würde. Bei diesen intimen medizinischen Einblicken drängt sich natürlich vor allem die Frage der Fürsorgepflicht eines Trainers für seine Spieler auf. Die scheint sich Glasner aber allem Anschein nach nicht zu stellen. Wahrscheinlich wird dieses Thema erst so richtig diskutiert, wenn ein Spieler mal dauerhaften gesundheitlichen Schaden davontragen sollte.

Die Haltung, dass es normal sei, Spieler wie Zitronen auszupressen, hat Glasner aber nicht exklusiv. Trainerkollege Christian Streich sagte zuletzt über seinen immer wieder erkrankten Akteur Ritsu Doan: „Ritsu war jetzt in den letzten Wochen immer wieder mal gesundheitlich angeschlagen. Aber er beißt, macht und tut alles, wenn er dann am Wochenende auf dem Platz steht. So erging es zuletzt auch anderen Spielern von uns.“ Dass diese Form des körperlichen Grenzgängertums antiquiert und medizinisch höchst fragwürdig ist, scheint im Profifußball nicht angekommen zu sein.

Wo war die Stimmung sonst noch gereizt?In Mainz. Der FSV träumt davon, sich noch auf einen internationalen Platz zu schleichen. Am Freitag erhielten diese Hoffnungen einen enormen Dämpfer mit dem 2:3 gegen Schalke 04, das durch einen Elfmeter in der zwölften Minute der Nachspielzeit gewann. Die Wut der Mainzer Verantwortlichen hätte sich dabei im Prinzip nur gegen einen Mann richten dürfen: Abwehrspieler Anthony Caci, der den Schalker Marius Bülter gefühlt minutenlang am Trikot festhielt, so dass der Unparteiische nach Ansicht der TV-Bilder gar keine andere Wahl hatte, als auf Elfmeter zu entscheiden. Doch die Mainzer machten zeigten lieber auf Schiedsrichter Matthias Jöllenbeck als Sündenbock. „Es ist eine klare Fehlentscheidung. Solch eine Entscheidung zu treffen, ist Wahnsinn“, lamentierte Trainer Bo Svensson.

Aber was bedeutet dieser Schalker Sieg eigentlich für den Abstiegskampf?Zunächst einmal erhöht er den Glauben bei allen Schalkern, dass die Rettung trotz eines sehr schweren Restprogramms (Bayern, Frankfurt und Leipzig) wirklich möglich ist. Die Gelsenkirchener stehen nun erstmals seit dem achten Spieltag nicht mehr auf einem Abstiegsplatz. Neben den Schalkern gibt es zwei weitere Gewinner, die jetzt mit Schwung in die letzten drei Spiele gehen wollen. Die TSG Hoffenheim hat vier Punkte Abstand auf den von Stuttgart belegten Relegationsplatz. Die Schwaben haben eine besonders bittere Woche hinter sich. Nach dem Pokal-Aus im Halbfinale gegen Frankfurt verloren sie auch noch das Keller-Duell bei Hertha BSC. Damit hat der Letzte aus Berlin nur noch drei Zähler Rückstand auf den VfB. Es bleibt sehr eng im Kampf um den Klassenerhalt.

Wer sind sonst die Gewinner des Spieltags?RB Leipzig hat sich mit dem zweiten Sieg gegen Freiburg innerhalb von fünf Tagen in die Pole Position im Kampf um die Champions-League-Qualifikation gebracht. Der SCF und Union Berlin müssen nun aufpassen, dass ihnen am Ende ihrer bisher überragenden Spielzeiten nicht die Luft ausgeht. Patrick Scherer