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TopspielDiskussion um Zwayer schwappt durch die Liga

Lesezeit 4 Minuten
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Der Gesichtsausdruck von Jude Bellingham (l.) beim Blick auf Felix Zwayer spricht Bände.

KölnDie Bundesliga diskutiert nach dem spektakulären Topspiel-Sieg der Bayern in Dortmund (3:2) vor allem über Felix Zwayer. Warum?

Der Schiedsrichter und sein Team hatten maßgeblichen Einfluss auf den Sieg der Münchener im wohl wichtigsten Liga-Spiel der Saison, nach dem die angeschlagenen Bayern vier Punkte Vorsprung auf den BVB haben. Zwayer entschied beim Stand von 2:2 in der zweiten Halbzeit nach einem Rempler von Lucas Hernandez samt Tritt in die Hacken gegen Marco Reus auf einen „herkömmlichen Zweikampf“, wie er erklärte. Die Bilder sah er sich nicht an – anders als wenig später auf der anderen Seite. Mats Hummels war mit geschlossenen Augen und abgespreiztem Arm in eine Flanke gestolpert, eine klare Torchance hatte er dabei nicht verhindert. Zwayer hielt Rücksprache mit Köln, ging zum Bildschirm und gab Strafstoß. Robert Lewandowski trat an und traf zum 3:2. In beiden strittigen Szenen gab es Argumente für und gegen einen Elfmeter. Der Berliner Unparteiische entschied aber zweimal zugunsten der Bayern und gegen den BVB. Einen Tag später sprang der DFB Zwayer zur Seite und erklärte durch VAR-Projektleiter Jochen Drees, dass sich Erling Haaland kurz vor Hernandez’ Schubser gegen Reus im Abseits befunden habe und es so ohnehin keinen Strafstoß hätte geben können. Auch sonst stellte Drees dem Schiedsrichter ein gutes Zeugnis aus.

„Man gibt einem Schiedsrichter, der schon mal Spiele verschoben hat, das größte Spiel in Deutschland. Was erwartest du?“ Dieser Satz sprudelte nach Abpfiff aus Jude Bellingham heraus. Gegen den BVB-Jungstar wird nun seitens des DFB ermittelt. Doch was meinte der Engländer damit?

Zwayer war 2004/05 in den gewaltigen Schiedsrichter-Skandal um Robert Hoyzer verstrickt, der gegen Geld des Wett-Ganoven Ante Sapina Spiele in der Regionalliga und im DFB-Pokal verschoben hatte. Zwayer war Assistent des Drahtziehers, hatte 2004 DFB-Akten zufolge 300 Euro angenommen, die Machenschaften Hoyzers erst mit einiger Verzögerung gemeldet und sich somit laut des DFB-Untersuchungsberichtes „grob sportwidrig“ verhalten. Eine tatsächliche Manipulation konnte ihm allerdings nicht nachgewiesen werden. Der DFB sperrte ihn für sechs Monate. Kurz darauf war Zwayer Kronzeuge und deckte den Skandal mit auf – weshalb er aus formalen Gründen für den Schiedsrichter-Betrieb gesperrt wurde. Das Problem: Beide Sperren überlappten sich und nur die harmlose wurde damals publik. Anschließend durfte Zwayer wieder pfeifen. Die Strafe für sein persönliches Fehlverhalten wurde erst 2014 durch Recherchen der „Zeit“ aufgedeckt.

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Also hat Bellingham, der beim Bekanntwerden des Hoyzer-Skandals noch ein Kleinkind war, mit Teilen seiner Aussage Recht?

Zunächst kann ausgeschlossen werden, dass Zwayer bei der Leitung des Topspiels Hintergedanken hatte, wie man sie aus Bellinghams Aussage ableiten könnte. Seit dem Hoyzer-Skandal hat sich Zwayer nichts dergleichen zu Schulden kommen lassen. Ihm das aufgrund schlechter Entscheidungen vorzuwerfen – und ist das Spiel noch so wichtig – ist abwegig. Doch stellen sich Fragen: Wie konnte Zwayer nach diesem Verhalten zu Beginn seiner Laufbahn noch so eine Karriere im Schiedsrichterwesen hinlegen, dass er heute in der Champions League und Bundesliga zu Einsätzen in Topspielen kommt? Warum wurde Zwayer vom DFB nicht komplett aus dem Verkehr gezogen? Anstand, Ehrlichkeit und Unbestechlichkeit sind Grundpfeiler des Berufsstandes – und Zwayer wurde ihnen nicht gerecht. „Wer einmal Geld angenommen und Hoyzers Manipulation ein halbes Jahr verschwiegen hat, sollte keinen Profifußball pfeifen“, hatte Ex-Schiedsrichter Manuel Gräfe, der 2005 an der Aufdeckung des Skandals beteiligt war und Zwayer nicht sonderlich gut leiden kann, kürzlich dem „Zeit Magazin“ gesagt.

Zwayers Vergangenheit direkt mit seiner Leistung am Samstag in Dortmund in Zusammenhang zu stellen, ist also Unsinn.

Ja. Doch wäre es ebenso unsinnig seitens des DFB, BVB-Youngster Bellingham für seine Aussage zu bestrafen, selbst wenn sie übers Ziel hinausgeschossen ist. Denn immerhin hat der 18-Jährige ein Thema angestoßen, das im DFB über viele Jahre kleingehalten wurde und noch immer einer Aufarbeitung bedarf.

Das Topspiel bestand aber nicht nur aus zwei strittigen Elfmeterszenen.

Nein, es war spektakulär und dramatisch vom Verlauf, geprägt von Abwehrfehlern auf beiden Seiten, hoher Intensität und einem Platzverweis gegen BVB-Trainer Marco Rose. Beste Unterhaltung also für jeden neutralen Zuschauer. Ein Dortmunder Sieg hätte sogar für große Spannung in der Meisterschaft gesorgt. Doch geht all dies im VAR-Wirbel um Schiedsrichter Felix Zwayer unter.