Köln – Was war am Wochenende in der Bundesliga los? Über welche Ereignisse wird – neben dem 1. FC Köln – gerade diskutiert? Unsere Bundesliga-Kolumne.
Die Lage beim FC Bayern entwickelt eine gewisse Dynamik.Sportlich ist es zunächst einmal so, dass der Rekordmeister am Freitag in Augsburg ein Fußballspiel verloren hat, was ungewöhnlich ist. In den vergangenen fünf Spielzeiten erlitten die Münchner je viermal vier und einmal sogar nur zwei Niederlagen. Nun sind es nach zwölf Spieltagen schon zwei. Man könnte es sich jetzt leicht machen und alles auf Joshua Kimmich schieben, der in Quarantäne musste, weil er eine Risikobegegnung gehabt hatte, ohne geimpft zu sein. Und tatsächlich punkten die Münchner mit Kimmich auf dem Platz deutlich besser als ohne ihn. Allerdings ist es ebenfalls so: Von den zehn Bundesliga-Niederlagen in den vergangenen zweieinhalb Jahren war das 1:2 in Augsburg die erste, die der Rekordmeister ohne Kimmich erlitt. Die Münchner dürfen sich also ärgern, dass Joshua Kimmich sie als Verein dastehen lässt, der seine Leute nicht von der Impfung überzeugen kann. Spiele können sie aber auch mit Kimmich verlieren.
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Es ist aber ja nicht nur Kimmich.
Am Sonntag meldeten die Bayern vier weitere Quarantänefälle: Serge Gnabry, Jamal Musiala, Eric-Maxim Choupo-Moting und Michael Cuisance mussten sich nach einem Risikokontakt isolieren, was vor einem Jahr einfach Pech gewesen wäre. Mittlerweile gibt es allerdings das milliardenfach erprobte Mittel der Impfung, das auch Fußballer nicht nur vor Quarantänewochen schützt. Sondern eben auch vor schweren Krankheitsverläufen und davor, überfordertem medizinischen Personal inmitten einer eskalierenden Pandemie zur Last zu fallen.
Kimmich ist beim FC Bayern offenbar nicht der einzige Quersteller. Das ist nicht gut, und immerhin tut der FC Bayern nun der Öffentlichkeit den Gefallen, seine Missbilligung zu dokumentieren, indem man durchsickern lässt, den nicht geimpften Profis ans Geld zu gehen. Kimmich wird in den zwei Wochen Quarantäne nicht bezahlt, rund 350 000 Euro pro Woche kostet ihn seine fehlende Bereitschaft zum Piks. Das ist eine Menge Geld, relativiert sich allerdings, wenn man daran denkt, dass er in den restlichen 50 Wochen des Jahres dann wieder verdient wie gewohnt. Solange jedenfalls die Branche, in der er arbeitet, nicht wegen zu geringer Impfquoten kollabiert. Oder vielleicht auch deswegen, weil die Menschen keine mehr Lust haben, Profis beim Fußballspielen zuzusehen, die sich offenbar außerhalb der Solidargemeinschaft wähnen.
Wie ist die Prognose der Münchner?
Es ist nicht gesagt, dass es bei dieser Quarantäne bleibt, was angesichts der anstehenden Wochen auch für den FC Bayern teuer werden könnte. Angesichts einer Inzidenz von 750 in der Stadt München ist neben einer weiteren Quarantäne allerdings ebenfalls sehr wahrscheinlich, dass Kimmich und seine Kollegen schon bald zu Genesenen werden. Es ihnen zu wünschen, dass der Weg zum neuen Status so frei von Komplikationen verläuft wie der übliche Übergang von ungeimpft zu geimpft.
Ist es denn nicht populistisch, eine Impfpflicht für Fußballer zu fordern?
Klar. Kimmichs Impfung würde die Pandemie nicht beenden. Die ungeimpften Fußballer können nichts für fehlende Intensivbetten oder fehlendes Pflegepersonal. Dennoch sind Bundesligaprofis nicht irgendwelche Arbeitnehmer: Ihre Privilegien, auch ihre Einkommen – das alles speist sich aus der Tatsache, dass der Fußball Millionen Menschen in die Stadien lockt. Es ist eben nicht denkbar, dass die Liga dauerhaft ohne Publikum auskommt, schon in der zurückliegenden Saison räumte die DFL dem Fernsehen Rabatte ein. Die Bundesliga ist unmittelbar davon abhängig, dass ausreichend Menschen da sind, die sich impfen lassen. Was passiert, wenn die Quoten zu gering sind, lässt sich bereits auf den Tribünen ausgewählter Stadien beobachten – etwa in Bayern.
Ethisch ist das Verhalten der ungeimpften Profis damit verwerflich. Aber kriminell ist das alles ja trotzdem nicht.
Überhaupt nicht. Kimmich nimmt seine Rechte wahr, der FC Bayern die seinen nun ebenso, wobei es doch fein wäre, würden die Bayern das gesparte Gehalt spenden, vielleicht für die nächste Impfkampagne. Immerhin haben sich die Münchner Profis kein falsches Zertifikat besorgt, um mal eine etwas bizarre Relativierung und die Überleitung zu Werder Bremen zu versuchen, wo sich ein unfassbarer Skandal abzeichnet, der allerdings noch nicht bewiesen ist. Klar ist: Die Impfverweigerer müssen als Verirrte gelten, die es zu überzeugen gilt, damit sie selbst Vorbild sein können. Ihre Sorgen teilen Millionen Menschen im Land, die dennoch eine loyale Entscheidung getroffen haben, statt sich als Trittbrettfahrer darauf zu verlassen, dass schon genügend Menschen ihre Ablehnung überwinden.