Nächster Karriere-SchrittHürther Radprofi Nils Politt wechselt zu Bora-hansgrohe
Köln – Die Verhandlungen liefen glatt, kein Gezerre, kein Pokerspiel, stattdessen ein Abschluss, den Ralph Denk als bestmögliches Zeichen wertet: „Da haben zwei zusammengefunden, die zusammenfinden wollten. Da braucht man nicht lange zu verhandeln und zu feilschen“, sagt der Teamchef der deutschen Mannschaft Bora-hansgrohe nach der am Montag publizierten Verpflichtung des Hürthers Nils Politt (26). Dessen Vertrag bei der Auswahl Israel Startup-Nation läuft am Jahresende aus.
Tatsächlich kooperieren künftig mit Bora-hansgrohe und Politt zwei Parteien, die bestens zusammenpassen. Auf der einen Seite das Team aus dem bayerischen Raubling, das zwar international ausgerichtet ist, um damit einem Wunsch seiner Sponsoren zu entsprechen. Andererseits aber hätte Denk schon gerne die „besten vier, fünf deutschen Fahrer bei mir“. Dieser Punkt dürfte mit Politts Verpflichtung als abgehakt gelten. Denn neben Emanuel Buchmann (27), dem derzeit besten deutschen Klassementfahrer bei großen Rundfahrten, dem Weltklasse-Sprinter Pascal Ackermann (26) und dem vielseitigen und ebenfalls zur ersten Garde zählenden deutschen Meister Maximilian Schachmann (26) stößt nun der gebürtige Kölner Politt zu der Mannschaft, der bei den Klassiker-Monumenten Flandern-Rundfahrt und Paris-Roubaix zu den gefragtesten Fahrern der Szene zählt. In Roubaix wurde Politt 2019 bereits Zweiter, Belgiens Top-Rennen durch Flandern beendete er im selben Frühjahr als Fünfter.
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Bora-hansgrohe wertet mit Politt somit seine Klassiker-Fraktion stark auf – „da ist Nils Politt ein Ass“, sagt Denk. Das ist im Hinblick auf Peter Sagan, den slowakischen Star des Teams, eine interessante Strategie. Der Vertrag des dreimaligen Weltmeisters läuft 2021 aus – und jetzt, da Denk mit Schachmann und Politt über zwei herausragende Fahrer für die schweren Eintagesrennen verfügt, ist eine Vertragsverlängerung mit Sagan keine Zwangsläufigkeit mehr: „Mal schauen, was aus der Personalie Sagan bei uns wird. Er ist einer der teuersten Profis, die es gibt. Wir werden am Jahresende Sagans Leistung bewerten. Und dann werden wir sehen, wie es weitergeht.“
Sagan, das ist ein Fakt, ist im Peloton nicht mehr der unumschränkte Klassiker-Herrscher der Vorjahre. Klar ist auch: Das Geld, das Denk mit dem Paket Sagan einsparte – dazu gehören dessen Bruder Juraj als Fahrer, ein Sportdirektor, ein Trainer, ein Mechaniker, ein Physiotherapeut und ein Pressesprecher –, würde gleich für eine ganze Flotte an Helfern für Schachmann, Ackermann, Buchmann oder Politt reichen.
Siegfahrer bei kleineren Etappenrennen
Politts Stärke ist seine Vielseitigkeit. Denk setzt auf ihn auch in den großen Rundfahrten wie der Tour de France. Er könne ein Team durch die Flachetappe lotsen, sei aufmerksam bei Windkanten-Momenten und als tempofester Rouleur auch in der Lage, bedrohliche Situationen aufzulösen. „Insgesamt sehen wir zudem Potenzial, Nils Politt noch zu verbessern“, sagt Denk. Etwa zu einem Siegfahrer bei kleineren Etappenrennen.
Politt ist vom Gesamtpaket seines neuen Teams überzeugt: „Es gehört als Zweiter der vergangenen World-Tour zur absoluten Weltklasse, ich kenne viele Fahrer dort, man ist weit vorne in Sachen Trainer, Ernährung und dem Teamgedanken.“ Gerade der letzte Punkt ist Politt wichtig, denn daran haperte es bei Katjusha-Alpecin, für das er von 2016 bis 2019 fuhr.
Am Freitag hat für Politt auch das Warten auf den ersten Einsatz seit Mitte März ein Ende: Er startet bei der Tour de l’Ain in Frankreich, anschließend bei der Dauphiné-Rundfahrt und ab dem 29. August bei der Tour de France. Vorerst aber noch für seine israelische Mannschaft.