Die 28-Jährige spricht im Interview über ihre Doppelrolle als Spielerin und Sportliche Leiterin des Handball-Bundesligisten sowie die Perspektiven der Abteilung.
Annika Ingenpaß„Das Wichtigste ist, für den TSV Bayer 04 Leverkusen zu brennen“

Annika Ingenpaß (Mitte) steht mit den Handballerinnen von Bayer 04 Leverkusen in der Bundesliga auf dem letzten Platz.
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Annika Ingenpaß ist seit vergangener Woche Sportliche Leiterin bei Bayer 04 Leverkusen. Ihren Vertrag als Spielerin hat sie selbst verlängert. Ob es selbst im Falle der sportlichen Qualifikation in der Handball-Bundesliga weitergeht, ist ungewiss. Im Interview spricht sie über ihre Doppelrolle.
Frau Ingenpaß, Sie stammen aus einer handballverrückten Familie. Ihre Mutter war Handballerin, Ihr Vater Ihr erster Trainer und Ihre Brüder spielen ebenfalls hochklassig. Ist Handball auch das bestimmende Thema, wenn Sie mit Ihren Eltern und Ihren Brüdern Zeit verbringen?
Ja, tatsächlich ist der Handball ein sehr großes Thema bei uns. Meine Eltern haben uns da auch immer tatkräftig unterstützt, wofür ich sehr dankbar bin und auch wir Geschwister supporten uns, wo wir nur können. Mit drei Spielen am Wochenende wird es unseren Eltern auf jeden Fall nicht langweilig.
Ihre Vertragsverlängerung und der Schritt in eine neue Rolle als Sportliche Leiterin bei Bayer 04 Leverkusen kommen zu einer Zeit voller Ungewissheit. Darf man Sie trotz der unklaren Situation beglückwünschen?
Ich habe unglaublich viele Glückwünsche und positive Rückmeldungen bezüglich meiner neuen Rolle als Sportliche Leiterin erhalten und darüber freue ich mich sehr. Ich darf in meiner neuen Funktion dazu beitragen, den langjährigen leistungsorientierten Handball in einem so traditionsreichen und bedeutenden Sportverein wie dem TSV Bayer 04 Leverkusen weiterzuführen. Es ist spannend zu sehen, wie viel Potenzial in der Handballabteilung steckt. Und es liegt nun in meiner Verantwortung, gemeinsam mit unserer Abteilungsleiterin Susanne Ohlendorf und unserem Trainer Micheal Biegler, die richtigen Weichen für die Elfen und Juniorelfen zu stellen – nicht nur für die kommende Saison, sondern auch langfristig.
Waren Sie bereits an der Verlängerung von Kapitänin Sophia Cormann beteiligt? Versprechen Sie sich von ihrem Verbleib eine Signalwirkung für die noch unentschlossenen Spielerinnen?
Da ich selbst auch meinen Vertrag als Spielerin verlängert habe, waren Sophia und ich im stetigen Kontakt. Ich freue mich demnach sehr, dass auch Sophia sich dazu entschlossen hat, trotz anderer Angebote dem TSV treu zu bleiben und an der Tradition festzuhalten. Unsere Verlängerungen sollen zeigen, dass es weiterhin leistungsorientierten Handball in Leverkusen gibt. Und dass der TSV mit seinen tollen Bedingungen – wie der hervorragenden medizinischen Abteilung, der möglichen ganzjährigen Athletikausbildung durch unsere Leichtathletikhalle mit eigenem Kraftraum und der engen Zusammenarbeit von Elfen und Juniorelfen – eine tolle Anlaufstelle für Spielerinnen ist.

Die Vertragsverlängerung von Kapitänin Sophia Cormann (beim Wurf) soll beim TSV Bayer Leverkusen eine wichtige Signalwirkung entfalten.
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Was gehört alles zu Ihrem Aufgabenbereich als Sportliche Leiterin für die Werks- und die Juniorelfen?
Mein Aufgabenbereich ist breit gefächert. Eine meiner Hauptaufgaben ist sicherlich im Moment, mit unserem Trainer Michael Biegler einen guten Kader für die kommende Saison der Elfen sowie der Juniorelfen zusammenzustellen. Unter dem Motto der Nachwuchsförderung ist es uns wichtig, eng mit den beiden Mannschaften zusammenzuarbeiten und den Juniorelfen bereits früh die Möglichkeit zu geben, Bundesligaluft zu schnuppern und dieses Selbstbewusstsein in die A-Jugendbundesliga mitzunehmen. Es ist uns auch in diesem Jahr wieder gelungen, Spielerinnen aus der A-Jugend für die kommende Saison als feste Größe in der Bundesligamannschaft zu etablieren, was mich sehr stolz macht. Weitere Themen, die in naher Zukunft anstehen, sind sicherlich die Sponsorenpflege, Teile der Öffentlichkeitsarbeit, weiter die guten Rahmenbedingungen des TSV zu gewährleisten und – was mir besonders wichtig ist: den Spielerinnen eine Anlaufstelle zu sein. Ich weiß genau, wie wichtig es ist, Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner im Leistungssport zu haben, denn nur wer sich wohlfühlt, kann Leistung bringen. Das gilt selbstverständlich auch für die Juniorelfen.
Sie sind die älteste Spielerin im Kader – allerdings auch erst 28 Jahre alt. Welche Erfahrungswerte können Sie in Ihrer neuen Funktion einbringen?
Ich kann in meiner neuen Rolle eine Vielzahl an Erfahrungen einbringen, die ich über die Jahre als Handballspielerin und durch meine berufliche Laufbahn gesammelt habe. Als erfahrene Bundesligaspielerin bringe ich nicht nur ein tiefes Verständnis für die Anforderungen des Spiels mit, sondern auch ein großes Wissen über Teamdynamik und die Bedürfnisse der Spielerinnen. Durch meine frühere Tätigkeit bei den Bad Wildungen Vipers konnte ich wertvolle Einblicke in die organisatorischen und strategischen Aspekte eines Handballvereins gewinnen. Mein Studium hat mir zudem ein fundiertes Verständnis für die wirtschaftlichen und strukturellen Herausforderungen im Profisport vermittelt. Als Spielerin weiß ich aber auch, wie wichtig die Balance zwischen sportlichem Erfolg und wirtschaftlicher Rentabilität ist.
Das Leben als Bundesligaspielerin ist mit Blick auf Trainings- und Spielplan stark durchgetaktet. Wie lassen sich Ihre aktive und Ihre administrative Rolle vereinbaren?
Das Wichtigste ist meine Leidenschaft für den TSV Bayer 04 Leverkusen. Die Begeisterung für den Traditionsverein des Handballsports hatte ich bereits als kleines Kind. Jeder auch noch so kleine Erfolg, jede Neuverpflichtung, jedes positive Feedback, jede zufriedene Spielerin, geben mir Kraft, die Herausforderungen zu meistern und für den maximalen Erfolg des Teams zu arbeiten. Sowohl auf dem Feld als auch hinter den Kulissen. Wenn man für den Verein brennt, ist es leichter, die nötige Balance zu finden und sich sowohl sportlich als auch organisatorisch voll einzubringen.
Mit Michael Biegler haben Sie einen sehr erfahrenen Trainer. Als seine Vorgesetzte könnten Sie auch einmal anderer Meinung sein. Wie einigen Sie sich?
Michael Biegler hat mit seinen 40 Jahren Berufserfahrung als Trainer nicht nur ein unglaubliches Standing im deutschen Handball, sondern auch ein tiefes Fachwissen und ein starkes Gespür für unser Team. Ich schätze ihn und unseren respektvollen Umgang sehr und bin äußerst dankbar, mit ihm sowohl auf als auch neben dem Feld arbeiten zu dürfen. Ich bin mir sicher, dass wir durch unseren ständigen, gegenseitigen Austausch und der vertrauensvollen, transparenten Zusammenarbeit immer einen guten Weg miteinander finden.
Bayer Leverkusen wird die Saison als Letzter beenden. Dennoch ist ein Ligaverbleib sportlich noch möglich, da es einen Playdown-Modus gibt. Ist das angesichts der finanziellen Situation überhaupt erstrebenswert?
Die Frage, ob ein Ligaverbleib für Bayer Leverkusen trotz der schwierigen Situation erstrebenswert ist, lässt sich aktuell noch nicht eindeutig beantworten. Aus sportlicher Sicht ist ein Abstieg immer eine Enttäuschung, niemand steigt gerne ab. Wir stecken gerade in intensiven Gesprächen, welche Richtung nächste Saison eingeschlagen werden soll. Hauptaugenmerk liegt auf der Nachwuchsförderung. Der große Trainingscampus, unser tolles Ärzteteam, das Sportinternat und die guten Rahmenbedingungen bieten eine ausgezeichnete Grundlage für die Entwicklung des Vereins.
Sie möchten und müssen noch stärker auf die eigene Jugend setzen. Den Startplatz für die kommende Jugendbundesliga-Saison haben Sie bereits sicher – wie wichtig war die Qualifikation für Ihre Ziele?
Während sich andere Teams noch qualifizieren müssen, haben wir durch den Einzug in das Viertelfinale bereits die Gewissheit, dass wir eine A-Jugendbundesliga in der kommenden Saison stellen können und haben somit wichtige Planungssicherheit für uns und für unsere Spielerinnen. Der Startplatz in der Jugendbundesliga ist auch ein starkes Signal, dass wir in die Entwicklung junger Talente investieren und diese Perspektiven weiter stärken wollen. Die Jugendbundesliga bietet unseren jungen Talenten die Möglichkeit, sich auf höchstem Niveau weiterzuentwickeln und wertvolle Erfahrungen zu sammeln. Dieser Wettbewerb ist zentraler Bestandteil unserer langfristigen Zielsetzung, die Vereinsstruktur auf der Nachwuchsförderung aufzubauen.