Nach Gewinn von BronzeSo wollen die Basketballer vom EM-Erfolg profitieren
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Berlin – Es sind die kleinen Gesten, die große Wirkung entfalten. Insofern hat Dennis Schröder ein feines Gespür bewiesen, als er am Sonntagabend nach dem Gewinn der Bronzemedaille bei der Basketball-Europameisterschaft den Erfolg einem langjährigen Leistungsträger widmete.
Robin Benzing (33) war beim 82:69 im Spiel um Platz drei gegen Polen nur als Zuschauer in der ersten Reihe in der Arena am Ostbahnhof, nachdem ihn Bundestrainer Gordon Herbert kurz vor Beginn des Turniers aus dem Kader gestrichen hatte. Schröder zeigte auch in dieser für Deutschland wichtigen Partie wieder eine starke Leistung, er stieg mit 26 Punkten und sechs Assists zum Top-Scorer seines Teams auf und verhalf der DBB-Auswahl zur dritten EM-Medaille nach Gold 1993 und Silber 2005.
Dennis Schröder denkt an Robin Benzing
Nachdem er einen seiner insgesamt vier Dreier verwandelt hatte, lief Schröder mit einem breiten Lächeln an dem 2,08 Meter großen Benzing vorbei und klatschte ihn ab. Auch nach dem Match ließ der 29-jährige Aufbauspieler nicht viel Zeit verstreichen, bis er an die in 167 Länderspielen erworbenen Verdienste des ausgebooteten Routiniers erinnerte, der wiederum aus seiner tiefsitzenden Enttäuschung auch öffentlich nie ein Geheimnis gemacht hat.
„Robin Benzing braucht auch eine Medaille. Falls er keine bekommen sollte, kriegt er meine“, betonte Schröder. „Er hat so viel gegeben in den vergangenen Jahren. Er ist ein wahrer Kapitän.“
Die Rolle des Anführers hat Schöder übernommen und er hat sich zu einer der entscheidenden Personen dieses für die DBB-Auswahl geradezu märchenhaften Sommers entwickelt. Mit durchschnittlich 22,1 Punkten ist der 1,85 Meter große Regisseur der beste deutsche Werfer gewesen. Viel wichtiger war aber, dass er nicht nur selbst mit individuell herausragenden Leistungen ins Rampenlicht rückte, sondern mit Umsicht auch seine Kollegen glänzen ließ. „Dennis ist die ganze Zeit vorangegangen und hat uns mit seiner Intensität und seinem Charakter inspiriert“, lobte Flügelspieler Andreas Obst, der selbst aufgrund seiner verblüffenden Wurfsicherheit aus der Distanz eine der Entdeckungen war. Mit 7,1 Assists gehörte Schröder zu den besten fünf Vorlagengebern und wurde von den Journalisten zurecht in die Starting Five des Turniers gewählt.
Bundeskanzler Olaf Scholz gratuliert
Die DBB-Auswahl hat ihre Fans mit viel Leidenschaft, Courage und Teamgeist in Begeisterung versetzt und verzaubert, auch Bundeskanzler Olaf Scholz würdigte die starken Leistungen und gratulierte am Sonntagabend via Twitter: „Tolles Turnier hier in Deutschland. Glückwunsch Team DBB – Ihr seid die Größten.“
Als die Spieler verschwitzt in den Katakomben der Arena standen, konnten sie ihr Glück mitunter noch nicht richtig fassen. Maodo Lô von Alba Berlin ahnte allenfalls, dass er in Kürze zu einer treffenden Einordnung der Ereignisse gelangen würde. Er sagte: „Mit ein bisschen Distanz werden wir begreifen, dass wir Historisches geleistet haben.“ Doch das soll noch nicht alles gewesen sein. „Wir haben gespürt, dass so etwas in der Luft lag und wollen das kontinuierlich fortführen“, betonte Lô.
Verlassen kann sich die DBB-Auswahl auch in Zukunft auf ihren wichtigsten Profi. „Ich werde auf jeden Fall in jedem Sommer, in dem ich fit bin, bei der Nationalmannschaft sein. Ich habe die Leute in den vergangen sechs, sieben Wochen richtig kennengelernt. Die Teamchemie ist enorm. Ich werde so lange dabeibleiben, bis ich nicht mehr laufen kann“, versicherte Schröder, der für die kommende Saison einen mit 2,6 Millionen Dollar dotierten Vertrag bei den Los Angeles Lakers unterzeichnet hat.
Darüber hinaus stellte sich die Frage, wie sich die Faszination des Augenblicks gewinnbringend in den Alltag integrieren lässt. „Wir hoffen, dass die Aufmerksamkeit ein bisschen größer wird und mehr Spiele im Free-TV gezeigt werden. Wir wollen Basketball pushen“, erklärte Center Jonas Wohlfarth-Bottermann.
Überragende TV-Quoten
Die starken TV-Quoten von bis zu vier Millionen Zuschauern bei RTL während der 91:96-Niederlage am Freitagabend gegen Spanien haben den Eindruck verstärkt, dass ein breiteres öffentliches Interesse mit Wachstumspotenzial existiert. „Hoffentlich sehen wir demnächst ein paar Spiele mehr im Free-TV. Es ist wichtig, dass mehr Leute mit dem Sport in Berührung kommen“, meinte auch der sehr starke Franz Wagner.Was auch immer folgen mag, eines war für Dennis Schröder sicher: „Wir haben den deutschen Basketball wieder ein bisschen sexier gemacht. Der Trend geht in die richtige Richtung.“