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US Open: Djokovic disqualifiziert, Zverev siegt, Kerber raus

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New York – Die Disqualifikation des serbischen Topfavoriten Novak Djokovic eröffnet für Alexander Zverev plötzlich eine große Chance auf seinen ersten Grand-Slam-Titel.

Nachdem der beste deutsche Tennisprofi bei den US Open erstmals das Viertelfinale erreichte, sorgte der Weltranglisten-Erste in New York für einen Skandal. Weil er nach einem verlorenen Aufschlagspiel wütend einen Ball weggeschlagen und dabei eine Linienrichterin getroffen hatte, nahm das Turnier für Djokovic ein abruptes und unwürdiges Ende.

„Es wird einen neuen Grand-Slam-Champion geben. Das ist das Einzige, was ich gerade weiß. Nun wird es interessant”, sagte Zverev am Sonntag bei seiner Pressekonferenz kurz nach dem Djokovic-Vorfall: „Ich bin nicht der Einzige, der eine Chance hat. Ich hoffe, dass ich mich weiter im Turnier entwickeln kann. Mal schauen, wie es dann am Ende aussieht.”

Der Australian-Open-Halbfinalist hatte zuvor eine souveräne Leistung gezeigt und sich gegen den jungen spanischen Außenseiter Alejandro Davidovich Fokina im Schnelldurchgang mit 6:2, 6:2, 6:1 durchgesetzt. Auch gegen den Kroaten Borna Coric oder den Australier Jordan Thompson wird Zverev jetzt Favorit sein. Und in seiner Turnierhälfte ist nun auch noch Djokovic weg. Der Serbe wäre ein möglicher Halfinal-Gegner des Deutschen gewesen, nach seinem Aus ist kein Grand-Slam-Sieger mehr im Herren-Tableau.

Minutenlang diskutierte Australian-Open-Sieger Djokovic am Netz nach dem Vorfall mit dem Schiedsrichter, an seinem Aus änderte das aber nichts mehr. Er war zuvor in diesem Jahr noch unbesiegt. Nach dem ganzen Wirrwarr in Folge eines positiven Corona-Falls beim Franzosen Benoit Paire haben die US Open nun auch noch einen handfesten Skandal. „Das ist natürlich unglaublich bitter. Er ist disqualifiziert worden für einen großen Fehler”, sagte Tennis-Legende Boris Becker als TV-Experte bei Eurosport. Becker war in der Vergangenheit drei Jahre Trainer von Djokovic.

Für den Serben setzt sich damit ein turbulentes Jahr fort. Anfangs dominierte Djokovic die Szene und gewann die Australian Open. Während der Corona-Pause sorgte er dann mit seiner Adria Tour für negative Schlagzeilen und wurde selbst positiv auf das Virus getestet. Zuletzt sorgte er dann auch noch mit der Gründung einer neuen Spielergewerkschaft für Aufsehen. Alles lief in New York darauf hinaus, dass Djokovic seinen 18. Grand-Slam-Titel gewinnen würde.

Nun wird Djokovic alle seine Weltranglistenpunkte von den US Open und das bislang verdiente Preisgeld verlieren, wie der amerikanische Tennisverband mitteilte. Weitere Strafen könnten noch hinzukommen. Zumal er auch die obligatorische Pressekonferenz ausfallen ließ und kommentarlos von der Anlage verschwand.

Die große Chance von Zverev auf sein zweites Halbfinale bei einem Grand-Slam-Turnier in diesem Jahr und das Achtelfinal-Aus von Angelique Kerber rückten völlig in den Hintergrund. „Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Ich bin ein bisschen schockiert, wenn ich ehrlich bin”, sagte Zverev.

Zverev blieb gegen den 21 Jahre alten Davidovich Fokina, die Nummer 99 der Welt und am Ende mit einem bandagierten Knöchel angeschlagen, erstmals im Turnierverlauf ohne Satzverlust. „Die ersten beiden Sätze waren ziemlich gut von mir. Ich habe immer noch was, an dem ich arbeiten kann, aber ich bin im Viertelfinale”, bilanzierte der Weltranglisten-Siebte. Er ist dort erster deutscher Tennisprofi bei den Herren in der Runde der besten Acht bei den US Open seit Tommy Haas 2007.

Kerber wirkte nach ihrem lange chancenlosen Auftritt beim 1:6, 4:6 gegen die Amerikanerin Jennifer Brady derweil gefasst und richtete ihren Blick schnell auf die French Open, die am 27. September beginnen. „Viel Zeit habe ich nicht, um mich auf Sand umzustellen, aber die Zeit muss ich gut nutzen”, sagte die 32-jährige Kielerin. „Es war gut, dass ich das Wettbewerbsgefühl wieder hatte. Paris ist noch mal das Ziel, das ich habe.”

Dass das Tableau der Damen coronabedingt ausgedünnt ist, konnte die Linkshänderin nicht für ihren ersten Viertelfinaleinzug bei einem Grand-Slam-Turnier seit dem Wimbledon-Triumph vor zwei Jahren nutzen. Nach den souverän gewonnenen ersten drei Matches war sie von manchen schon als Mitfavoritin gehandelt worden.

„Ich habe alles gegeben auf dem Platz, sie hat ein wirklich gutes Match gespielt”, sagte die 32-Jährige. „Ich hatte meine paar Chancen, die ich nicht nutzen konnte. Trotzdem muss ich sagen, dass ich das Beste, was ich konnte, auf dem Platz gelassen habe.” Nach der langen Turnierpause sei es ein „guter Start” gewesen. Gegen die an Position 28 gesetzte Brady kämpfte sich die New-York-Siegerin von 2016 zu spät ins Match. „Angie konnte von Anfang an nicht dagegen halten”, urteilte die deutsche Damen-Tennischefin Barbara Rittner bei Eurosport, meinte aber auch: „Es macht einfach Spaß, dass sie wieder dabei ist. Sie hat sich toll verkauft insgesamt.”

Kerber hatte vor den US Open monatelang keine Matches bestritten und sich erst kurzfristig zur Reise nach New York entschieden. Was aufgrund der Corona-Regeln vor dem Heimflug nach Polen auf sie wartet, wusste sie noch nicht genau. „Ich fühle mich sicher, deswegen war es am Ende eine gute Entscheidung”, fasste Kerber zusammen.

© dpa-infocom, dpa:200906-99-454630/10 (dpa)