Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Buchvorstellung„Wir brauchen einen Minderheitenschutz für Kinder“

Lesezeit 4 Minuten
Auf einem Plakat ist ein großes Megafon und viele Hände, die Plakate hochhalten, zu sehen.

Kinder müssen in einer alternden Gesellschaft mehr Gehör finden, lautet das Credo des Buches „Kinder - Minderheit ohne Schutz“.

In ihrem neuen Buch „Kinder-Minderheit ohne Schutz“ fordern die Autoren: Kinder müssen ins Zentrum des politischen und gesellschaftlichen Denkens gerückt werden.

„Gebt den Kindern das Kommando“, hat Herbert Grönemeyer schon vor drei Jahrzehnten in seinem Song „Kinder an die Macht“ gefordert. Einen ähnlichen Appell richtet jetzt ein Professoren-Trio in seinem gerade erschienenen Buch „Kinder – Minderheit ohne Schutz“ an die Gesellschaft: Aladin El-Mafaalani, Sebastian Kurtenbach und Klaus Peter Strohmeier plädieren dafür, die Lage der jungen Generation in der alternden Gesellschaft in den Mittelpunkt zu rücken.

„Kinder sind unsere Zukunft. Wenn wir wollen, dass diese Gesellschaft auch weiterhin funktioniert, müssen wir Kinder besonders schützen und fördern.“ Denn die Lage sei ernst: Kinder, die demnächst Verantwortung übernehmen sollen, wachsen als Minderheit und ohne starke Lobby in einer alternden Gesellschaft auf, in der Krisen, Bildungsungleichheit und das steige Gefühl, politisch und gesellschaftlich ignoriert zu werden, zum Normalzustand geworden sind.

Doppelt so viele Sechzigjährige wie Sechsjährige

„Kinder und Jugendliche sind eine Generation, die viel kleiner ist als die ihrer Großeltern. Es gibt doppelt so viele Sechzigjährige wie Sechsjährige“, sagt Autor Kurtenbach. „Gleichzeitig muss diese kleine Gruppe bald mit zahlreichen Herausforderungen umgehen, auf die wir sie nicht vorbereiten" - die Sicherung der Rente etwa, die Klimakatastrophe, die Sicherheitskrise in Europa oder die schlechte Wirtschaftslage.

Alles zum Thema Deutscher Bundestag

Deshalb, so das Fazit der Autoren, braucht es einen Minderheitenschutz für Kinder, müssen junge Menschen aus ihrer Außenseiterposition ins Zentrum gerückt werden. „Denn die Politik wird dominiert von der Mehrheit der Älteren und deren Interessen.“

Wenn man es hart formuliert, kann man sagen: Das System Schule ist im freien Fall. Und das, obwohl es so wenige Kinder und so viele Pädagoginnen und Pädagogen gibt wie noch nie
Aladin El-Mafaalani, Soziologe und Autor

In insgesamt neun Kapiteln gehen die Autoren immer wieder auch auf die Notwendigkeit von massiven Investitionen in die Bildung ein und einen Kulturwandel in Kitas und Schulen. Schließlich sind Kinder immer früher und täglich immer länger in Bildungsinstitutionen. „Gleichzeitig messen aber alle großen Bildungsstudien die schlechtesten Ergebnisse, die es je gab. Wenn man es hart formuliert, kann man sagen: Das System Schule ist im freien Fall. Und das, obwohl es so wenige Kinder und so viele Pädagoginnen und Pädagogen gibt wie noch nie“, moniert El-Mafaalani.

Kinder als Zukunftsexpertinnen und -experten

Als Voraussetzung für sämtliche Lösungsansätze sei, so die Autoren, dass die prekäre Lage von Kindern und Jugendlichen allgemein erkannt wird. „Mit unserem Buch wollen wir deutlich machen, wie ernst die Lage ist.“ Die Autoren schlagen beispielsweise vor, Kindern und Jugendlichen mehr zuzuhören und sie in Zukunftsräte einzubinden, die vom Stadtrat bis zum Bundestag politische Gremien beraten sollen. Außerdem sollte sich die ältere Generation stark machen für die Interessen, Belange und Sorgen der jungen Generation.

„Eine gute Zukunft, das geht nur, wenn die Älteren sich einbringen.“ Vor allem aber fordern die Autoren völlig neue Schulen, in denen nicht nur unterrichtet wird. „Wenn weniger Zeit in der Familie verbracht wird und mehr in Schulen und anderen Institutionen, dann müssen diese zu Lebensorten werden, die zwar nicht die Familie komplett ersetzen, aber nahe daran gehen. Orte, wo sich junge Menschen wohl- und zugehörig fühlen müssen“, so El-Mafaalani.


Zu den Autoren

Der Soziologe und Bundesverdienstkreuz-Träger Aladin El-Mafaalani ist seit 2024 Inhaber des Lehrstuhls für Migrations- und Bildungssoziologie an der Technischen Universität Dortmund. Derzeit ist er unter anderem Mitglied im Bundesjugendkuratorium der Bundesregierung und Beauftragter des NRW Familienministeriums (MKJFGFI) in Fragen der muslimischen Zivilgesellschaft.

Sebastian Kurtenbach ist Professor für Politikwissenschaft/Sozialpolitik an der Fachhochschule Münster und Privatdozent an der Fakultät für Sozialwissenschaft der Ruhr-Universität Bochum. Zudem ist er Mitglied des Instituts für Gesellschaft und Digitales (GUD). Seine Arbeitsschwerpunkte liegen in der Erforschung der Gestaltung kommunaler Sozialpolitik sowie dem Verlauf und der Prävention von Radikalisierungsprozessen.

Klaus Peter Strohmeier war Professor für Soziologie mit Schwerpunkt Stadt, Region und Familie an der Ruhr-Universität Bochum. Von 1997 bis 2014 war er geschäftsführender Direktor des Zentrums für interdisziplinäre Regionalforschung (ZEFIR). Zu seinen Forschungsbereichen und Arbeitsschwerpunktenzählen u.a. Familie und Sozialpolitik sowie Stadt- und Regionalentwicklung.

Zum Buch

In „Kinder – Minderheit ohne Schutz. Aufwachsen in der alternden Gesellschaft“, erschienen im Januar 2025 bei Kiepenheuer & Witsch, vereinen die Autoren eine umfassende Problemanalyse mit zahlreichen Lösungsansätzen. Sie zeigen auf, welche enormen Veränderungen Kindheiten heute prägen und wie die älteren Generationen den Jüngsten gerecht werden können. Denn davon hängt die Zukunftsfähigkeit der gesamten Gesellschaft ab.