Als Krankheit anerkanntWoran man erkennt, ob Jugendliche computersüchtig sind
Köln – Exzessives Computerspielen kann das Gehirn verändern. Das haben Hirnforscher in Versuchen herausgefunden. Die Gefahren hat auch die Weltgesundheitsorganisation WHO erkannt: Sie hat Computerspielsucht seit Januar in den Katalog anerkannter Krankheiten aufgenommen. Das heißt: Betroffene bekommen leichter eine Therapie von den Krankenkassen finanziert.
Der Lobbyverband der Spielehersteller Game wiederum fürchtete bei der Entscheidung der WHO 2019 eine Stigmatisierung der Gamer. Wer wirklich betroffen ist, was bei Süchtigen im Gehirn passiert und wie die Heilungschancen sind, weiß der Duisburger Psychologe und Kognitionsforscher Matthias Brand.
Wie viele computerspielsüchtige Jugendliche gibt es?
Brand warnt eindringlich davor, jeden Jugendlichen, der gerne und viel Online-Computer- oder Videospiele spielt, als süchtig abzustempeln. „Mir ist ganz wichtig: Nicht das Computerspielen per se ist gefährlich oder böse, sondern es kommt darauf an, ob die spielende Person noch die Kontrolle über ihr Verhalten hat“, sagt er. Die reine Nutzungsdauer sei noch kein Kriterium für die Sucht.
Nach internationalen Studien lägen Computerspielstörungen bei etwa drei Prozent der Jugendlichen und jungen Erwachsenen vor. „Das heißt umgekehrt, dass der überwiegende Teil der Spieler einen gesunden Umgang mit diesen Spielen hat.“
Wann gilt ein Spieler als süchtig?
Süchtig ist laut Brand eine Person erst dann, wenn sie neben der verringerten Kontrolle über das Spielverhalten soziale Kontakte, andere Hobbys und die Schule vernachlässigt und ihr Alltag „funktionell beeinträchtigt“ ist. Oft gehe die Sucht auch mit einem massiven Leidensdruck des Betroffenen einher. In anderen Studien zeigen sich Zusammenhänge zu Depressionen und anderen psychischen Erkrankungen.
Was passiert bei einer Sucht im jugendlichen Gehirn?
Brand beschreibt in einem Beitrag für das Fachjournal „Science“ den Forschungsstand. Demnach regen Onlinespiele das Belohnungssystem im sogenannten ventralen Striatum des Gehirns unterhalb der Hirnrinde an. „Im fortgeschrittenen Suchtprozess wird die Selbstkontrolle schwächer und der Impuls, weiterzuspielen, wird stärker“, erklärt der Kognitionsforscher. Es reiche dann schon, wenn Betroffene einen Computer sehen, um das Belohnungssystem zu aktivieren und das Verlangen nach der Tätigkeit auszulösen. Sie können an nichts anderes mehr denken.
So können Sie helfen
wir helfen: damit in der Krise kein Kind vergessen wird
Mit unserer Aktion „wir helfen: damit in der Krise kein Kind vergessen wird“ bitten wir um Spenden für Projekte, die Kinder und Jugendliche wieder in eine Gemeinschaft aufnehmen, in der ihre Sorgen ernst genommen werden.
Bislang sind 1.328.993,90 Euro (Stand: 27.09.2022) eingegangen.Die Spendenkonten lauten:„wir helfen – Der Unterstützungsverein von M. DuMont Schauberg e. V.“Kreissparkasse Köln, IBAN: DE03 3705 0299 0000 1621 55Sparkasse Köln-Bonn, IBAN: DE21 3705 0198 0022 2522 25
Mehr Informationen und Möglichkeiten zum Spenden unter www.wirhelfen-koeln.de.
Desto länger die Sucht anhalte, desto zwanghafter werde das Verhalten. Dabei sei aber noch unklar, ob die Betroffenen schon vor der Erkrankung unter reduzierter Selbstkontrolle litten oder ob diese sich erst mit der Sucht einstellt. Das Henne-Ei-Problem nennt Brand diese Forschungslücke.
Wie erfolgreich ist eine Therapie?
„Die funktionellen Hirnänderungen können durch Psychotherapie auch wieder reduziert werden“, sagt Brand. „Jede Lernerfahrung verändert letztendlich das Gehirn.“ Er sieht also gute Heilungschancen für Betroffene.
Gibt es seit Corona mehr zwanghafte Spieler?
Einige Studien zeigen laut Brand, dass beispielsweise die Internetnutzung und auch das Spielen in der Corona-Pandemie massiv angestiegen ist.
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Das sei wenig überraschend, weil viele andere Freizeitaktivitäten wegfielen. Nun gelte es zu beobachten, wie sich die Nutzung in Zeiten ohne Kontaktbeschränkungen entwickelt.