Essen – Der Eon-RWE-Deal ist ein gigantisches Tauschgeschäft mit vielen Folgen – nicht nur abstrakt für die Energiewende, sondern möglicherweise ganz konkret für die Verbraucher. Wir beantworten wichtige Fragen zu dem Thema.
Was bezwecken RWE und Eon mit der Teilung des Versorgers Innogy?
Ursprünglich waren die Energie-Giganten RWE einerseits und Eon (entstanden aus Veba und Viag) echte Generalisten. Ihr Geschäftsmodell: Sie erzeugen Strom in Großkraftwerken und vertreiben die Energie über die eigenen Netze in Gebietsmonopolen an alle Verbraucher. Mit der Liberalisierung des Energiemarktes in Deutschland und den Beschlüssen zur Energiewende ist diese Art des Geschäftemachens nahezu zusammengebrochen. Also suchen die beiden Versorger nach neuen Geschäftsmodellen. Eon hatte deshalb seine Kohle- und Gaskraftwerke in die Firma Uniper ausgegliedert, die schließlich von der finnischen Firma Fortum übernommen wurde. RWE wiederum gliederte Netze, Endkundengeschäft und Erneuerbare Energien in die Tochter Innogy aus. Beide Maßnahmen waren nicht ausreichend. Daher werden die Konzerne umgebaut.
Eon möchte sich auf den Transport von Strom und Gas sowie auf den Verkauf von Energie konzentrieren. RWE will in langsamen Schritten vom Anbieter von Braunkohlestrom zum Ökostrom-Versorger werden.
Wer bekommt was von Innogy
Eon erwirbt von RWE deren 76,8-Prozent-Anteil an Innogy. Im Rahmen eines Tauschs von Geschäftsaktivitäten erhält RWE alle wesentlichen erneuerbaren Energieaktivitäten von Eon und das erneuerbare Energiegeschäft von Innogy, eine Minderheitsbeteiligung von 16,67 Prozent an der erweiterten Eon sowie weitere Vermögensgegenstände. RWE wird zudem 1,5 Milliarden Euro an Eon zahlen. Die Minderheitsaktionäre von Innogy sollen ein Übernahme-Angebot von Eon erhalten.
So geht es jetzt weiter
In der Nacht zu Donnerstag geht das 77-Prozent-Innogy-Aktienpaket von RWE an Eon über, wenige Tage später werden die Essener auch bei Anteilsscheinen anderer Aktionäre Vollzug melden, hinzu kommen noch eigene, bereits gekaufte Aktien.
Insgesamt dürfte Eon wohl schon bis Ende dieser Woche 90 Prozent am Grundkapital von Innogy halten. Bleiben zehn Prozent, die das Eon-Kaufangebot bisher nicht angenommen haben. Sie sollen im „Squeeze-out“ gegen Geld herausgedrängt werden.
Im Sommer 2020 schon könnte die Firma Innogy damit nach kurzer Zeit endgültig Geschichte sein.
Welche Auflagen haben die EU-Wettbewerbshüter nun gemacht?
Nach Bedenken der EU hatte Eon-Chef Johannes Teyssen bereits im Vorfeld angeboten, Verkäufe bestimmter Firmenteile in vorauseilendem Gehorsam anzubieten. Die Folge: Innogys gewinnträchtiges Geschäft in Tschechien wird binnen eines Jahres verkauft. Außerdem muss Eon den Unternehmensteil verkaufen, der Strom an Haushalte zum Heizen, etwa für Nachtspeicheröfen anbietet. Zwei Millionen der 50 Millionen Kunden gehen Eon so verloren. Außerdem müssen Elektro-Tankstellen an Autobahnen verkauft werden.
Wie reagiert Eon?
Eon-Chef Teyssen nennt die Auflagen „verkraftbar“. Der ZEW-Ökonom Achim Wambach nennt es „moderat“, also schwach, wie andere Branchenkenner.
Was sagen Verbraucherschützer?
Ob die Innogy-Übernahme „für die Privatkunden ein Nachteil wird, liegt an den Kunden selbst“, sagt Udo Sieverding, von der Verbraucherzentrale NRW. „Sie müssen in Zukunft noch intensiver ihre Tarife beobachten und von Wechselmöglichkeiten Gebrauch machen.“ Bei der Wechselbereitschaft gibt es aber noch viel Luft nach oben.
Kann die Fusion zu höheren Strompreisen führen?
Das ist nicht genau einzuschätzen. Nach Zahlen der Bundesnetzagentur bleibt ein gutes Fünftel des Strompreises von rund 30 Cent pro Kilowattstunde bei den Stromversorgern für Beschaffung, Vertrieb und Marge. Mehr als die Hälfte des Strompreises entfallen demnach auf staatliche Steuern, Abgaben und Umlagen. Etwa ein Viertel des Endpreises machen die Nutzungsentgelte für die Stromnetze aus. Über deren Höhe wacht die Bundesnetzagentur.
Was sagt die Landespolitik?
NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) begrüßt die Entscheidung. Es ist gut, dass wir mit Eon und RWE zwei Dax-Unternehmen in Nordrhein-Westfalen haben, die jetzt gestärkt in diese neue Phase der Energiewende, die Digitalisierung der Energie gehen können “, sagte Pinkwart.