Fressnapf-GründerWieso der Kölner beinahe pleite ging – und heute Milliarden umsetzt
- Fressnapf hat den Tierfachhandel-Markt gewaltig umgekrempelt. Dahinter steckt Gründer Torsten Toeller.
- Uns erzählte er, wieso er auf seinem Weg beinahe mehrfach pleite ging.
- Laut Experten ist der Markt mit Heimtierbedarf dadurch geprägt, dass Tiere von ihren Besitzern immer stärker humanisiert werden. Auch vegetarische Ernährung liegt im Trend.
Düsseldorf/Köln – 30 Jahre nach der Gründung eines Unternehmens, das heute 2,3 Milliarden Euro Umsatz im Jahr macht, eröffnet Fressnapf-Gründer Torsten Toeller seinen Bericht über das Geschäftsjahr 2019 mit einer Geschichte des Scheiterns. „Heute habe ich den Mut zu sagen, dass ich mehrfach fast pleite gegangen wäre“, sagt der gebürtige Kölner am Mittwoch. „Nicht viele haben an Fressnapf geglaubt. Das Ganze war damals eine One-Man-Show, und auch deshalb war das Geschäft ein halbes Jahr nach der Gründung mehr tot als lebendig.“
Das Sortiment sei zu klein gewesen, das Marketing zu blass, die Preise zu hoch. Heute ist Fressnapf der größte Tierfachhandel in Europa und der drittgrößte weltweit. Im Vergleich zum Vorjahr wuchs der Umsatz um nahezu zehn Prozent, es gibt 1630 Filialen in elf Ländern, rund 13.000 Mitarbeiter sind beim Unternehmen beschäftigt. Der Marktanteil in Deutschland liegt bei etwa 25 Prozent. Das Geschäft ist sehr lebendig und der deutsche Markt mit Heimtierbedarf ist es auch.
Seit 1990 ist der Umsatz von zwei auf fünf Milliarden Euro im Jahr gewachsen. Vor 30 Jahren wurden rund 80 Prozent des Umsatzes im Lebensmitteleinzelhandel und den Drogerien gemacht, es gab rund 2500 kleine Zoogeschäfte in Deutschland, auf Flächen um die 50 Quadratmeter.
Konzept auf großer Fläche
Fressnapf krempelt diesen Markt um: Das Unternehmen mit Sitz in Krefeld schafft ein Fachmarktkonzept auf Flächen um die 700 Quadratmeter. Es siedelt sich in Gewerbegebieten neben Discountern und Baumärkten an, bietet größere Sortimente und günstigere Preise an. Heute heißen die Konkurrenten zum Beispiel Futterhaus, Zoo& Co. oder Dehner. Im Onlinegeschäft haben sich Zooplus und die Rewe-Marke Zoo Royal einen Namen gemacht.
Der Markt mit Heimtierbedarf ist ein spezieller – und vor allem auch dadurch geprägt, dass Tiere von ihren Besitzern immer stärker humanisiert werden: „Der Markt mit Futtermitteln ist ein Folgemarkt davon, wie wir uns als Menschen ernähren“, sagt Detlev Nolte, Sprecher des Industrieverbands Heimtierbedarf (IVH). „Wenn wir weniger Fleisch essen, uns vegan ernähren oder mehr kochen, dann wird das in der Tendenz auch auf das Tier übertragen. Die Tier-Ernährung wird ein Spiegelbild unserer Ernährung.“
Rund zwei Drittel des Umsatzes mit Tierfutter werden zurzeit im Lebensmitteleinzelhandel gemacht, der Rest im Fachhandel. Oft kümmern sich Tierbesitzer während der eigenen Einkäufe auch um das Futter fürs Tier.
Vegetarische Nahrung fürs Tier
In der Folge bedeutet das: Statt großer Dosen kaufen sie heute lieber vorportionierte Nahrung. Snacks liegen im Trend, vor allem solche aus dem Premium-Segment, die schönes Fell und stärkere Knochen versprechen. Tier-Allergien werden stärker berücksichtigt, es werden mehr getreide- oder glutenfreie Produkte angeboten. Mittlerweile gibt es sogar spezielle vegetarische Produkte – auch wenn die bislang eine kleine Nische darstellen, die vor allem von Start-ups bedient wird.
„Aber das Thema wird vermutlich an Bedeutung gewinnen“, sagt Nolte. Dabei sei es zum Beispiel für Katzen, die auf tierische Proteine angewiesen sind, keine Option. Bei Hunden sei eine vegetarische Ernährung dagegen möglich, wenn sie richtig angegangen würde. „Man muss allerdings bedenken, dass die Tiere zu 100 Prozent von ihrem Besitzer abhängig sind – er trägt die Verantwortung für ihre Gesundheit.“
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Ein weiterer Versuch, bewusste Ernährung vom Menschen aufs Tier zu übertragen, zeigt sich im so genannten „Barfen“: Dabei werden Gerichte unter anderem aus Fleisch, Innereien, Obst und Gemüse roh verfüttert, was die Ernährung von Wildtieren simulieren soll. „Der Umsatz mit diesen Produkten wächst zurzeit um etwa 10 bis 15 Prozent jährlich“, sagt Fressnapf-Chef Toeller. Den Marktanteil schätzt er dennoch nur auf ein Prozent.
Aktuell legt er den Fokus vor allem darauf, das Unternehmen digital stärker aufzustellen. Im Onlinegeschäft ist zurzeit Konkurrent Zooplus mit Sitz in München und 1,5 Milliarden Euro Umsatz unangefochtener Marktführer. Zum Vergleich: Fressnapf schaffte hier nur 109 Millionen Euro – was sogar einem Plus von 21,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht.
Toeller will nun eine eigene Plattform etablieren, eine Art „Facebook für Tiere“ schaffen, auf der Tierhalter alle möglichen Service finden können: vom Hundesitter über Ernährungsberater bis zur Tierversicherung. Rund 20 bis 30 Millionen sollen dafür jährlich investiert werden. Ende des Jahres soll die Plattform starten – und Fressnapf zukunftsfest machen. „Meine Aufgabe ist es sicherzustellen, dass es das Unternehmen auch in sieben Jahren noch gibt.“