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Überraschung bei der IHK-WahlNicole Grünewald wird neue Präsidentin der Kammer

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IHK-Versammlung

Nicole Grünewald (vorne Mitte) neben Geschäftsführer Ulf Reichardt und den neun Vizepräsidenten.

  1. Nicole Grünewald ist die erste Präsidentin in der 222-jährigen Geschichte der Kölner IHK.
  2. Im zweiten Wahlgang setzte sie sich gegen den amtierenden Präsidenten Werner Görg durch.
  3. Grünewald rief die Initiative „New Kammer“ ins Leben. Offenbar konnte sie hinter den Kulissen erfolgreich Überzeugungsarbeit für ihre Position leisten.

Köln – Es war ein spannender Wahlabend, und er endete mit einer Sensation: Die neue Vollversammlung der Industrie- und Handelskammer Köln (IHK) wählte am Dienstag Abend in ihrer konstituierenden Sitzung die Kölner Unternehmerin Nicole Grünewald zur Präsidentin der Kammer. Grünewald setzte sich im zweiten Wahlgang gegen den Versicherungsmanager und bislang amtierenden Präsidenten Werner Görg mit 45 zu 39 Stimmen durch. Grünwald ist damit die erste Frau an der Spitze in der 222-jährigen Geschichte der Kölner Kammer. „Ich bin sehr glücklich. Das Ergebnis war zwar knapp, aber die Vollversammlung hat sich für einen neuen Weg entschieden“, sagte Grünewald zu ihrem Wahlerfolg.

Bereits im ersten Durchgang mit 84 Wahlberechtigten konnte Grünewald mit 43 zu 39 mehr Stimmen erzielen, die nötige zwei Drittel-Mehrheit konnte sie allerdings nicht erreichen. Im zweiten Wahlgang reichte dann eine einfache Mehrheit.

Lange war unklar, ob sich Grünewald zur Wahl stellt

Bis zu Beginn der Sitzung war unklar, ob Grünewald sich zur Wahl stellen würde – im Gegensatz zu Görg, der seine erneute Kandidatur für eine zweite Amtszeit bereits vor Wochen angekündigt hatte und sich wohl auch recht gute Chancen auf eine Wiederwahl ausgerechnet hatte.

Bereits bei der Präsidenten-Wahl vor fünf Jahren war Grünewald gegen den früheren Gothaer-Chef und heutigen Aufsichtsratsvorsitzenden als mögliche Nachfolgerin des damaligen Präsidenten Paul Bauwens-Adenauer angetreten. Sie erzielte zwar einen Achtungserfolg, konnte sich aber schließlich doch nicht durchsetzen.

Nicole Grünewald rief Initiative „New Kammer“ ins Leben

War die Geschäftsführerin der Werbeagentur „The Vision Company“ damals noch mit einem kleinen Unterstützerkreis ins Rennen gegangen, hatte sie im vergangenen Jahr die Initiative „New Kammer“ ins Leben gerufen. Insgesamt 57 Unternehmer und Unternehmerinnen hatten sich der Initiative angeschlossen, darunter etwa Uwe Kessel, Geschäftsführer des Rotonda Business Club, Kolja Kolander, Prokurist beim Discounter Lidl sowie Tina Gerfer, Chefin des Weltmarktführers für Schokoverpackungen, Rasch.

„New Kammer“ war mit drei Zielen angetreten. Zum einen mehr Transparenz. Dabei sollen die Leistungen und der Nutzwert der Kammer für die Mitgliedsunternehmen stärker sichtbar werden. Zudem kündigte „New Kammer“ an, die Pflichtbeiträge für die Mitgliedsunternehmen zu senken. Der Durchschnittsbeitrag liegt derzeit bei 270 Euro.

Dritter Punkt auf der Agenda ist die Digitalisierung. Hier solle die Kammer künftig schneller werden, fordert „New Kammer“. Insgesamt 26 von 91 Sitzen konnte die Initiative bei der Vollversammlungswahl im vergangenen November holen. Auch hier sprach man von einem Achtungserfolg – dass „New Kammer“ allerdings den Präsidenten oder eine Präsidentin stellen würde, galt vielen damals noch als kaum vorstellbar.

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Offenbar ist es Grünewald im Vorfeld der gestrigen Wahl gelungen, hinter den Kulissen zahlreiche Vollversammlungsmitglieder von ihren Ansätzen für die traditionsreiche Kölner Institution zu überzeugen. Dabei gilt Grünewald, die unter Bauwens-Adenauer bereits fünf Jahre im Präsidium saß, vielen als streitbares Vollversammlungsmitglied. Immer wieder gab es in dem lange konsensorientierten Plenum heftige Debatten und Auseinandersetzungen – zuletzt um den Umzug der Kammer aus der Innenstadt auf ein neues Areal in Mülheim an die Schanzenstraße. Mitglieder von „New Kammer“ sprachen sich sehr deutlich gegen den Verkauf und Wegzug aus dem denkmalgeschützten Gebäude in der Innenstadt aus. An dieser Entscheidung wird sich wohl auch unter neuer Kammerführung nichts mehr ändern. Vor Weihnachten wurde der Notarvertrag mit dem Immobilienentwickler Art Invest unterschrieben.

Im Anschluss an die Wahl für das Spitzenamt wurde gestern Abend das künftige Präsidium gewählt, das die Geschicke der Kammer in den kommenden fünf Jahren lenken wird. Es besteht aus der Präsidentin und neun Vizepräsidenten. In diesem Exekutiv-Organ werden Beschlüsse der Vollversammlung vorbereitet, die Richtlinien der IHK-Arbeit festgelegt und Planungsaufgaben erfüllt. Die Präsidentin leitet die Arbeit des Präsidiums und führt den Vorsitz in der Vollversammlung. Sie vertritt gemeinsam mit dem Hauptgeschäftsführer Ulf Reichardt die IHK rechtsgeschäftlich und öffentlich.

Dem Gremium gehören künftig an: Der Bauunternehmer Anton Bausinger, Hendrik Pilatzki, Geschäftsführer Tip-Verbrauchermarkt aus Engelskirchen, Sven Gebhard, Geschäftsführer GC Heat Heizungskomponenten, Tina Gerfer, Chefin des Spezialmaschinenbauers Rasch, Christian Remmert vom Limonadenhersteller Lömmlömm, Mike Gahn, Geschäftsführer des IT-Unternehmens Beyond Soft aus Köln, Sibylle Stürmer, Inhaberin des Medienunternehmens „Mein bewegtes Leben“, Galerist Johannes Schilling von Boisserée sowie der Unternehmer Bernhard Graner-Sommer.