„Wir sind extrem besorgt“Kölsch-Brauereien geht die Kohlensäure aus
- In Deutschland wird die Kohlensäure knapp, das hat große Auswirkungen für Getränkehersteller.
- Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Brauer-Bundes, Holger Eichele, nennt die Entwicklung äußerst besorgniserregend.
- Betroffen seien vor allem kleinere Brauereien.
Köln – Erst fehlten die Flaschen, nun droht den Kölner Brauereien die nächste Mangellage. Denn jetzt geht in Deutschland vielen vor allem kleineren Getränkeherstellern die Kohlensäure aus.
„Es ist kaum noch Kohlensäure auf dem Markt. Wir sind von dem Mangel stark betroffen“, sagte der Geschäftsführer der Brauerei Malzmühle im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.
Zu dem Unternehmen gehört seit einem Jahr auch die traditionsreiche Marke Sünner. Diese stellt auch viele Limonaden her, die ohne Kohlensäure-Zugabe nicht auskommen. „Knapp vier Tage stand die Produktion der Rheinisches Wasser genannten Getränke“, sagt Rosenbaum. Am Freitag habe man dann eine Lieferung bekommen. Das führte aber dazu, dass man die fehlenden Mengen am Wochenende nachholen musste, was die Kosten deutlich steigert.
Weniger als die Hältfte der üblichen Mengen verfügbar
Äußerst besorgniserregend nennt der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Brauer-Bundes, Holger Eichele, die Entwicklung. Kohlensäure werde in der gesamten Ernährungsindustrie für Produktions- und Verpackungsprozesse dringend gebraucht. Sie sei auch in der Gastronomie nötig, um Bier und andere Getränke beim Zapfen aus den Fässern zu drücken.
Derzeit seien aber nach Schätzungen der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie nur noch 30 bis 40 Prozent der üblichen CO2-Liefermengen verfügbar. Und immer mehr Unternehmen der Getränkewirtschaft, die auf Kohlensäure angewiesen seien, müssten ihre Produktion erheblich einschränken.
„Für viele betroffene Betriebe hat das dramatische Auswirkungen“, warnt Eichele. Kohlensäure entsteht durch die Reaktion von Kohlendioxid und Wasser. Brauereien brauchen sie vor allem, um Tanks, Flaschen und Fässer „vorzuspannen“, damit das Bier beim Füllen nicht mit Luft in Kontakt kommt und beim Abfüllen nicht schäumt.
Nicht zuletzt die Mineralwasserhersteller haben ernsthafte Probleme. „An einzelnen Stellen wurde die Produktion schon zurückgefahren“, sagt der Sprecher der Genossenschaft Deutscher Brunnen, Tobias Bielenstein. Viele Hersteller bekommen zurzeit weniger CO2, als sie bestellt haben. Das liegt an der Düngemittelbranche.
„Als die Gaspreise extrem gestiegen sind, haben die Hersteller von Düngemitteln ihre energieintensive Produktion zurückgefahren“, sagt Bielenstein. „Ein Nebenprodukt der Herstellung ist CO2.“
Dünger und CO2
Der Zusammenhang ist also: weniger Düngemittel gleich weniger Kohlendioxid gleich weniger Kohlensäure. Auch sonst habe es im Sommer, wenn weniger Dünger hergestellt werde, immer mal Phasen mit Engpässen bei Kohlensäure gegeben, erklärt Bielenstein. Aber diesmal sei es deutlich schlimmer. „Wenn das so weitergeht in den nächsten Wochen, dann spitzt sich die Lage zu“, warnt der Verbandssprecher. „Dann sind weitere Produktionsrückgänge zu erwarten.“
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Ob einzelne Hersteller die Produktion einstellen müssten, lasse sich nicht vorhersagen. „Aber wir sind extrem besorgt, und einige der Mineralbrunnen sind sehr verunsichert“, sagt Bielenstein. „So eine Situation haben wir noch nie gehabt.“
Der Kohlensäuremangel trifft nicht alle gleich. Laut Kölschverbands-Chef Christian Kerner seien eher die kleineren Brauerein betroffen. Die zum Oetker-Konzern gehörende Radeberger-Gruppe mit Marken wie Jever, Dom, Gilden oder Sion sieht noch keine Probleme: „Da wir vornehmlich Gärungskohlensäure aus unserer eigenen Produktion in unseren Brauereien einsetzen, sehen wir kurzfristig kein Ausfallpotenzial“, hieß es Anfrage der Nachrichtenagentur afp.
Die Brauereien Früh und Gaffel berichteten auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger am Montag ebenfalls, keine Lieferprobleme mit Kohlensäure zu haben. (mit afp)