Köln – Michael Rosenbaum leitet seit Februar 2009 als Geschäftsführer die Kölner Privatbrauerei „Brauerei zur Malzmühle Schwartz GmbH & Co. KG“. Im Interview spricht der Malzmühlen-Chef über den Kauf von Sünner und die Neuerfindung des Sünner Kölsch, Spirituosen aus Köln, eine neue Erlebnis-Gastronomie und die Fehler der Düsseldorfer Altbier-Brauereien – die die Kölner Brauereichefs unbedingt vermeiden müssen.
Rosenbaum studierte an der Universität zu Köln Betriebswirtschaftslehre mit Abschluss Diplom-Kaufmann. An der Universität Wuppertal promovierte er. Neben ihm ist Melanie Schwartz Geschäftsführerin.
Die Brauerei Sünner wurde zum 1. Januar dieses Jahres von der Malzmühle übernommen. Durch die Absatzsteigerung der vergangenen Jahre (heute sind es 51 000 gegenüber 34 000 Hektoliter in 2010) wurde die Kapazitätsgrenze der Malzmühle am Heumarkt erreicht.
Herr Rosenbaum, vor knapp einem Jahr haben Sie im „Kölner Stadt-Anzeiger“ verkündet, dass die Malzmühle die Brauerei Sünner übernimmt. Welche Investitionen haben Sie bislang getätigt?
Michael Rosenbaum: Die Brauerei mit ihrem handwerklichen Brauverfahren war in einem sehr guten Zustand. Insgesamt haben wir bisher Investitionen im einen niedrigen zweistelligen Millionenbetrag getätigt. Neben dem Kauf an sich haben wir vor allem in Kapazitätserweiterungen und Energieoptimierung investiert. Natürlich behalten wir auch zukünftig das traditionelle Brauverfahren bei, nicht zu vergleichen mit den modernen Industrieanlagen mancher anderer Kölschbrauer. Hier gilt überall Denkmalschutz.
Sünner ist die älteste Brauerei Kölns, und den Charme wollen wir auf jeden Fall erhalten, das ist unser Markenkern. Wir haben neue Lagerkapazitäten geschaffen, neue Tanks für die rund 50 000 Hektoliter Mühlen Kölsch, die hier zukünftig gebraut werden, eine neue Steuerung und moderne Kühltechnik. Den Dampfmaschinenraum haben wir so umgebaut, dass wir ihn als Tasting- und Brauwelt-Shop nutzen können.
Kommt Mühlen Kölsch nun aus Kalk und nicht mehr vom Heumarkt?
Ja, seit Anfang Juli produzieren wir Sünner und Mühlen Kölsch in der Brauerei in Kalk.
Schmeckt Mühlen Kölsch nun wie Sünner?
Nein (lacht), natürlich nicht. Wir brauen Mühlen Kölsch nach dem bewährten alten Rezept mit seinem vergleichsweise malzigen Geschmack. Wir hatten bereits vor dem Kauf geprüft, ob wir Mühlen Kölsch auch unverändert in der neuen Betriebsstätte herstellen können. Und in den letzten sechs Monaten hatten wir genügend Zeit, den bisherigen Geschmack hier exakt zu treffen.
Was wird aus dem alten Standort?
Die Gastronomie am Heumarkt bleibt natürlich erhalten. Wir prüfen, was wir aus den alten Räumlichkeiten mit der Brauerei machen, möglicherweise mehr Gastronomie oder eine Ausweitung des Hotelbereichs.
Was waren die Beweggründe, Sünner zu kaufen?
Hauptbeweggrund war die größere Kapazität zum Bierbrauen. Am alten Standort am Heumarkt war die Kapazität erschöpft. Wir waren auf der Suche nach einem Gelände für einen Neubau, da kam Astrid Schmitz-DuMont auf uns zu und bot uns als bisherige Sünner-Gesellschafterin die Betriebsstätte zu übernehmen und mit dem Sünner-Mitarbeiterstamm weiter zu führen.
Was wird dann aus der Marke Sünner Kölsch?
Sünner war keine starke Marke mehr auf dem Kölsch-Markt. Daher haben wir diese behutsam mit einem neuen Markendesign modernisiert. Ob das bisherige Design nun gut oder schlecht war, ist schwer zu sagen, aber es machte keinen Sinn, eine wenig starke Marke einfach so weiter laufen zu lassen. Wir haben auch die Flaschen ausgetauscht. Sünner Kölsch kommt nun in der 0,33-Liter großen Euroflasche, die bei Kunden aktuell sehr beliebt ist, Gaffel setzt mit seinem Wieß ja auch auf das Gebinde, viele bayrische Brauer tun es auch.
Aber allein ein neues Etikett und neue Flaschen reichen nicht, Sünner wieder auf Spur zu bringen. Daher haben wir auch die Rezeptur angepasst, mehr Frische und Spritzigkeit, aber weiterhin mit einer hopfige Note, so dass sich Sünner auch weiterhin von Mühlen Kölsch abhebt.
Was wird aus den alkoholfreien Produkten von Sünner und den Spirituosen?
Die waren anders als das Kölsch am Markt schon lange sehr erfolgreich. Das Malzbier ist im Raum Köln sogar gefragter als Marktführer Vitamalz. Die Marke Kölsches Wasser ist ebenfalls ein Erfolg, das Sortiment wurde von uns nun um die Geschmacksrichtung Zitrone erweitert. Das Wasser für alle Getränke stammt aus unserem Brunnen in Kalk, also absolut regional. Die Spirituosen wollen wir weiter ausbauen.
Dazu haben die allermeisten Produkte ein neues Flaschendesign erhalten, statt der 08/15-Flasche gibt es jetzt solche mit einer eher kantigen Form, die sich von den früheren und denen der Wettbewerber abheben. Bei den Spirituosen setzen wir auf Regionalität, der Weizen für alle Spirituosen kommt von Bauer Kleinschmidt aus Köln-Poll. Wir sind die einzige Brennerei in Köln. Bei anderen hier vermarkteten Spirituosen wird der Alkohol in der Regel andernorts eingekauft und nur als kölsch vermarktet.
Was sind ihre Pläne für die Sünner Brauerei in Kalk?
Wir eröffnen diese Woche unsere „Brauwelt Köln“ auf dem historischen Gelände in Köln-Kalk. Vorbild sind andere Brauwelten, etwa bei Stiegl in Salzburg oder Guinness in Dublin. Für Köln und das Kölsch ist dies absolut neu und soll ein Aushängeschild für Kölsch als regionale geschützte Marke werden. In den ehemaligen Eiskellern der Sünner-Brauerei ist Platz für Events für 400 Personen. Auch Verkostungen wird es geben, bei Bier und Spirituosen. Wir haben ein Bier- und Brennereimuseum. Firmen können sich bei uns einmieten und deren Teams eigenes Bier brauen, ihre eigene Spirituose brennen oder ein Köbes-Diplom abschließen.
Ist der Standort Kalk dafür denn überhaupt geeignet?
Für manche Kölner ist Kalk so weit weg als Läge es hinter dem Mond. Tatsächlich braucht man mit der Bahn nur sieben Minuten vom Heumarkt hierher. Kalk, Deutz und Mülheim sind aufstrebende Stadtteile. Aber ich gebe Ihnen Recht, wir müssen diesen Standort erst etablieren. Ich bin aber zuversichtlich, dass uns das gelingt. Für eine solche große und Raumgreifende Brauwelt wäre rund um die Altstadt ohnehin kein Platz gewesen. Zielgruppe sind neben den Kölnern auch Touristen und Business-Gäste.
Ja, sehr. Bierbrauen ist sehr energieintensiv. Die Kosten für Gas- und Strom vervielfachen sich gerade. Das ist besonders hart für uns. Wir haben aber laufende Verträge mit Preisbindung, die nun kommende Gaszulage wird uns aber auch sehr treffen. Bei den Investitionen hatten wir Glück, die Materialien waren vor der Ukraine-Krise bestellt, sonst hätten wir drei statt zwei Millionen Euro in die Hand nehmen müssen.
Fühlen Sie sich von den Zehn-Euro-Kästen im Supermarkt mit Warsteiner, Veltins und Co bedroht?
Aufgrund des handwerklichen Brauverfahrens sind wir mit Mühlen Kölsch und Sünner Kölsch eher im gehobenen Preissegment, ebenso wie andere handwerkliche Brauereien auch. Wir als Kölschbrauer müssen aufpassen, dass wir in unserer Nische erfolgreich bleiben und dabei an einem Strang ziehen und Kölsch als stärkste Biermarke in Köln erhalten. Sonst geht es uns wie den Düsseldorfer Altbierbrauern. Außer ein paar Hausbrauereien ist da nicht viel geblieben. Die großen Alt-Brauer sind alle den Bach runter gegangen.