Photovoltaik, Heizsysteme und CoWie kann ich mein Haus klimafreundlicher gestalten?
- Mieter und Hausbesitzerinnen, die darüber nachdenken, in klimafreundlichere Wohnlösungen zu investieren, sollten sich jetzt entscheiden.
- Photovoltaik, energetische Heizsysteme und Co werden vom Land NRW und dem Bund stark gefördert.
- Rudolf Klapper, Verbraucherschutz NRW und Eugen Eichmann, Energieagentur NRW, erklären, wo Verbraucher Energie einsparen können.
Köln – Der Zeitpunkt, das eigene zu Hause klimafreundlich umzurüsten, ist günstig. Weil der Staat seine Klimaziele einhalten möchte, sind die Fördertöpfe voll. Wer die Umwelt schonen und auf Dauer Geld sparen möchte, sollte sich vor allem Stromverbrauch, Dämmung und Heizsystem ansehen. Nicht nur Hausbesitzer können an diesen Stellschrauben drehen.
Gängige Vorurteile zu klimagerechten Gebäuden seien hohe Kosten und die Schimmelanfälligkeit, erzählt Eugen Eichmann von der Energieagentur NRW. Er entkräftet: „Beide Behauptungen können widerlegt werden. Neben der Energieeinsparung, die solche Gebäude über ihre gesamte Lebensdauer mit sich bringen, muss ebenfalls der höhere Wohnkomfort – warme Wände, keine Zugerscheinung, weniger Schimmelgefahr – genannt werden.“
Er rät, im ersten Schritt den Energieverbrauch des Gebäudes zu reduzieren. Zwei Möglichkeiten, die Energieeffizienz zu verbessern, sind eine Dämmung der Außenwände oder Dreifachverglasung. Bei der Entscheidung sollte die Halbwertszeit bestimmter Bauteile beachtet werden, so Rudolf Klapper von der Verbraucherzentrale NRW. Die Heizung habe den kürzesten Rhythmus. „Zehn bis 25 Jahre, dann besteht Erneuerungsbedarf. Die Außenwände halten am längsten, ohne dass daran gearbeitet werden muss.“
Wärmepumpe und Photovoltaik passen nicht für jedes Haus
Klapper erlebt häufig, dass Menschen aus Kostengründen nur stellenweise umrüsten wollen. „Klassische Situation: Ich möchte neue Fenster, dann taucht immer wieder die Frage auf - mache ich es gleich richtig und gehe auch an die Dämmung?“, berichtet er aus der Praxis. Aber: „Gut gedämmte Fenster in schlecht gedämmten Außenwänden bergen die Gefahr von Feuchteschäden. Das ist einfach Bauphysik.“ Verbraucher sollten das Gebäude als Gesamtkomplex begreifen. Auch passe nicht jedes Heizsystem in jedes Haus.
Wärmepumpen beispielsweise werden stark gefördert und gelten als umweltschonend. Für ihren Einbau gibt es aber bestimmte Voraussetzungen, die gerade in älteren Häusern oft nicht erfüllt sind. Manchmal rede er dann „gegen die Begeisterung an“, erzählt Klapper. „Die Ölheizung muss ausgetauscht werden, die Menschen wollen den Zuschuss für erneuerbare Energien nutzen.“ Aber zu denken, der Einbau einer klimaneutraleren Lösung bedeute automatisch effizienteres Heizen, sei bei dem genannten Beispiel ein Trugschluss.
Fast schon ein Klassiker, wenn es um Energieeffizienz geht: Photovoltaik. Wenn die Voraussetzungen stimmen „ein wunderschöner Beitrag zum Klimaschutz“, so Klapper. Er rät aber ab, Solarpanels auf dem Dach anzubringen, wenn absehbar ist, dass dieses in fünf bis acht Jahren erneuert werden muss. Das Dach muss außerdem gen Süden, Osten oder Westen ausgerichtet sein, hinzu kommt die Frage nach der Dachneigung. Rudolf Klapper und seine Kollegen beraten dazu bei persönlichen Begehungen. Wer über Photovoltaik nachdenkt, sollte sich vorher die Frage nach dem eigenen Stromverbrauch stellen. Die Investition lohnt sich vor allem in größeren Haushalten.
Gesetzeslücke bei der Förderung von Photovoltaik
Über die Einspeisevergütung fördert der Staat die Anschaffung: „Für Strom, den sie nicht selbst verbrauchen können, bekommen sie etwa neun Cent Einspeisevergütung pro eingespeiste, nicht selbst verbrauchte Kilowattstunde (kWh) Strom aus der Photovoltaikanlage. Viel attraktiver ist es, den erzeugten Photovoltaikstrom selbst zu verbrauchen, dann muss ich weniger Strom kaufen – aktuell kostet eine kWh Strom circa 25 bis 28 Cent“ “, erklärt Klapper. Im Netz gibt es verschiedene Anwendungen zur Wirtschaftlichkeitsberechnung. Bei der Förderung von Photovoltaik an Mehrfamilienhäusern und in Eigentümergemeinschaften sieht Klapper Nachholbedarf. Erwirtschafteten Strom innerhalb einer Eigentümergemeinschaft auf verschiedene Zähler zu verteilen, sei noch ein „riesiger bürokratischer Aufwand“. Hier bestehe eine Regelungs- und Gesetzeslücke.
Alle Freiheiten hat natürlich, wer neu baut. „Das ist der Zeitpunkt zu sagen, jetzt überlege ich genau. Und ich denke langfristig. Wenn zum Beispiel die Kinder aus dem Haus gehen, kann das zu einer Änderung der Energieeffizienz führen“, erklärt Klapper. Im Jahr 2019 fiel laut statistischem Bundesamt bei 67,2 Prozent der Neubauten die Entscheidung, mindestens teilweise erneuerbare Energien zu nutzen. 2018 lag der Anteil noch bei 66,6 Prozent. Die häufigste Energiequelle für die Heizung waren 2019 mit 42,7 Prozent Wärmepumpen. Auch wenn sich immer mehr Verbraucher für klimaneutralere Lösungen entscheiden, sind Null- oder sogar Plusenergiehäuser noch wenig gefragt. Die KfW Förderung definiert eine Staffelung von drei Stufen. In der Regel entspricht ein Neubau der Stufe eins – und ist damit energieeffizienter ausgelegt, als es der Gesetzgeber verlangt. Der dritten Stufe, die etwa einem Nullenergiehaus gleichkommt, sind nur etwa fünf Prozent der Neubauten zuzuordnen.
Energiegenossenschaften und Bürgerenergiegesellschaften
Seit 2002 ist die Energiesparverordnung des Bundes in Kraft. Sie gibt Mindestanforderungen für die Energiebilanz eines Gebäudes vor. Für die einen seien die Vorgaben „eine vertane Chance des Gesetzgebers“, sagt Klapper. Für andere hingegen zu hoch angesetzt und vorbei an den Interessen der Hausbesitzer. „Ein altes Gebäude, an dem wenig getan wurde, verbraucht etwa 30 Liter Öl, also 300 Kilowattstunden pro Quadratmeter Wohnfläche im Jahr. Wenn die Anforderungen der Energieeinsparverordnung erfüllt sind, liegt diese Menge noch bei etwa sechs bis acht Litern (60 bis 80 kWh pro m²) Verbrauch im Jahr. Sprechen wir aber von ambitionierten Maßnahmen, kann ein Verbrauch von vier Litern (40 kWh pro m²) oder weniger erreicht werden."
Auch Mieter können einfache Maßnahmen ergreifen, um ihren Energieverbrauch zu senken. Ein erster Schritt: der Wechsel des Stromanbieters. Klapper rät, auf Anbieter zu setzen, die das erwirtschaftete Geld in erneuerbare Energien investieren. Das sei ein Beitrag für die ganze Gesellschaft. Jede Bürgerin kann sich zudem Anteile an Photovoltaikanlagen sichern, die beispielsweise auf großen Industrieanlagen angebracht werden. „In NRW gibt es rund 100 Energiegenossenschaften und rund 150 weitere Bürgerenergiegesellschafte. Neben der Mitgliedschaft können über die jeweilige Projektbeteiligung eine Rendite und Mitbestimmung über deren Ausschüttung und oder weitere Verwendung gemeinsam entschiedenen werden“, erklärt Eugen Eichmann die Vorteile.
Im Alltag können Mieter wie Hausbesitzer auch ohne große Investitionen beginnen, sich klimaschonender zu verhalten. Rudolf Klapper nennt Beispiele: „Ich kann meinen Stromverbrauch, mein Lüft- und Heizungsverhalten unter die Lupe nehmen. Einfache Helfer sind elektronische Thermostatventile.“ Diese überwachen und steuern die Heizleistung automatisch. Auch blanke Kupferrohre im Keller, durch die Wärme entweicht, und Haushaltsgeräte seien Energiefresser. Klassiker seien außerdem die verschwenderische Umwälzpumpe an der Heizung und der hydraulische Durchlauferhitzer. Erstere werden bei Austausch zur Hälfte von der Stadt Köln gesponsert, die Anschaffung eines elektronischen Durchlauferhitzers wird mit 150 Euro unterstützt. Auch ein Neuanschluss an die Fernwärme und Dämmmaßnahmen werden gefördert. Das Programm „Altbausanierung und Energieeffizienz“ der Stadt Köln umfasst Zuschüsse in Höhe von einer Million Euro.
Motivation umzudenken: Fördergelder von BAFA und KfW
Die aktuell abrufbaren Fördermittel sind eine Motivation, das Thema Klimaneutralität anzugehen, sagt Klapper. Seit Anfang des Jahres bemerkt er ein Umdenken. Wo Menschen vorher abgewunken haben, die Kosten seien zu hoch, sorgen die Aufmerksamkeit der Medien für die Thematik und die Fördergelder jetzt für einen Schub. Eine persönliche Begehung mit Klapper und seinen Kollegen kostet Verbraucher 60 Euro. Wer einfach in einer Verbraucherzentralle vorbeikommt, bezahlt nichts. Ingenieurbüros und das Bundesamt für Wirtschaft und Außenkontrolle (BAFA) bieten tiefergehende Energieberatungen an, für die mit 600 bis 700 Euro gerechnet werden muss. Haben Verbraucher sich für Umrüstungsmaßnahmen entschieden, können sie auf die verschiedenen Fördertöpfe zurückgreifen.
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Die KfW unterstützt energieeffizientes Sanieren in Form von Zuschüssen oder Krediten. Wer sein Einfamilienhaus umrüstet, dem vergütet die KfW seit Anfang des Jahres 20 Prozent der Bruttoinvestitionen. Eine Verdopplung des Zuschusses von zehn Prozent im Jahr 2019. Einen zweiten Fördertopf stellt das BAFA. Den Ersatz der alten Ölheizung durch eine Heizung mit erneuerbaren Energien unterstützt sie mit einem Zuschuss von 45 Prozent, bei Gasheizungen mit 35 Prozent. Die verschiedenen Förderprogramme der Stadt Köln, des BAFA und des Landes NRW können auch kombiniert genutzt werden.