„Man opfert sich für den Job“Kölner Hebamme über Gehalt, Belastung und Herzblut
Köln – Für Maria Fabian (41), die eigentlich anders heißt, gibt es keinen besseren Beruf als den der Hebamme. Im Rahmen unserer Serie „Unterm Strich“ erzählt die Kölnerin, wie viel sie mit der Geburtshilfe verdient – und wieso sie wie die meisten Hebammen neben dem Kreißsaal auch freiberuflich arbeitet.
Hebamme zu werden, genau wie meine Großmutter, war schon von klein auf mein Traumberuf. In den 90er Jahren wurde ich jedoch nach meinem Schulabschluss bei den Hebammenschulen abgelehnt: Ich sei mit meinen 17, 18 Jahren noch zu jung. Also begann ich eine Ausbildung zur Krankenschwester und habe währenddessen den Beruf der Hebamme ehrfürchtig betrachtet und weiterhin intensiv verfolgt. Nach meiner Ausbildung machte ich einen Ausflug in die Kinderkrankenpflege, arbeitete im Kinderhospiz und als OP-Fachschwester.
Dann kam es wie so oft: Verliebt, verlobt, verheiratet und schon hatte ich zwei Kinder. Erst dann merkte ich wieder: Die Geburtshilfe ist genau das, mit dem ich mich identifizierte. Also bewarb ich mich erneut um eine Hebammenausbildung und wurde angenommen – die Ausbildung war sozusagen mein drittes Kind. Heute arbeite ich in einem Kölner Klinikum und als freiberufliche Hebamme.
750 Euro netto im dualen Studium
Die Entscheidung, mit 33 Jahren zurück zum Ausbildungsgehalt zu gehen, war keine leichte. Ich bin in der Steuerklasse 5 – im Monat verdiente ich deshalb 550 Euro. Damit kann man die Miete nicht bezahlen, das deckt vielleicht die Lebensmittelkosten. Wenn man das sieht, weint man erstmal – Ehefrau wie Ehemann. Man muss für diesen Beruf wirklich, wirklich Herzblut zeigen. Wenn sich heute aber ein junges Mädchen entscheidet, Hebamme zu werden, läuft das ganz anders ab: Der Beruf wurde akademisiert, man macht ein duales Studium und bekommt monatlich 750 Euro netto.
Ich bin festangestellte Hebamme im Kreißsaal. Das mag ich sehr: Einer Familie beizuwohnen, die gerade zur Familie geboren wurde, ist etwas Einzigartiges. Im Klinikum arbeiten wir in Schichtdiensten: Der Frühdienst geht von 6 bis 14.30 Uhr, der Spätdienst von 14 bis 22.30 Uhr, der Nachtdienst von 22 bis 6.30 Uhr.
Jetzt kommt das große Aber: Man kommt nie pünktlich nach dem Dienst nach Hause. Nie. Man kann aber auch schlecht zu einer Frau in den Presswehen sagen: Du, dich gebe ich jetzt an den Schichtwechsel ab. Die Überstunden sind meist an der Tagesordnung und dauern zwischen 30 Minuten und zweieinhalb Stunden. Doch egal, wie stressig der Job hier ist: Diese Klinik ist meine Wunschklinik, ich arbeite hier mit großartigen Kolleginnen, die alle wundervolle Arbeit leisten.
Pauschalbeträge für Wochenbettbesuche
Im Krankenhaus habe ich eine 50-Prozent-Stelle: An zwei bis drei Tagen die Woche übernehme ich dort Schichten, die übrigen Tage arbeite ich freiberuflich. Jetzt zum Beispiel fahre ich gerade zum Spätdienst, heute Morgen habe ich zwei Wochenbettbesuche gemacht und ein, zwei Dinge, im Haushalt erledigt. Hebammen verdienen in der Freiberuflichkeit etwas mehr als im Krankenhaus.
Trotzdem sind auch freiberufliche Hebammen von laufenden Kosten abhängig. Wir müssen eine private Haftpflichtversicherung abschließen, bei mir sind das 1000 Euro im Jahr. Eine Hebamme, die nur rein freiberuflich arbeitet und anders als ich auch Hausgeburten begleitet, muss knapp 9000 Euro jährlich Berufshaftpflichtversicherung zahlen. Wie schon gesagt: Man opfert sich für den Job.
Die Wochenbettbesuche, die ich freiberuflich mache, werden nach einem Pauschalbetrag abgerechnet: 38,72 Euro für einen Hausbesuch, der auf 25 bis 30 Minuten berechnet wird. Dabei ist es völlig egal, wie lange man tatsächlich dort ist – sei es eine halbe Stunde oder eineinhalb. Die Frauen haben ja unterschiedliche Bedürfnisse, manche wollen über ihr Geburtserlebnis sprechen und dieses mit der Hebamme aufarbeiten, Stillhilfe darf auch nicht fehlen und sie wünschen sich einen guten Support. Dies sind nur Bruchstücke davon, was ein Wochenbettbesuch wirklich erfordert.
„Geburt ist magisch“
Insgesamt arbeite ich 40 bis 60 Stunden pro Woche. Für die Schichten im Krankenhaus bekomme ich 1000 bis 1100 Euro netto, brutto sind das vielleicht 1900 Euro. Freiberuflich verdiene ich meist zwischen 500 und 1500 Euro monatlich – das schwankt stark, da es mit der Anzahl der Hausbesuche variiert.
Meine Oma wurde früher im Dorf noch von dem Müller mit einem Sack Mehl bezahlt, von dem Winzer mit einer Flasche Wein, mit Wurst und Käse. Das ist irgendwie eine andere Wertschätzung, als wir sie heute bekommen. Wenn mir ein Fehler bei der Arbeit passiert, dann leiden nicht nur die Familien, es hinterlässt auch bei den Hebammen deutliche Spuren. Wir Hebammen hinterfragen uns ständig. Was ich damit sagen will, ist: Ein menschliches Leben lässt sich nicht einfach mit Geld aufwiegen.
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Geld ist mir persönlich nicht so wichtig. Meine Familie und ich können von unserem Geld leben, es reicht. Ich bin weder reich noch arm – damit bin ich zufrieden. Wir müssen nicht mehr jeden Cent umdrehen wie direkt nach der Ausbildung, sondern wir können es uns als Familie erlauben, einmal im Monat essen zu gehen. Trotzdem finde ich nicht, dass das Gehalt der Hebammen angemessen ist. Wenn wir gewissenhaft arbeiten und bei Wochenbettbesuchen zum Beispiel länger als eine halbe Stunde bleiben, machen wir das unbezahlt.
Aber ich mache einen Beruf, den ich liebe. Die Geburt ist ein geheimnisvoller Akt, der sich nicht steuern, nicht leiten lässt. Geburt ist magisch, wie meine Großmutter schon sagte. Es löst immer etwas in dir aus! Ich liebe es, die Frauen zu betreuen, ich liebe es, sie so voller Glück zu sehen, wenn sie ihr Kind geboren haben und gemeinsam wachsen.