Bolder Arzneimittel ist einer der weltweit führenden Hersteller pharmazeutischer Pastillen. Im Auftrag internationaler Pharmaunternehmen produziert Bolder mehr als eine Milliarde pro Jahr in Köln-Marsdorf.
Kölner Traditionsunternehmen BolderVon den Anfängen in Nippes zum Weltmarktführer für Pastillen
Es ist eine echte Kölner Erfolgsgeschichte, die vor 100 Jahren am Hansaring ihren Anfang nahm. Dort gründete der Nippeser Apotheker Paul Bolder im April 1924 unter seinem Namen die Fabrik für chemisch pharmazeutische Präparate. Heute ist Bolder Arzneimittel einer der weltweit führenden Hersteller pharmazeutischer Pastillen. Im Auftrag internationaler, namhafter Pharmaunternehmen produziert Bolder mehr als eine Milliarde Lutsch- und Kaupastillen pro Jahr mit mehr als 100 Mitarbeitern am Standort in Köln-Marsdorf.
Wie so einige Unternehmen in der Wirtschaftsregion Köln, ist auch Bolder ein typischer sogenannter Hidden Champion, also ein versteckter Weltmarktführer, hoch spezialisiert, innovativ, international, aber in der breiten Öffentlichkeit kaum bekannt.
Kunden in rund 60 Ländern
Da die Bolder-Kunden die Produkte unter ihrem eigenen Namen vermarkten, findet sich auf der Packung kein Hinweis auf den Kölner Ursprung. Und wie so viele dieser Hidden Champions, macht auch Bolder aus Diskretion keine Angaben zu den Namen seiner Kunden. Einer der Schwerpunkte liegt aber auf Arzneien gegen Erkältungskrankheiten der Atmungsorgane. Vieles davon findet sich in deutschen Apotheken. „Wir stellen am Standort aber Produkte für insgesamt mehr als 60 Länder her“, sagt Geschäftsführer Andreas Dittrich, der das Unternehmen zusammen mit dem promovierten Pharmazeuten Franz-Josef Kohlenberg bisher gemeinsam führte. Bis heute ist das Unternehmen mehrheitlich im Familienbesitz.
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Es war der Sohn des Gründers, Hermann-Josef Bolder, ebenfalls Apotheker, der das Potenzial der Darreichungsform der Pastille erkannte. „Viele der Stoffe können nur sehr schwer oder gar nicht in anderen Arzneiformen verarbeitet werden“, erläutert Franz-Josef Kohlenberg, der als Geschäftsführer verantwortlich für den pharmazeutischen Bereich ist. „Grundlage ist das Gummi Arabicum, das es ermöglicht, besonders empfindliche medizinische Wirkstoffe sehr schonend zu verarbeiten“, sagt Kohlenberg. Dabei habe Bolder ein eigenes Verfahren entwickelt, bei dem bei der Verarbeitung nur sehr geringe Temperaturen notwendig seien.
Beginn der Produktion im eigenen Werk
Hinzu kommt, laut Kohlenberg, dass Pastillen im Gegensatz zu Tabletten eine hohe Wirkstoffhomogenität haben. Das heißt vereinfacht gesagt, dass die Wirkstoffe sehr gleichmäßig im Präparat verteilt sind. „Die Inhaltsstoffe lösen sich bereits im Mund- und Rachenraum auf und setzen damit ihre Wirkstoffe langsam und effektvoll frei. Die Einnahme ist zudem einfacher für zuhause und unterwegs“, so Kohlenberg.
Es ist schließlich auch der Sohn des Gründers Hermann-Josef Bolder, der die Pastillen-Produktion ausbaut und schließlich selbst im eigenen Werk herstellt. Andere Arzneien wie etwa Säfte werden eingestellt. Bolder wird damit zum klassischen Auftragshersteller. Insgesamt 60 Jahre lenkt der mittlerweile verstorbene Hermann-Josef Bolder die Geschicke des Unternehmens und blieb bis zu einem Tod aktives Beiratsmitglied.
Fest in Köln verwurzelt
Mehrfach zog das Unternehmen in den vergangenen hundert Jahren um, wollte aber immer in Köln verwurzelt sein. „Auf Kölner Stadtgebiet zu bleiben, hatte sowohl für meinen Großvater als auch für meinen Vater höchste Priorität“, erzählt der Hauptgesellschafter Ulrich Bolder, Enkel des Gründers Paul Bolder im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. „Mein Großvater und Vater waren mutige Unternehmer mit visionärem Weitblick und ausgeprägtem Innovationsdrang. Vor allem aber waren sie voller Leidenschaft für das, was sie taten. Das prägt das Unternehmen bis heute.“ Ihn selbst zog es nicht unmittelbar ins Familienunternehmen, sondern in die Medizin. Heute arbeitet er als habilitierter Chefarzt der Chirurgie in einem namhaften Krankenhaus.
Kurz nach der Gründung wechselte die Firma Bolder vom Hansaring in die Herwarthstraße im Belgischen Viertel. 1932 ließ sich Bolder dann in der Gereonsmühlengasse nieder, wo man sich ein Gebäude mit Klosterfrau teilte. Nach Krieg und nahezu völliger Zerstörung, bezog die Firma 1954 ein ehemaliges Fabrik-Areal an der Koblenzer Straße in Bayenthal, das 58 Jahre lang Firmensitz blieb.
Das Unternehmen wuchs kräftig und wollte sich vergrößern, auch, weil die internationalen Vorgaben der Kunden höhere Standards bei Reinräumen und Luftqualität erforderten. Regelmäßig wird Bolder von Behördenvertretern aus aller Welt besucht und zertifiziert. Das ist grundlegend, um beispielsweise nach Brasilien oder in die USA exportieren zu dürfen. „Bei uns werden die genau gleichen Maßstäbe angesetzt, wie etwa in der Produktion des Leverkusener Bayer-Konzerns“, sagt Andreas Dittrich.
Mitte der 2000er Jahre werden die Kapazitäten in Bayenthal immer enger. Im Jahr 2010 beginnt der Neubau in Köln-Marsdorf. Seit 2012 wird hier an der Rheinischen Allee in direkter Nachbarschaft zum Treppenlift-Hersteller Lifta oder dem japanischen Autobauer Toyota produziert. Einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag habe das Unternehmen hier mittlerweile mit mehreren Erweiterungen investiert, sagt Dittrich. Die letzte Werkserweiterung wurde 2023 nun auf insgesamt 9200 Quadratmeter beendet. „Die moderne Architektur hat Platz für innovative Technologien geschaffen. Unsere Reinraumtechnik erfüllt höchste Qualitäts- und Hygienevorgaben“, sagt Geschäftsführer Franz-Josef Kohlenberg.
Eine Abwanderung ins Ausland, wie sie derzeit oftmals in Deutschland diskutiert wird, steht für Bolder nicht zur Debatte. „Wir sind sehr bewusst ein Kölner Unternehmen. In unserer Belegschaft muss niemand Angst haben, dass wir Arbeitsplätze ins Ausland verlagern“, sagt Dittrich und betont, dass auch die Gewerbesteuer natürlich in Köln bezahlt werde. Er selbst scheidet nach mehr als 22 Jahren auf eigenen Wunsch aus, bleibt aber dem Unternehmen als Gesellschafter erhalten. Seine Nachfolge als kaufmännischer Geschäftsführer übernimmt Jörn Bartelheimer, der zukünftig gemeinsam mit Franz-Josef Kohlenberg das Unternehmen führen wird.