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Pohl-Gruppe ist 167 Jahre altDieses Kölner Unternehmen baut spektakuläre Fassaden für New Yorks Wolkenkratzer

Lesezeit 5 Minuten

Pohl produzierte die Außenhaut der geschwungenen Halle „Oculus“, Herzstück des neuen Umsteigebahnhofs des spanischen Architekten Santiago Calatrava.

Der Weltmarktführer für maßgefertigte Fassaden hat unter anderem dem One World Trade Center sein Antlitz verliehen.

Wenn wieder Millionen Menschen den alljährlichen Weihnachtsbaum vor dem New Yorker Rockefeller Center bestaunen, so ahnt wohl niemand, dass der große, glänzende Stern auf der Spitze der wahrscheinlich berühmtesten Tanne der Welt aus Köln kommt. Und gemessen an den anderen Bauten, denen die Pohl-Gruppe allein in der US-Metropole ein Antlitz verliehen hat, ist sogar er fast klein.

Arbeit für Architekten wie Norman Foster oder Frank Gehry

Das Kölner Unternehmen mit Sitz im Norden von Merkenich ist mittlerweile Weltmarktführer für hochwertige, maßgefertigte Metallfassaden und wird regelmäßig von Stararchitekten wie Sir Norman Foster beauftragt und weiterempfohlen. „Es ist immer wieder schön zu erleben, dass man uns und unsere Arbeit mittlerweile international gut kennt“, sagt Konrad Kaiser, seit rund zwei Jahren CEO der Gruppe. „Wir sind weltweit in einer kleinen, aber sehr feinen Nische unterwegs“. Für Unternehmen, die mit ihrem Gebäude ein Statement setzen wollten, sei Pohl die richtige Adresse.

Blickt man auf die Projekte der Firma Pohl zurück, zählen einige zu den Ikonen der zeitgenössischen Architektur. So kommen Teile der Fassade des One World Trade Center, Nachfolger der zerstörten Zwillingstürme, aus Kölner Produktion. Direkt nebenan am Ground Zero produzierte Pohl die Außenhaut der geschwungenen Halle „Oculus“, Herzstück des neuen Umsteigebahnhofs des spanischen Architekten Santiago Calatrava. Nur wenige Meter entfernt, wurde gerade das neue Performing Arts Center eröffnet, benannt nach dem Mäzen und Unternehmer Ronald Perelman, der Millionen Dollar für den Bau gespendet hat. Die fein strukturierte, silberglänzende Fassade: ebenfalls „Made in Cologne“. Gleiches gilt für den Eingang des Rockefeller Centers oder das historische Art-Deco-Gebäude Walker Tower.

Mittlerweile prägen Pohl-Fassaden das Stadtbild zahlreicher Metropolen in der ganzen Welt. Auch in London, Hongkong, Dubai, Singapur oder Chicago wurden Elemente imposanter Wolkenkratzer von Stararchitekten wie Frank Gehry oder Richard Meier am Rhein gefertigt. Frankreich ließ die Deutschen an ihr Nationalheiligtum, den Eiffelturm, um sich den Eingang zum Restaurant maßschneidern zu lassen.

In Deutschland ist man baulich seit jeher etwas bescheidener unterwegs. Aber der Covid-Impfstoffhersteller Biontec etwa entschied sich beim Bau der neuen Firmenzentrale ebenfalls für den Hidden Champion. In Köln sieht man Pohl-Fassaden unter anderem am neuen Eingang der Kölner Messe, dem RTL-Gebäude oder dem Görg-Haus vor dem Lanxess-Tower.

Großvater gründete die Firma 1856

Mit rund 600 Mitarbeitern, davon 200 am Standort Köln und dem Rest in fünf weiteren Produktionsstätten in Deutschland und den USA, werden die Einzelteile aufwendig gefertigt. „Vieles wird bei uns in Handarbeit gemacht“, sagt Heinrich Robert Pohl, der die Firma von seinem Vater übernommen hat und in den vergangenen 40 Jahren zum Weltmarktführer aufbaute. Das mache den entscheidenden Unterschied zur preiswerteren Produktion etwa aus Fernost, die meist nur Standard könne, so Pohl. Dadurch, dass alles individuell zugeschnitten sei, könne man sich sehr gut gegen den Wettbewerb behaupten, sagt Pohl, dessen Großvater die Kölner Firma 1856 als Stellmacherei gründete.

Besuch bei der Firma Pohl, die Fassaden für außergewöhnliche Architektur in Köln machen. Heiner Pohl (links), seine Tochter Katja Boden (Mitte) und CEO Konrad Kaiser (rechts).

Besuch bei der Firma Pohl: Heinrich Pohl (links), seine Tochter Katja Boden und CEO Konrad Kaiser.

Mit Anfang 20 hatte Pohl eigentlich ganz andere Pläne, als in das Familienunternehmen einzutreten. „Ich wollte Bildhauer werden und habe mich mehr für Kunst und Architektur interessiert als für die Blechverarbeitung“, erzählt er. Aber der Vater wurde krank und er selbst bald junger Vater und so entschied er sich, sein Kunststudium aufzugeben und die Firma zu übernehmen, die damals gerade mal drei Mitarbeiter hatte. Sein Gesellenstück, ein fein ziselierter zweiarmiger Leuchter zum vorgegebenen Thema Barock, hängt bis heute als Erinnerung an die Anfangszeit in seinem Büro. Mit ihm war Pohl einst Landes- und Bundessieger der Kunstschmiede geworden.

Trend zu Metallfassaden früh erkannt

In den 80er Jahren boomt die Verkleidung von Gebäuden mit Aluminiumfassaden. Pohl erkennt den Trend und steigt in das Geschäft ein. Kontinuierlich baut er das Unternehmen aus und wagt schließlich den Schritt in die USA und damit auf den internationalen Markt.

„Als wir hier anfingen, gab es gerade mal drei Nachbarn“, erzählt Pohl beim Gang durch die Produktionshallen. Heute ist das Gewerbegebiet dicht besiedelt. Von außen vermutet man kaum, dass hier gerade das Gesicht eines neuen New Yorker Wolkenkratzers entsteht. „Wir haben ein neues Großprojekt“, so Pohl.

Wie wichtig den Konzernen jedes Detail ist, zeigt sich auch daran, dass auf Wunsch des jetzigen Auftraggebers in der Produktionshalle eine Kamera installiert worden ist. „Jedes Teil, das wir fertigen, wird vom Kunden einzeln per Video abgenommen“, sagt Katja Boden, Geschäftsführerin und Tochter von Heinrich Pohl.

Entscheidend ist nicht nur die Formgebung des vom Kunden gewünschten Materials, wie etwa Aluminium oder Kupfer, sondern vor allem auch die Bearbeitung der Oberfläche, das Herzstück der Arbeit des Kölner Unternehmens. „Dabei geht es unter anderem um Oxidation und vor allem darum, ob sich das Material durch Wettereinflüsse verändern soll oder eben genau so bleiben soll“, erklärt CEO Kaiser.

Umsatz in vergangenen zehn Jahren verdoppelt

Die Pohl-Gruppe bezieht die Metalle direkt beim Hersteller unter anderem aus Norwegen. Gravierende Lieferengpässe hätte es in Folge von Corona oder Ukraine-Krieg nicht gegeben, auch dank der langjährigen Geschäftsbeziehungen. Allerdings sei die Verschiffung per Container zum Teil deutlich teurer gewesen, so Kaiser.

Rund zwei Jahre dauert nun die Fertigung für den neuen Wolkenkratzer. Wie die meisten Hidden Champions äußert sich auch Pohl nicht zum Auftragsvolumen oder zum Umsatz. Nur so viel: „Den Umsatz haben wir in den vergangenen zehn Jahren verdoppelt“, sagt Heinrich Pohl, und: „Das neue Hochhaus wird sehr viel mehr Teile von uns enthalten als der Freedom Tower. So eine Chance erhält man nur einmal im Leben“.