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Kein Lohn am ersten Krankheitstag?Allianz-Chef erhält Zuspruch für Forderung nach Karenztag – Gewerkschaften empört

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Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen für Arbeitnehmer im Falle einer Krankschreibung durch den Arzt.

Der Chef der Allianz, Oliver Bäte, fordert eine Wiedereinführung der Karenztage.

In Deutschland beziehen Arbeitnehmer im Krankheitsfall weiter Gehalt. Doch die Krankenstände sind im europäischen Vergleich immens.

Der Vorschlag von Allianz-Chef Oliver Bäte, Arbeitnehmern am ersten Tag einer Krankmeldung keinen Lohn mehr zu zahlen, stößt auf scharfe Kritik, aber auch Zustimmung. Bäte hatte in einem Interview mit dem „Handelsblatt“ gesagt, Deutschland sei inzwischen Weltmeister bei den Krankheitstagen. „Das erhöht die Kosten im System.“ Arbeitgeber zahlten hierzulande jährlich 77 Milliarden Euro Gehälter für krankgeschriebene Mitarbeiter. „Von den Krankenkassen kommen noch einmal 19 Milliarden Euro hinzu. Das entspricht rund 6 Prozent der gesamten Sozialausgaben.“ Mit seinem Vorschlag könnten pro Jahr 40 Milliarden Euro eingespart werden.

Mercedes-Chef unterstützt Vorschlag von Allianz-Chef

Der Sozialexperte Bernd Raffelhüschen sagte der „Bild“-Zeitung (Dienstag): „Die Einführung eines unbezahlten Krankheitstages ist ein sinnvoller Vorschlag und sollte von der nächsten Regierung zügig umgesetzt werden.“ Laut der Zeitung sind deutsche Arbeitnehmer im Schnitt 20 Tage pro Jahr krank. Im EU-Schnitt sind es demnach nur 7 Tage.

Auch Mercedes-Chef Ola Källenius unterstützt den Vorschlag. „Der hohe Krankenstand ist ein Problem für die Unternehmen. Wenn unter gleichen Produktionsbedingungen der Krankenstand in Deutschland teils doppelt so hoch ist wie im europäischen Ausland, hat das wirtschaftliche Folgen“, sagte er „Bild“.

Gewerkschafter sind empört

Kritik kommt dagegen vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB). Schon jetzt gingen viele Angestellte zu oft krank zur Arbeit, zitierte der Sender ntv DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel. „‚Präsentismus‘, also krank bei der Arbeit zu erscheinen, ist branchenübergreifend weit verbreitet“, so Piel.

„Schon vor Corona gaben etwa 70 Prozent der Beschäftigten an, mindestens einmal im Jahr krank zur Arbeit erschienen zu sein und im Durchschnitt fast neun Arbeitstage pro Jahr trotz Erkrankung gearbeitet zu haben“, sagte Piel unter Berufung auf eine repräsentative Umfrage. Präsentismus schade der eigenen Gesundheit und könne auch zur Ansteckung von Kolleginnen und Kollegen oder Unfällen führen - mit hohen Folgekosten.

Die IG Metall bezeichnete es laut dem Sender als unverschämt und fatal, den Beschäftigten Krankmacherei zu unterstellen. „Wer Karenztage aus der Mottenkiste holt, greift die soziale Sicherheit an und fördert verschleppte Krankheiten“, sagte Vorstandsmitglied Hans-Jürgen Urban.(kna)