So ganz soll die 125-jährige Geschichte der Uerdinger Waggon-Fabrik bei der Jubiläumsfeier in Krefeld nicht vergessen sein. Deshalb hat die Werksleitung von Siemens Mobility auf dem Hof an diesem Donnerstag einen Uerdinger Schienenbus zwischen einen ICE 3 und einen modernen Regionalzug gestellt. Doch mit der Historie will sich Vorstandschef Michael Peter nicht lange aufhalten. Er redet lieber über die Zukunft des Standorts – und die sei schlicht „hervorragend“.
ICE-Werk in Krefeld: Keine Sorgen um den Job
Die Auftragsbücher in Deutschlands ICE-Werk Nummer eins sind voll. Milliardenschwere Großprojekte der Deutschen Bahn sind durch den Erfolg des ICE 4 und eine Großbestellung des ICE 3neo ein Garant für sichere Jobs. Die 2000 Mitarbeitenden in Krefeld müssen sich in den nächsten Jahren keine Sorgen machen.
90 Hochgeschwindigkeitszüge hat Siemens in der Rekordzeit von zweieinhalb Jahren an die Bahn geliefert und dafür gesorgt, dass die gesamte Flotte des Konzerns bis zum Ende des Jahres auf 400 Züge angewachsen sein wird. 2017 war es noch 270.
Erst in der vergangenen Woche hat Bahnchef Richard Lutz angekündigt, dass die nächste Ausschreibung für eine Rekord-Großbestellung an Zügen in Vorbereitung sei. In den 2030er Jahren sollen im Rahmen des Hochgeschwindigkeitsverkehrs 3.0 die ICE 3 durch neue konkurrierende Konzepte ersetzt werden. Da will man in Krefeld mitspielen.
Siemens liefert 135 Zügen nach Ägypten
„Im Schnitt bauen wir in Krefeld jedes Jahr etwa 600 moderne und digitalisiere Wagen für unsere Züge“, sagt Peter. In Hoch-Zeiten seien es auch mal 780 gewesen. Neben dem Flaggschiff ICE sind das drei Typen von Regionalzügen, die nicht nur in Deutschland, sondern weltweit ausgeliefert werden. Der bekannteste bei den Pendlern dürfe der Desiro sein, von dem 82 Exemplare auf mehreren Linien des Rhein-Ruhr-Express unterwegs sind, einer der bisher größten Aufträge im Schienenverkehr, der 2015 vergeben wurde und wegen der hohen Zuverlässigkeit positive Folgen hatte.
Ägypten hat Siemens Mobility im vergangenen Jahr damit beauftragt, ein 2000 Kilometer langes Hochgeschwindigkeitsnetz zu bauen – und dafür auch insgesamt 94 Desiro und 41 ICE zu liefern. Das sei der größte Auftrag der Konzerngeschichte.
„Die Bahn war noch nie so schnell unterwegs wie heute“, sagt Peter. Das mag dem leidgeprüften Pendler wie ein Witz vorkommen, doch der Vorstandschef meint damit das Tempo beim Bau neuer Züge und die Digitalisierung. Technologisch gilt der Konzern als einer der Weltmarktführer.
Der Grund: Das Unternehmen setzt seit einigen Jahren verstärkt auf vier Standard-Plattformen – einen für den ICE und drei für Regionalzüge. „Auf jeder Plattform lassen sich kundenspezifische Wünschen realisieren, von der Bestuhlung bis zur Kommunikationstechnik. Die Züge sind anfangs wie eine leere Röhre, deren Basistechnik einwandfrei funktioniert“, sagt Peter. „Damit vermeiden wir, dass die Testfahrten im Grunde im Fahrgastbetrieb stattfinden. Wir haben eine funktionierende Plattform, auf die wir uns verlassen können.“
90 ICE mitten in der Corona-Pandemie geliefert
Nur so habe man die 90 ICE auch in so kurzer Zeit unter erschwerten Bedingungen mitten in der Corona-Pandemie liefern können. „Wenn wir einen komplett neuen Zug entwickeln müssen, dauert das fünf bis sechs Jahre“, sagt Peter. Die große Herausforderung der Bahn sei, „dass wir uns als Deutschland auf der Infrastrukturseite kaputtgespart haben. Da ist die Bahn eher leidend als verursachend.“
Neben dem Werk in Krefeld mit rund 2000 Beschäftigten werden die Züge noch an drei weiteren Standorten in Europa gebaut, das komplette Engineering, also die Entwicklung neuer Zugplattformen, findet jedoch ausschließlich im Stammwerk statt.
Am Donnerstag jedoch wird erstmal gefeiert. Ab Mittag ruht der Betrieb, die Beschäftigten genießen den 125. Geburtstag der Uerdinger Waggon-Fabrik, die seit 25 Jahren zu Siemens Mobility gehört. Für Werkleiter Sabri Esslimani liegt ein Geheimnis des Erfolgs in der hohen Motivation und der geringen Fluktuation bei den Mitarbeitenden. Die Unternehmenszugehörigkeit liegt im Durchschnitt bei 29 Jahren. Kürzlich habe er einen Arbeiter verabschiedet, der mehr als 50 Jahre im Werk tätig war. „Das werde ich nicht mehr schaffen.“