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Landwirt entsorgt Lebensmittel auf FeldDas sind die Spielregeln bei krummem Gemüse

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Gemüse Wegwurf

Ein Bauer bei Köln hat krumme Kürbisse entsorgt

Köln – Ein spektakulärer Fall von vermeintlicher Lebensmittelverschwendung? Tonnenweise Süßkartoffeln, Kürbisse und anderes Gemüse liegen derzeit an einem Feld zwischen den Kölner Stadtteilen Feldkassel und Merkenich ausgebreitet. Der Spargel- und Erdbeerhof Fuchs gibt die Ware ab, weil sie nicht den Normen der Supermärkte entspricht. Doch Landwirt Christian Fuchs sagt deutlich: „Das ist keine besondere Aktion, wir lassen es zu, wenn Leute es nehmen, und beobachten.“

Der Landwirt berichtet, dass er festgelegte Normen einhalten müsse, sonst werde das Gemüse von den großen Handelsketten nicht abgenommen. „Ich möchte aber ganz klar sagen, dass hier nicht der Handel Schuld hat, sondern der Verbraucher“, macht Fuchs deutlich. Krumme und zu kleine Süßkartoffeln seien von vielen Kunden im Supermarkt nicht gewünscht, große Ketten würden die Ware dann erst gar nicht einkaufen. „Aber das hat der Kunde entschieden“, so Fuchs.

Eigentlich wird das Gemüse auf diese Weise nur entsorgt, stellt Fuchs klar. So gehe es auch anderen Höfen, etwa einem befreundeten Kohl-Produzenten. Bereits im April gab es einen ähnlichen Fall mit einem Paprika-Produzenten aus Köln-Rondorf. Wie groß die Berge mit aussortiertem Gemüse sind, sei von Jahr zu Jahr unterschiedlich, so der Landwirt. „Wir haben auch andere Kanäle, wo wir die Ware loswerden, aber nicht in dieser Masse“, sagt Fuchs.

Bauernverband: „Handel an Normen gebunden“

Aber sind es wirklich die Kunden, die unbedingt grade Gurken und Möhren haben wollen, ist der Handel unschuldig? Beim Rheinischen Landwirtschaftsverband (RLV) sieht man es differenziert. „Der Handel ist an Qualitätsnormen gebunden, die auf EU- und Bundesebene vorgeschrieben sind. Diese Regeln machen durchaus Sinn. Beispiel: Es passen weniger krumme Gurken in eine Kiste als gerade. Es würde zu einem Transportproblem führen“, sagt Andrea Hornfischer, Sprecherin des Rheinischen Landwirtschaftsverbands aus Bonn. Aber in der Direktvermarktung sei jeder Anbieter bestrebt, die beste Qualität anzubieten.Oft gebe es aber auch Programme für die „krumme“ Ware. Der RLV schätzt, dass der Verbraucher so eingestellt ist, dass er sich für das Beste entscheidet, wenn es gleich viel kostet. „Einige Verbraucher wollen der Lebensmittelverschwendung entgegenwirken und entscheiden sich bewusst für krumme Ware, die oft günstiger angeboten wird“, sagt Hornfischer.

Gemüse mit Schönheitsfehlern bei Penny

Bereits seit April 2016 vermarktet die Rewe-Discount-Tochter Penny unter der Eigenmarke „Naturgut Bio-Helden“ Bio-Obst und -Gemüse mit kleinen Schönheitsfehlern, um auf eine „stärkere Wertschätzung von Lebensmitteln aufmerksam zu machen“, sagt eine Sprecherin der Supermarktkette. „Gerade Bio-Obst und -Gemüse kann hier und da kleiner, größer, krummer oder mit oberflächlichen Schalenfehlern versehen sein. Die Form hat aber keinen Einfluss auf Qualität oder Geschmack“, so die Sprecherin. Hier würden Früchte mit kleinen vermeintlichen Schönheitsfehlern einfach mitverkauft. Dadurch könne der Anteil der Frischvermarktung erhöht und der Sortier- und Packaufwand der Erzeuger deutlich verringert werden. Die Bio-Helden würden von den Kunden sehr gut angenommen.

EU regelt nicht die Krümmung der Gurke

Aber war da nicht was mit dem Krümmungsgrad der Gurke, den die EU festlegt? Das ist eher so etwas wie eine urbane Legende. Vor mehr als drei Jahrzehnten schrieb die Europäische Union die maximal zulässige Krümmung von Salatgurken vor. Bis heute ist das ein Symbol für den angeblichen Regulierungswahn Brüsseler Bürokraten. Dabei wurde die Verordnung längst abgeschafft. Und Brüssel war auch gar nicht die treibende Kraft dahinter. Denn es waren eher die Verbraucherschützer. Denn nur wenn in eine Kiste in etwa die gleiche Anzahl an Gemüse kommt, kann man einen einheitlichen Preis verlangen.

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Aber was sind Ausschlusskriterien bei Obst und Gemüse? „Das variiert von Frucht zu Frucht und Acker zu Acker. Je nachdem, wie hoch der Schädlingsbefall ist usw. Ist wenig Ware auf dem Markt, werden kleine Blessuren akzeptiert. Ist viel auf dem Markt, fallen dem Abnehmer kleine Makeln mehr auf“, sagt RLV-Sprecherin Andrea Hornfischer. Bei Äpfeln werde beispielsweise nichts weggeschmissen, da es in der Most-Verarbeitung landet. Ein schlechter Salatkopf wird hingegen erst gar nicht geerntet, sondern als Gründünger untergemulcht.