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Leverkusener Chemiekonzern nutzt KlimagasCovestro ersetzt Erdöl durch CO2

Lesezeit 3 Minuten
Covestro CO2

Demonstrationsanlage von Covestro in Dormagen

  1. Der Durchbruch in der Forschung mit der RWTH Aachen gelang Covestro bereits vor zehn Jahren.
  2. Mit der Innovation ist der Leverkusener Konzern nun für einen wichtigen Preis nominiert.
  3. Covestro-Chef Markus Steilemann positioniert sich gegen fossile Rohstoffe als Chemieressource.

Köln – Für mehr als ein Fünftel der Treibhausgasemissionen in Deutschland ist der Industriesektor verantwortlich. Gut 14 Prozent des mehr als 124 Millionen Tonnen umfassenden CO2-Ausstoßes musste sich im vergangenen Jahr die chemische Industrie auf die Fahnen schreiben. Damit ist die Branche zwar nur der viertgrößte industrielle CO2-Verursacher, doch das Einsparpotenzial ist groß.

Der Leverkusener Chemiekonzern Covestro nutzt bereits seit drei Jahren in einer Demonstrationsanlage am Standort Dormagen ein neues Verfahren, um seine Kunststoffproduktion klimafreundlicher aufzustellen – und ist dafür nun in die Endrunde des Deutschen Zukunftspreises eingezogen. Die prestigeträchtige Auszeichnung wird im November in Berlin von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier vergeben.

Abgase von Nachbar-Unternehmen

Die Prämisse der Innovation, die ausgezeichnet werden könnte, ist simpel: Der konventionelle Rohstoff Erdöl wird bei der Produktion von Kunststoffen teilweise durch CO2 als Kohlenstofflieferant ersetzt. Damit sollen zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen werden: Die fossile Ressource Erdöl wird geschont, gleichzeitig das schädliche Klimagas CO2 umgewandelt.

Alles zum Thema Frank-Walter Steinmeier

Theoretisch kann Kohlenstoffdioxid aus einer Vielzahl von Quellen kommen, bei der Produktion in Dormagen nutzt Covestro Abgase einer Chemieanlage eines benachbarten Unternehmens. Die Vorprodukte, bei denen die ehemalige Bayer-Tochter das Verfahren anwendet, enthalten inzwischen bis zu 20 Prozent CO2.

Das theoretische Potenzial zum Einsatz von Kohlenstoffdioxid und zur Einsparung von Erdöl beschreibt Covestro-Forscherin Berit Stange als „recht hoch“: Der weltweite Verbrauch an Polyurethan-Rohstoffen habe sich 2018 auf circa 20 Millionen Tonnen belaufen. Auf weichen Polyurethan-Schaumstoff – hier werden die CO2-Vorprodukte am stärksten eingesetzt – entfielen vergangenes Jahr rund sieben Millionen Tonnen. Experten des Nova-Instituts in Hürth gingen von einem jährlichen Umsatzpotenzial von rund 75 Millionen Euro aus.

Kooperation mit RWTH Aachen

Den Weg zum neuen Verfahren hat eine Kooperation mit der RWTH Aachen geebnet: 2007 gründete Covestro gemeinsam mit der Universität das Forschungszentrum Catalytic Center (CAT), um Grundlagenforschung im Bereich der Katalyseforschung in Innovationen umzusetzen. Covestro hat einen zweistelligen Millionenbetrag in diese Forschungseinheit investiert, zuletzt sagte der Konzern Ende 2016 rund zwölf Millionen Euro für weitere sieben Jahre zu. 75 Patente sind der Kooperation bislang entsprungen. Der Covestro-Forscher Christoph Gürtler sagt, die Kooperation mit der RWTH sei für Covestro sehr wichtig: „Alleine könnten wir wichtige grundlegende wissenschaftliche Fragen kaum oder weniger gut klären“. Dazu gehöre etwa auch die Herstellung der Grundchemikalie Anilin aus Pflanzen statt Erdöl.

„Kohlendioxid sowie Pflanzen und Kunststoffabfall haben als alternative Kohlenstoffquellen das Potenzial, die Produktion in der Kunststoffindustrie zu revolutionieren“, sagt Covestro-Chef Markus Steilemann: „Fossile Rohstoffe wie Erdöl können nicht länger die Hauptressourcen unserer Branche sein, wenn die Welt in eine nachhaltigere Zukunft aufbricht.“

Durchbruch gelang schon vor Jahren

Der Durchbruch beim Verfahren zur Nutzung von Kohlenstoffdioxid gelang in den Jahren 2008 und 2009: Damals entwickelten die Forscher einen speziellen chemischen Katalysator, der dafür sorgte, dass sich die CO2-Moleküle in die Rohstoffe einbauen ließen. Bis 2016 wurde der Prozess zur Marktreife gebracht, inzwischen kommt er bei der Produktion neuartiger Matratzen-Schaumstoffe oder Textilfasern zum Einsatz und soll künftig deutlich ausgebaut werden.

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