Köln – Wer die Werbung im Blick behält, der weiß, worauf Unternehmen in der Außenwahrnehmung derzeit besonders viel Wert legen: Sie beanspruchen für sich, die Welt mit ihren Produkten zu einem besseren Ort zu machen. In der Praxis kaufen Verbraucherinnen und Verbraucher vielen Firmen das Engagement allerdings nicht immer ab.
Längst haben Nachhaltigkeits- und Sozialziele Einzug in die Unternehmensstrategien erhalten. Große Lebensmitteleinzelhändler wie Rewe und Aldi werben mit Tierwohlthemen und Müllvermeidung. Die Drogeriekette DM bringt Produkte auf den Markt, die nicht nur klima- sondern gleich umweltneutral sein sollen. Energieriesen wie RWE setzen in ihren Kampagnen auf erneuerbaren Energien, Technologiekonzerne wie Bosch auf stromsparende Innovationen.
Die Kölner Markenberatung Globeone hat in einer Umfrage große Unterschiede in der Glaubwürdigkeit deutscher Unternehmen festgestellt. Dabei wurden rund 3000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer dazu befragt, wie nachhaltig, authentisch, unehrlich, profitorientiert und zukunftsfähig sie 94 deutsche Marken empfinden.
Die Ergebnisse großer NRW-Firmen sind dabei durchwachsen. Am schlechtesten schneidet im regionalen Vergleich der Wohnungskonzern Vonovia mit 44 von 100 möglichen Punkten im sogenannten Purpose Readiness Index ab. „Wohnungsbaukonzerne sind in der öffentlichen Wahrnehmung in schwere Fahrwasser geraten“, sagt Niklas Schaffmeister, Managing Partner von Globeone. „Ihnen wird häufig Gier vorgeworfen, die Mietpreisentwicklung kritisch beäugt.“ Zwar versucht sich das Bochumer Unternehmen auf seinem Internetauftritt aktiv als Klimaschützer zu positionieren: „Aber der negative Überhang wirkt viel stärker“, so Schaffmeister.
Auffällig schlecht schneidet auch der Rüstungskonzern Rheinmetall (56,4 Punkte) ab. Etwas überraschender scheint das schwache Ergebnis der Deutschen Telekom mit 58,1 Punkten. Rund ein Viertel der Befragten schätzen den Bonner Konzern demnach als „unehrlich“ und „profitorientiert“ ein. Konkurrent 1&1 (63,4 Punkte) schneidet deutlich besser ab. „Wir scheinen es hier mit einem Sympathieproblem zu tun zu haben“, sagt Schaffmeister. Möglicherweise spielten vergleichsweise hohe Preise hier eine Rolle.
RWE mit Kommunikationsproblemen
Ähnlich große Glaubwürdigkeitsprobleme hat dem Ranking zufolge der Energiekonzern RWE (59,2 Punkte). Am Beispiel des Essener Konzerns zeigt sich dabei ein klassisches Kommunikationsproblem von Unternehmen, die versuchen, sich in der Öffentlichkeit nachhaltig zu positionieren: Während die Klagen gegen den Kohleausstieg und Auseinandersetzungen im Hambacher Forst noch nachhallen, kündigte der Essener Konzern im Herbst 2020 umfassende Klimaziele an.
„Diese Wende in der Kommunikation hat in der Summe zu schnell stattgefunden“, sagt Schaffmeister. „Erst wurde bis zum letzten Tag für die Verlängerung der Kohle gekämpft, am nächsten Tag war man plötzlich führend beim Ausbau der Windenergie.“ Er betont, dass es bei der Kommunikation des unternehmenseigenen „Purpose“, also des gesellschaftlichen Zwecks, wichtig sei, auch die nötigen Beweise zu erbringen. Leere Worte seien schnell enttarnt.
Technologieunternehmen vorn
Besonders gut schneiden im Ranking von Globeone dabei Technologie- gefolgt von Handelsunternehmen an. Spitzenreiter ist die Drogeriekette DM, die sich neben ihrer Vermarktung umweltneutraler Produkte derzeit zum Beispiel über die Errichtung von Corona-Schnelltestzentren profiliert. Erstes NRW-Unternehmen auf der Liste ist der Haushaltsgerätehersteller Miele auf Rang 5 (73,4 Punkte). „Bei Miele handelt es sich um eine etablierte Traditionsmarke. Sie steht für die Haltbarkeit und Zuverlässigkeit ihrer Geräte“, so Schaffmeister. Grundsätzlich profitierten die Technologiekonzerne davon, dass sie sich als Anbieter der Lösungen von morgen positionieren könnten: zum Beispiel, indem sie energiesparende Geräte entwickeln.
Nur einen Platz hinter Miele liegt die Kölner Supermarktkette Rewe (73,3 Punkte), gefolgt von Lidl (72,2 Punkte) und Aldi Süd/Aldi Nord (71,0 Punkte). Der Lebensmitteleinzelhandel fokussiert sich zuletzt in der Kommunikation sehr stark auf Themen wie Müllvermeidung, Tierwohl und Nachhaltigkeit. In der Krise konnte er sich außerdem als verlässlicher Helfer positionieren.