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Rheinländer über Gehalt„Auf meiner 65-Prozent-Stelle verdiene ich 1900 Euro netto“

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Quantenphysiker bei der Arbeit (Symbolbild)

KölnThorsten G., 29 Jahre alt, ist Doktorand der Physik in Bonn. Im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ erzählt er, wie viele Millionen man zum Aufbau einer Forschungsgruppe braucht und wieso er auf einer 65-Prozent-Stelle trotzdem Vollzeit arbeitet.

Ich bin Doktorand in der Physik. Nach dem Masterabschluss habe ich die Stelle in meiner jetzigen Arbeitsgruppe angenommen. Das funktioniert bei uns in der Physik relativ entspannt, weil es viele Forschungsgelder gibt: Jeder, der gute Noten hatte und einigermaßen fit ist, kann auch promovieren.

Bezahlt werden wir nach TV-L 13, also dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder. Auf meiner 65-Prozent-Stelle verdiene ich 1900 Euro netto. Wie hoch mein Bruttogehalt ist, weiß ich ehrlich gesagt gar nicht. Eine volle Stelle würde ich erst im Postdoc, also nach dem Doktor bekommen.

40 bis 50 Wochenstunden

Trotzdem arbeite ich eigentlich schon heute in Vollzeit. Ich bin von neun bis 18 Uhr an der Uni, meistens komme ich auf 40 bis 50 Wochenstunden. So ist das mit diesen Stellen: Du wirst für 65 Prozent bezahlt, musst aber mehr liefern. Wir haben auch Lehrverpflichtungen, geben Tutorien, betreuen Studenten, leiten Praktika. Ich habe es sogar ganz gut, manche Doktoranden bekommen auch nur 50 Prozent bezahlt. Meine Situation ist da fast schon Luxus. Ich lebe gut von dem Geld, was ich verdiene.

Meine Freundin und ich haben ein gemeinsames Haushaltskonto, auf das wir monatlich je 500 Euro einzahlen. Davon zahlen wir dann die Miete – 750 Euro mit allem Drum und Dran –, Lebensmittel und was sonst noch für die Wohnung anfällt. Es reicht vollkommen aus, um in einer Unistadt zu wohnen, Urlaub zu machen, so etwas.

Gelder aus verschiedenen Quellen

Unsere Arbeitsgruppe finanziert sich über Gelder der Uni, vom Land, Bund oder der EU. Unser Gehalt kommt also aus verschiedenen Töpfen. Wir haben zum Beispiel als Starthilfe einen sogenannten ERC Starting Grant in Höhe von zwei, drei Millionen Euro bekommen. Dafür mussten viele Anträge geschrieben werden – so viel Geld gibt es nicht häufig. Dazu kommen dann weitere Gelder, denn mit der Summe ein ganzes Labor neu aufzubauen, wird trotzdem knapp.

Wir betreiben in unserer Arbeitsgruppe sogenannte Quantenmeteorologie. Dabei kühlen wir Atome mit Lasern auf sehr, sehr tiefe Temperaturen. Dann lesen wir ihre Quanteneigenschaften aus, um sehr präzise Messungen vornehmen zu können. Wir versuchen zum Beispiel zu messen, wie elektrisch ein Quecksilberatom ist.

Diese Art der Grundlagenforschung geht zurück zum Ursprung des Universums und der Frage, wieso es überhaupt entstanden ist. Wir versuchen, eine Asymmetrie im Universum zu erklären; wieso damals so viel mehr Materie als Antimaterie entstand. Das kann bislang niemand erklären, auch wenn es viele Theorien dazu gibt. Einige davon können wir mit präzisen Atommessungen ausschließen oder bestätigen. Unter die Quantenmeteorologie fällt aber zum Beispiel auch das Bauen praktischer Atomuhren. So dass man bei ihrer Bedienung nicht mehr zwei Doktoranden, einen Postdoc und einen Professor braucht, um die Uhrzeit abzulesen.

Der eigene Chef sein

Es ist schon cool, dass Gelder für diese Grundlagenforschung da sind. Meine persönliche Meinung: Das ist Luxus. Wir sind unsere eigenen Chefs. Wir als Arbeitsgruppe entscheiden, woran wir forschen – und am Ende sind wir auch diejenigen, die das Geld ausgeben.

Unsere Arbeitsgruppe ist vergleichsweise klein. Bei uns gehen wöchentlich Bestellungen für etwa 5000 Euro raus. Wir kaufen aber auch mal Laser für 50000 Euro, einer hat mehr als 100000 Euro gekostet. Den hat allerdings mein Professor bestellt. Generell gilt hier: Bestellungen bis zu 3000 Euro können wir aufgeben, ohne Vergleichsangebote einzuholen. Bei höheren Beträgen müssen wir über das Rechnungswesen der Uni gehen, Angebote einholen, einen Begründungstext einreichen. Bei sehr hohen Beträgen geht das hoch bis zum Rektor. So etwas besprechen wir auch in der Gruppe.

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Beim Kauf von Gebrauchsgegenständen frage ich nicht nach, zum Beispiel, wenn es um Spiegel, Halter oder Optiken geht. Ich war schon im Bachelor und Master Teil von Arbeitsgruppen, daher hatte ich schon ein Gefühl für diese Summen, als ich meinen Doktor angefangen habe.

Stellen an der Uni meist befristet

Meine Stelle ist befristet. Ein sehr schneller Doktor in der Experimentalphysik dauert drei Jahre, meist sind es aber eher vier bis fünf. In Labors muss man zusätzliche Zeit einplanen: Mal liefert die Werkstatt nicht, mal geht etwas kaputt. Wir hatten auch schon einen Wasserrohrbruch.

Wenn ich fertig bin, muss ich mich entscheiden, ob ich in die freie Wirtschaft gehe oder in der Forschung bleibe. Spannend finde ich Zwischenlösungen, also Stellen an privaten Forschungsinstituten wie dem Forschungszentrum Jülich, dem Max-Planck- oder Fraunhofer-Institut. Diese Stellen sind sehr sicher. An der Uni arbeitet man dagegen in der Regel befristet. Wer eine permanente Stelle haben möchte, muss meistens eine Professur anstreben.

Gute Berufsaussichten nach Promotion

Ich lasse das alles auf mich zukommen. Die Berufsaussichten für einen promovierten Physiker sind gut. In meiner Arbeit habe ich schon fast alles gemacht: Rohre verlegt, simuliert, programmiert, mit Lasern gearbeitet, Daten analysiert. Da kommt viel zusammen, ich bin also breit aufgestellt. Auch in der Optik könnte ich gut arbeiten.

In der freien Wirtschaft kann man mit einem Master im Schnitt denke ich im Jahr 50000 Euro brutto verdienen, mit einem Doktor 65000. Die freie Wirtschaft ist dabei besser bezahlt, dafür ist die Uni familienkompatibel.