Kölner Unternehmen mahntOnlinehandel gerät durch Ukraine-Krieg unter Druck
Köln – Deutsche Online- und Versandhändler befürchten infolge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine massive Auswirkungen auf ihr Geschäft. Rund 62 Prozent von ihnen sehen sich mit stark steigenden Energiepreisen konfrontiert, wie aus einer Befragung des Branchenverbands BEVH unter seinen Mitgliedern hervorgeht. 53 Prozent klagen über die erheblich steigenden Einkaufspreise. Bei einem Drittel brechen Abnehmer und Aufträge wegen Lieferkettenprobleme weg.
Chaos in den globalen Lieferketten
„Die wirtschaftlichen Sorgen der deutschen Onlinehändler sind groß, die Probleme und Mehrkosten ziehen sich durch die gesamte Liefer- und Prozesskette“, sagt Frank Düssler, Sprecher des BEVH. „Dennoch stehen sie hinter den Sanktionen der westlichen Staatengemeinschaft und halten angesichts der Kriegsfolgen auch Verschärfungen für angemessen.“ Und das, obwohl gut die Hälfte der Unternehmen in der Umfrage angibt, keine Möglichkeit zu haben, kurzfristig auf den Krieg zu reagieren. Nur 27,1 Prozent suchen sich derzeit laut BEVH alternative Beschaffungs- und Vertriebswege.
„Der Krieg in der Ukraine hat noch mehr Chaos in die globalen Lieferketten gebracht“, sagt auch Jean-Marc Noël, Geschäftsführer des Kölner Unternehmens Trusted Shops, das Dienstleistungen für Internethändler anbietet. „Das ist für alle eine sehr schwierige Situation. Dabei waren schon die vergangenen zwei Pandemie-Jahre nicht einfach.“
Die Auswirkungen auf die Logistik sind derzeit vielfältig: Die Transportkapazitäten waren zuletzt ohnehin knapp und teuer, nun kommt erschwerend hinzu, dass geleaste Flugzeuge teilweise in Russland feststecken. Außerdem müssen europäische und US-amerikanische Flugzeuge den russischen Luftraum umfliegen, wodurch sich gerade auf dem Weg nach Asien die Strecken deutlich verlängern. „Wir gehen davon aus, dass sich die Preise in der Logistik weiter erhöhen werden“, sagt Noël.
Folgen für gesamtwirtschaftliche Entwicklung befürchtet
Mehr als vor den Auswirkungen auf ihre Betriebe fürchten sich die Onlinehändler dem BEVH zufolge jedoch vor den Folgen für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung. 12,7 Prozent erwarten eine Rezession in Deutschland, weitere 48,3 Prozent sehen den wirtschaftlichen Erholungsprozess dauerhaft unterbrochen. Der Rest erwartet eine Verlangsamung der wirtschaftlichen Erholung. „Kein einziges Unternehmen glaubt, dass sich die Erholung der deutschen Wirtschaft unverändert fortsetzt“, heißt es in einer Mitteilung.
Das könnte Sie auch interessieren:
Ein weiteres Problem droht von ganz anderer Seite: „Viele E-Commerce-Unternehmen machen sich gerade Gedanken um den Schutz ihrer Systeme“, sagt Noël. Hacker-Angriffe hätten bereits zugenommen. Das Thema Cybersicherheit sei seit der russischen Invasion in die Ukraine in den Fokus gerückt. Deutsche Sicherheitsbehörden warnen schon länger vor drohenden Cyberattacken.
Der Onlinehandel befindet sich nach zwei Corona-Jahren in einer besonderen Situation. Die Pandemie hat den Umsätzen einen starken Schub verschafft. Expertinnen und Experten rechnen jedoch damit, dass sich das Wachstum nun erst einmal abbremsen wird. Zahlen zum ersten Quartal veröffentlicht der BEVH Anfang April.