Der Generation Z ist ihr Schlaf heilig: Dieser Trend ist zumindest in den USA zu beobachten und wird durch Social Media befeuert. Gesund ist das nicht unbedingt.
Generation ZubettgehenPartys feiern bis in den Morgen gefällt immer weniger jungen Menschen
Abends ausgehen und die Nacht zum Tag machen – das gehörte bislang zu den besten Seiten am Jungsein. Nicht aber für die Generation Z – junge Erwachsene, die heute zwischen 18 und Ende 20 sind. Denn die geben dem Schlaf den Vorrang. Sie sehen es als Teil einer Gesundheitsroutine, früh zwischen die Laken zu schlüpfen, und verzichten dafür gerne auf den einen oder anderen Drink nach Feierabend oder am Wochenende.
Zumindest für die USA ist dieser Trend gut belegt. US-Amerikaner und -Amerikanerinnen in ihren Zwanzigern schlafen immer länger, berichtete das „Wall Street Journal“ jüngst und berief sich auf eine Auswertung von Daten des „American Time Use Survey“. So verbrachten junge Leute 2022 durchschnittlich neun Stunden und 28 Minuten pro Nacht im Bett, rund 47 Minuten mehr als noch 2010. In der Gruppe der 30- bis 50-Jährigen gab es nur kleinere Zuwächse bei der Schlafenszeit. Daten eines Herstellers smarter, also digital überwachter Betten, hatten laut „Wall Street Journal“ ergeben, dass die 18- bis 34-Jährigen in diesem Januar im Durchschnitt um 22.06 Uhr schlafen gingen, zwölf Minuten früher als noch im Januar vor einem Jahr.
Dabei legen sich die jungen Menschen offenbar nicht deshalb so früh hin, weil sie müde sind. Wie aus dem Artikel des „Wall Street Journal“ hervorgeht, handelt es sich vielmehr um eine Art Lifestyle-Entscheidung und einen Trend, den sogar bereits die Gastronomie erkannt hat. So berichtete eine 19-Jährige der Zeitung, wie sie selbst im Studierendenwohnheim an ihrer 21.30-Bettzeit-Routine festgehalten habe und dass andere dies inzwischen „cool“ finden würden. Eine andere junge Frau erzählte, dass sie am liebsten um 21 Uhr ins Bett gehe und sich daher schon um 17 oder 18 Uhr verabrede, wenn sie Bekannte sehen wolle.
Und sie scheint nicht die Einzige zu sein: Reservierungen in Bars und Restaurants zwischen 16 und 18 Uhr haben in den USA stark zugenommen, Buchungen zu späterer Zeit nehmen ab. Eine New Yorker Bar hatte sogar die Silvesterfeier in die frühen Abendstunden vorverlegt. Gäste konnten eher auf das neue Jahr anstoßen, damit „alle um 23 Uhr im Bett sein konnten“, wie die Besitzerin dem „Wall Street Journal“ erklärte.
In Deutschland gibt es eine aktuelle Erhebung von Statista zur Schlafenszeit in den verschiedenen Altersgruppen. 18- bis 29-Jährige schlafen demnach mit 512 Minuten (acht Stunden und 32 Minuten) pro Nacht ebenfalls relativ lange. Ob auch bei uns die Schlafenszeit zunimmt, ist noch nicht klar – es wäre aber gut möglich, vor allem, wenn der Trend über die sozialen Netzwerke befeuert wird.
Sozialer Rückzug inbegriffen
Konzerte, Kino, Tanzen – nicht alles, was abends stattfindet, kann man auch tagsüber machen. Wer die Schlafenszeit ausdehnt, verpasst auch etwas. Der Trend kommt einem sozialen Rückzug gleich. Das scheint die Fans der neuen Schlafkultur aber nicht zu stören, im Gegenteil. Eine junge Frau bestätigte gegenüber dem „Wall Street Journal“, dass sie weniger ausgehe, dadurch aber viel Geld sparen würde. Aber tut die Generation Z auch ihrer Gesundheit etwas Gutes?
Nicht unbedingt. So sagt zum einen die Schlafdauer nichts über die Qualität des Schlafes aus. Gerade jüngere Menschen haben heute oft einen schlechten Schlaf. In Deutschland schlafen 27 Prozent der 18- bis 24-Jährigen schlecht, hat eine YouGov-Umfrage im Auftrag des Pharmakonzerns Bayer ergeben.
Der Wert ist höher als in allen anderen Altersgruppen. Eine mögliche Erklärung liefert die Erhebung gleich mit: 60 Prozent der jungen Erwachsenen nutzen bis kurz vor dem Schlafengehen elektronische Geräte oder lassen sie sogar währenddessen laufen. Davon raten Schlafexperten und -expertinnen ab, weil es sich negativ auf den Schlaf auswirken kann.
Vielleicht schlafen junge Menschen sogar deshalb so lang, weil sie schlecht schlafen – und sollten es besser mit Digital Detox versuchen.
Zudem sind die Schlafzeiten aus den USA bereits grenzwertig: So gilt zwar zu wenig Schlaf als ungesund, zu viel aber auch. Studien haben gezeigt, dass zu langer Schlaf die kognitiven Fähigkeiten beeinträchtigen kann und das Risiko für Bluthochdruck, Zucker- und Fettstoffwechselstörungen erhöht. Menschen, die länger als sechs, aber weniger als acht Stunden schliefen, hatten hingegen die besten Blutwerte. Laut der Stiftung Deutsche Depressionshilfe können lange Bettzeiten zudem bei Menschen mit psychischen Problemen depressive Symptome verschlimmern.
Prozent der 18- bis 24-Jährigen in Deutschland schlafen schlecht. Das ist das Ergebnis einer Umfrage von YouGov.
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