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OhrgeräuscheWie Tinnitus und Hörsturz sich behandeln lassen

Lesezeit 10 Minuten
Eine Frau greift mit den Händen an den Kopf

Tinnitus und Hörsturz: Was ist der Unterschied? Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?

Rund drei Millionen Deutsche leiden unter Ohrgeräuschen. Für viele ist dabei nicht klar, ob es sich um einen Tinnitus oder einen Hörsturz handelt. Wir klären auf, wie Sie den Unterschied erkennen.

Plötzlich ist ein Klingeln im Ohr zu hören: Das muss ein Tinnitus sein. Oder ist es doch ein Hörsturz? Das Krankheitsbild bei Ohrgeräuschen und einem Hörsturz hat so einige Gemeinsamkeiten. Doch dieselbe Erkrankung ist es nicht.

Was ist ein Tinnitus?

Wenn ein Ohrgeräusch über einen längeren Zeitraum oder ständig zu hören ist, spricht man von einem Tinnitus. Das Ohrensausen oder Ohrenklingeln kommt dabei nicht aus der Umgebung, sondern wird vom Körper selbst verursacht. Ärztinnen und Ärzte gehen davon aus, dass Nervenbahnen fehlgeschaltet oder Haarzellen des Innenohres geschädigt sind und folglich falsche Signale an das Gehirn senden.

Der Tinnitus gelte daher als ein Phantomreiz, erklärt Birgit Mazurek von der Charité Berlin im „Tinnitusratgeber“. Häufig tritt ein Tinnitus im Zusammenhang mit Hörstörungen auf, wie Schwerhörigkeit oder einem Hörsturz; er kann aber auch unabhängig davon auftreten.

Fachleute unterscheiden zwischen einem subjektiven Tinnitus, bei dem nur der oder die Betroffene den Tinnitus hört, und einem objektiven Tinnitus. Hier ist das Geräusch auch von außen tatsächlich zu hören und wird zum Beispiel durch Blutströmungen in Gefäßen verursacht. Diese Form ist allerdings äußerst selten.

Von einem akuten Tinnitus wird bei einer Länge von bis zu drei Monaten gesprochen, danach gilt das Geräusch als chronisch. Nach der Deutschen Tinnitus-Liga leiden circa drei Millionen Menschen in Deutschland an Ohrgeräuschen. Das Ohrgeräusch selbst ist ebenso individuell wie die Lautstärke.

Was ist der Unterschied zwischen einem Tinnitus und einem Hörsturz?

Der Tinnitus ist im Gegensatz zum Hörsturz keine eigenständige Krankheit. Der Tinnitus tritt häufig im Zusammenhang mit einem Hörsturz auf, muss aber nicht. Ein Tinnitus ist ein Symptom und eine Hörempfindung, ein Hörsturz hingegen eine Erkrankung. Ein Tinnitus löst zudem keinen Hörsturz aus. Ohrgeräuschbetroffene müssen daher nicht mit einem Hörsturz rechnen, wenn sie einen Tinnitus haben.

Was sind die Symptome beim Tinnitus?

Ein Tinnitus ist laut Mazurek keine Krankheit, sondern vielmehr ein Symptom, das unterschiedliche Ursachen haben kann. Bei einer Krankheit muss die Ursache gefunden werden, bei einem Symptom kann dies häufig nicht klar festgestellt werden. Daher wird sich bei der Behandlung auf das Symptom, also das Ohrgeräusch, fokussiert.

Wie sich ein Tinnitus im Ohr anhört, ist sehr unterschiedlich. Es kann ein Brummen, Kratzen, Surren oder Klackern, Hämmern, Kratzen oder Piepen sein. Genauso kann das Gehörte rhythmisch oder gleichbleibend auftreten und laut oder leise sein. Es kann auf einem oder beiden Ohren vorkommen. Im Zusammenhang mit dem Geräusch kann auch Schwindel oder ein schlechteres Hören eintreten, was zum Beispiel durch einen Hörsturz geschieht.

Was sind die Ursachen eines Tinnitus?

Wieso ein Tinnitus auftritt, kann viele Gründe haben. Laut dem Deutschen Berufsverband der Hals-Nasen-Ohrenärzte sind die Ursachen für Ohrgeräusche noch nicht abschließend geklärt. Häufig ist eine Schädigung des Innenohres der Auslöser.

Auftreten kann ein Tinnitus nach oder während einer Phase mit starkem Stress oder einem einschneidenden emotionalen Erlebnis. Bei Stress kann es zu einer Überaktivität des Hörzentrums im Gehirn kommen. Hierbei kann es passieren, dass Gehirnstrukturen neu vernetzt werden, welche zum Beispiel für Stress oder Emotionen verantwortlich sind. Dadurch kann die Eigenaktivität des Hörzentrums als Geräusch wahrgenommen werden, so das Universitätsspital Zürich (USZ). Der Tinnitus kann aber auch selbst zusätzlichen Stress auslösen.

Laute Konzerte können die Sinneszellen im Ohr zeitweise schädigen. Regelmäßig laut Musik zu hören, kann sogar dauerhaft das Gehör schädigen und einen Tinnitus verursachen. Ein lauter Knall kann zu einem Knalltrauma und daraufhin zu einem dauerhaften Ohrgeräusch führen – genauso wie Erkrankungen und Infektionen des Ohres wie eine Mittelohrentzündung. Im Anschluss eines Hörsturzes tritt ein Tinnitus zudem häufig auf.

Genauso kann es zu einem Tinnitus kommen, wenn das Druckverhältnis im Ohr verändert wird – wie beim Fliegen oder bei einer Erkältung. Hierbei ist die Verbindung vom Mittelohr zum Rachen blockiert und wird nicht belüftet. Auch wenn der Gehörgang durch Ohrenschmalz oder einen Fremdkörper verstopft ist, kann ein Ohrgeräusch entstehen. Muskelverspannungen beispielsweise an der Halswirbelsäule können ebenfalls eine Ursache sein.

Wer bekommt Tinnitus und in welchem Alter?

Betroffene gibt es in allen Altersgruppen, doch steigt das Risiko eines Tinnitus mit dem Alter an. Besonders häufig betroffen sind Menschen zwischen 40 und 50 Jahren. Oft tritt ein Tinnitus auch mit dem Alter durch eine eintretende Schwerhörigkeit auf. Immer mehr jüngere Menschen klagen hingegen über Ohrgeräusche, so der Bundesverband der HNO-Ärzte. Grund dafür können laute Hobbys sein, wie Konzerte besuchen oder laut Musik hören.

Ist ein Tinnitus gefährlich?

Grundsätzlich ist ein Tinnitus nicht gefährlich, auch wenn es auf die Betroffenen so wirken kann. Es gilt als gutartiges Symptom und ist nicht lebensbedrohlich. Es können allerdings weiterführende Beschwerden auftreten wie Schwindel, Depressionen oder Schlafstörungen, so das USZ. Die Folgeerkrankungen können weiteren Stress auslösen und den Tinnitus damit verstärken.

Wie beeinträchtigend ist ein Tinnitus, und was macht er mit der Psyche?

Die Beeinträchtigung im Leben von Betroffenen wird unterschiedlich wahrgenommen und hängt von der Ausprägung des Tinnitus ab. Der Mensch hat die Fähigkeit, sich an wiederkehrend auftretende Reize zu gewöhnen. Dies nennt sich Habituation (Gewöhnung). Viele Menschen gewöhnen sich an das Geräusch und nehmen es kaum noch wahr, andere empfinden es hingegen als sehr belastend. Es kann den Schlaf beeinträchtigen oder zu Konzentrationsschwierigkeiten führen.

Menschen ziehen sich oft aus ihrem sozialen Leben zurück und es kann zu psychischen Störungen und Ängsten kommen. Bei einigen Personen können die psychischen Begleitkrankheiten das Leben stark einschränken, bis hin zu einer Berufsunfähigkeit.

Fünf Schwergrade

Grundsätzlich kann der Tinnitus anhand von verschiedenen Schweregraden unterschieden werden. Der Deutsche Berufsverband der Hals-Nasen-Ohrenärzte definiert diese so:

Grad eins: Der Tinnitus ist gut kompensiert, kein Leidensdruck.

Grad zwei: Der Tinnitus tritt hauptsächlich bei Stille auf und wirkt störend bei Stress und Belastungen.

Grad drei: Der Tinnitus führt zu einer dauernden Beeinträchtigung im privaten und beruflichen Bereich. Es treten Störungen im emotionalen, kognitiven und körperlichen Bereich auf.

Grad vier: Der Tinnitus wird nicht mehr dekompensiert im privaten Bereich. Die körpereigene Regulation setzt also nicht ein und beeinträchtigt das private wie das berufliche Leben stark. Dies kann bis zur Berufsunfähigkeit führen.

Was sollte man tun, wenn ein Tinnitus auftritt?

Bei einem akuten Tinnitus, welcher nicht mehr verschwindet, sollte ein Hals-Nasen-Ohren-Arzt oder eine Hals-Nasen-Ohren-Ärztin aufgesucht werden. Eine medizinische Untersuchung und Beratung ist wichtig. Allerdings sollten die Betroffenen dem Geräusch nicht zu viel Beachtung schenken und absolute Stille meiden.

Beim Arzt werden meist verschiedene Untersuchungen durchgeführt, um die Ursache für die Ohrgeräusche zu finden. Verschiedene Hörtests können durchgeführt werden und auch eine Analyse des Tinnitusgeräusches ist beim Arzt möglich, die die Frequenz und Lautstärke des Ohrensausens bestimmen.

Wie kann ein Tinnitus behandelt werden?

Zuerst ist es wichtig, die Ursache des Ohrensausens festzustellen. Viele Ursachen beim akuten Tinnitus können behandelt oder gar behoben werden, so die Deutsche Tinnitus-Liga. Doch auch mit einem chronischen Tinnitus lässt sich ein angenehmes Leben führen, indem die Geräusche minimiert oder zumindest gelernt wird, sie zu überhören. Eine ausführliche Aufklärung und Beratung vom Arzt ist hierbei wichtig.

Bei der Behandlung hängt die Therapie sowohl vom Grad der Beeinträchtigung, als auch von der zeitlichen Länge ab, die ein Tinnitus bereits zu hören ist. Die Tinnitus-Liga empfiehlt beispielsweise eine Kortisontherapie bei einem akuten Tinnitus. Wirkliche Medikamente gegen den Tinnitus gibt es allerdings nicht.

Allgemein hilft es, den Tinnitus besser zu verstehen und ihn akzeptieren zu lernen. Dabei können verschiedene Therapien wie Musik- oder Hörtherapien helfen, auch Hörgeräte, autogenes Training oder Stressbewältigungsstrategien werden von Ärztinnen und Ärzten eingesetzt. Zudem ist eine psychotherapeutische Betreuung sinnvoll. Dies gilt ebenfalls für einen chronischen Tinnitus. Auch möglich ist, dass das Geräusch von ganz allein verschwindet.

Zudem kann die eigene Selbstheilung durch Ruhe und positive Gedanken vorangetrieben werden. Der Berufsverband betont, dass es wichtig ist herauszufinden, was einem gut tut. Ausdauersport und Hobbys sind wichtig, damit dem Geräusch nicht zu viel Raum im Leben gegeben wird.

Wie funktioniert die Tinnitus-Bewältigungs-Therapie?

Eine bekannte Therapie ist die Tinnitus-Bewältigungs-Therapie (TBT). Hierbei wird Tinnitus als ein Warnehmungsproblem gesehen. Es beruht auf der Erkenntnis, dass der Tinnitus auch eine Folge von Veränderungsprozessen im Gehirn ist, speziell von Hörbahnbereichen. Die Therapie umfasst zum einen das Councelling, eine Art Beratung, die den Schwerpunkt darauf legt, den Tinnitus und die Ursachen besser zu verstehen. Zudem wird an Denk- und Verhaltensweisen gearbeitet, um dem Geräusch besser zu begegnen. Außerdem werden weitere Therapieformen oder Hörgeräte eingesetzt, um den Tinnitus zu überdecken.

Ziel ist es, dass der Tinnitus vom Betroffenen oder von der Betroffenen nicht mehr aktiv wahrgenommen wird.

Was kann einen Tinnitus verschlimmern?

Stress und Ängste können den Tinnitus verstärken, da sie auch gleichzeitig Gründe für das Ohrgeräusch sein können. Ebenso können Alkohol- und Tabakkonsum sowie Überbeanspruchung des Ohres das Geräusch verschlimmern. Aber auch vollständige Stille und ein sozialer Rückzug sind nicht förderlich, denn die Sensibilisierung kann die Wahrnehmung oft verstärken, so der Berufsverband der HNO-Ärzte.

Wie kann ich einem Tinnitus vorbeugen?

Eine wirkliche Vorsorge gibt es nicht. Sich nicht zu viel Lärm und Stress auszusetzen, kann aber vorbeugend wirken. Gelassener und entspannter mit Stresssituationen umzugehen, ist hilfreich, wie auch das Tragen von Gehörschutz auf Konzerten. Auch stundenlanges Musikhören über Kopfhörer gilt es zu vermeiden.

Was ist ein Hörsturz?

Ein Hörsturz, oder auch Ohrinfakt genannt, ist eine plötzliche Hörminderung oder ein kompletter Hörverlust auf meist einem Ohr. Betroffene schildern es oft als ein gedämpftes Gefühl, wie Watte im Ohr zu haben. Oft begleitet wird diese Erkrankung von Ohrgeräuschen, dem Tinnitus oder Schwindel und einem Druckgefühl im Ohr, erklärt die Deutsche Tinnitus-Liga. Bei circa der Hälfte der Betroffenen regeneriert sich das Gehör selbst nach ein paar Stunden oder Tagen. Doch die Beschwerden können auch anhalten. Betroffen sein können Menschen in jedem Alter. Die meisten Erkrankten sind allerdings circa 50 Jahre alt.

Was ist die Ursache eines Hörsturzes?

Die Ursache ist wie beim Tinnitus nicht immer zu finden. Laut dem Bundesverband der HNO-Ärzte ist oft die Durchblutung des Innenohres durch diverse Gründe gestört. Dadurch können Sinnes- und Haarzellen des Ohres geschädigt werden. Diese leiten somit die Schallwellen nicht mehr richtig weiter. Stress kann auch hier ein zentraler Faktor bei der Entstehung eines Hörsturzes sein. Auch die Wirbelsäule ist eine mögliche Ursache, wenn zum Beispiel ein Unfall erlitten wurde. Genauso kann eine Explosion zu dem plötzlichen Hörverlust führen.

Auch durch eine Entzündung oder Stoffwechselerkrankung kann die Durchblutung gestört werden. Zu den Risikofaktoren zählen unter anderem Bluthochdruck, Rauchen und Diabetes.

Wie wird ein Hörsturz festgestellt und wie wird er behandelt?

Wenn der Hörverlust länger als zwei Tage anhält, sollten Betroffene einen Arzt oder eine Ärztin aufsuchen. Hier wird eine Ohruntersuchung und ein Hörtest durchgeführt, um eine Diagnose zu stellen. Danach kann der Hörsturz weiterbehandelt werden.

Es wird häufig Kortison als Infusion verabreicht, um die Durchblutung zu fördern und das Innenohr zu schützen. Falls keine Verbesserung nach fünf bis zehn Tagen beim Hören zu merken ist, kann das Mittelohr durch eine Spritze auch direkt mit Kortison versorgt werden, erklärt die Tinnitus-Liga. Man sollte sich außerdem ausruhen.

Durch eine frühe Behandlung kann das Hörvermögen meist völlig zurückgewonnen werden. Oft regeneriert sich das Gehör aber auch selbst. Falls das nicht passiert, werden beispielsweise Hörgeräte eingesetzt, um den Hörverlust auszugleichen. Es kann auch dazu kommen, dass ein Tinnitus nach einem Hörsturz zurückbleibt.

Wenn der Hörsturz eine Folgeerkrankung ist, wie bei einem Schleudertrauma, muss zudem die eigentliche Krankheit behandelt werden.

Ist ein Hörsturz gefährlich?

Ein Hörsturz sollte ernst genommen werden, ist aber nicht lebensgefährlich. Ein Arzt sollte Erkrankte untersuchen und behandeln. Vor allem ist wichtig, keine Panik zu bekommen, da Stress den Hörsturz noch verstärken kann.

Was kann ich selbst gegen einen Hörsturz tun?

Es gibt einige Maßnahmen, die man selbst ergreifen kann bei einem Hörsturz. Sich dem eigenen Wohlbefinden zuwenden und sich in Entspannungstechniken zu üben, kann besonders bei einem durch Stress hervorgerufenen Hörsturz helfen. Auch helfen die Übungen in Zukunft, stressige Situationen gelassener hinzunehmen. Es ist wichtig, sich nicht weiter unter Stress zu setzen und sich zu erholen. Progressive Muskelentspannung kann beispielsweise viel bewirken. Durch mehr Ruhe und ein positiveres Denken wird die Selbstheilung angeregt. Auch körperliche Bewegung tut gut, genau wie das Zusammensein mit Freunden oder der Familie.

Alkohol, Koffein und Zigaretten möglichst zu vermeiden, genau wie Lärm und laute Musik kann zusätzlich hilfreich sein.


Dieser Text gehört zur Wochenend-Edition auf ksta.de. Entdecken Sie weitere spannende Artikel auf www.ksta.de/wochenende.