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Rückbesinnung auf das UrsprünglicheWas wir von amerikanischen Wüsten-Gärtnern lernen können

Lesezeit 4 Minuten
Illustration: Kakteen, Sukkulenten und Palmen in einem Garten.

Gärtner und Gärtnerinnen können auch hierzulande vom Wüstengärtnern lernen, sagt Landschaftsggärtner-Expertin Claudia Blaurock.

In manchen Teilen der USA setzen Menschen auf eine Gartengestaltung, die an wüstenähnliches Klima angepasst ist. Wäre das etwas für Deutschland?

Kein Rasen, stattdessen Kakteen und Sukkulenten mit fleischigen Blättern: Das sind typische Elemente des sogenannten Xeriscapings, einer Form des Gärtnerns, die derzeit in den USA an Beliebtheit gewinnt. „Die Idee dahinter ist es, die lebensraumangepasste Bepflanzung wiederherzustellen“, sagt Claudia Blaurock, Fachsprecherin für Pflanzenverwendung beim Bund Deutscher Landschaftsarchitekten und Dozentin am Institut für Landschaftsarchitektur der TU Dresden. „In Kalifornien, New Mexico oder Texas hat man auf die ursprüngliche Landschaft eine künstliche obendrauf gesetzt, die unheimlich viel Wasser braucht“, sagt sie. In den letzten Jahren gab es aber extreme Dürreperioden. So lag es nahe, Wasser im Garten zu sparen.

Wüstenbewohner: Nur bedingt für ein Leben bei uns geeignet

„Wir haben auch Dürreperioden, allerdings nicht in dem Ausmaß wie in den USA“, sagt Blaurock. „Und Wüstenpflanzen sind bei uns keine heimischen Pflanzen.“ Entsprechend bringen manche von ihnen nicht die Eigenschaften mit, um im hiesigen Klima zu bestehen. „Etwa Kakteen oder Aloe Vera speichern viel Wasser. Das macht sie frostanfällig“, sagt Blaurock.

Abgesehen davon sollte auch die Biodiversität eine Rolle spielen: „Bei uns gibt es kaum Insekten, die Pflanzen wie Sukkulenten oder Kakteen als Wirtspflanze nutzen.“ Was vielen Wüstenpflanzen zudem fehlt, ist Blattmasse und damit die Fähigkeit zur Verdunstung. Gerade in der Stadt ist diese Eigenschaft aber von großer Bedeutung: „Verdunstung entzieht der Luft Wärme.“

Innerstädtisch braucht es stabile Pflanzungen

Trotzdem gebe es viel, was Gärtner und Gärtnerinnen hierzulande vom Wüstengärtnern lernen können, findet Blaurock. Allen voran: „Wir brauchen innerstädtisch keine Schmuckbeetpflanzungen, sondern Pflanzungen, die stabil sind und sich selbst tragen können.“ So sei es wichtig, für jeden Standort die richtigen Pflanzen zu finden.

Als sinnvoll erachtet sie zudem die fürs Xeriscaping typische Rückbesinnung auf das Ursprüngliche: „Wir haben hier selten unberührten Boden. Oft wird der Boden für einen Garten großzügig ausgekoffert, die Erde weggebracht und neue Erde vom Feld geholt.“ Besser sei es, mit dem Boden vor Ort zu arbeiten und das Beste aus ihm herauszuholen. „Als Start können Gartenbesitzer Grünschnitt als organischen Beisatz zugeben, später sollten sie eine Mulchschicht auftragen und die Pflanzen dem Standort entsprechend auswählen“, sagt Blaurock. „So erhält man mit wenig Aufwand stabile Pflanzen.“

Als Beispiel nennt sie das Dresdner Elbtal. „Im Elbtal gibt es sehr sandige, kiesige, nährstoffarme und trockene Böden. Trotzdem wachsen hier viele Pflanzen, die extrem viele Insekten anziehen, etwa Sonnenhut, Schafgabe, Gräser, Kräuter, Wolfsmilchgewächse und Sedumarten wie Fetthenne und Mauerpfeffer, die zu den Sukkulenten gehören.“

Kies ist wichtig – und mit Schotter hat das nichts zu tun

Eine Besonderheit sind extensive Dachbegrünungen: Hier gibt es keinen ursprünglichen Boden. „Und die Pflanzen haben dort meist nur sehr wenig Substrat, das entsprechend nur wenig Speicherkapazität besitzt“, sagt Blaurock. „Deshalb ist dort oft ein Sedumartenreichtum drauf zu sehen, wo man heimische und nicht heimische Arten miteinander kombinieren kann.“

Ein weiteres Gestaltungselement beim Xeriscaping ist Kies. „Viele Menschen glauben, dass das in Richtung Schottergärten geht, die natürlich einen schlechten Ruf haben“, sagt die Landschaftsarchitektin. Aber während in einem Schottergarten Pflanzen keine Rolle spielen, stärkt der Splitt beim Xeriscaping den Pflanzenbestand. „Sinnvoll ist es, eine Splittmulchschicht von etwa sieben Zentimetern aus hellem Gestein“, sagt Blaurock. „Sie schützt den Boden vor Wasserverlust und reflektiert die Sonne. Wenn man dabei Kalksteine nimmt, hat man gleich noch eine Düngung für den Boden.“ Damit stellen die Steine eine gute Alternative zum sonst gerne genutzten Rindenmulch dar, der Boden eher übersäuere.

Rasen ist toll – muss aber vielleicht nicht fußballfeldgroß sein

Ganz auf den Rasen zu verzichten, wie beim Wüstengärtnern üblich, muss nicht sein: „Ein Rasen ist wunderbar, er bietet Spielfläche und Erholung“, sagt Blaurock. „Die Frage ist aber, wie groß er sein muss. Vielleicht lässt sich ein Teil für eine wilde Wiese nutzen.“ Und auch in den Beeten darf sich etwas ändern – als Erstes am besten an einer südseitig gelegenen Fläche: „Ich empfehle, dafür eine Packung Kalkstein zu besorgen, säureliebende Pflanzen in ein anderes Beet auslagern und stattdessen Lavendel, Salbei, Ziersalbei, Minze, Zitronenmelisse, Oregano oder Euphorbien einzusetzen.“

Sie würde „einfach mal in die Vollen gehen und zuschauen, was sich im Beet verändert“, sagt Blaurock. „Es wird summen, surren und duften, dass es eine Freude ist.“


Dieser Text gehört zur Wochenend-Edition auf ksta.de. Entdecken Sie weitere spannende Artikel auf www.ksta.de/wochenende.