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Witz, komm rausWie man lernen kann, lustig zu sein

Lesezeit 5 Minuten
Illustration: Fünf lachende Menschen sitzen um einen Tisch herum.

Was ist Humor? Darauf gibt es viele kulturhistorische Debatten.

Kennen Sie den? „Sagt der Hamster zum“– und dann zündet die Pointe leider nicht. Humor ist, wenn man trotzdem lacht. Kann man lernen, witzig zu sein?

Als sich Richard Wiseman 2001 vornahm, den besten Witz der Welt zu finden, konnte der Psychologieprofessor kaum ahnen, dass er damit einmal im Guinness-Buch der Rekorde landen würde. Doch mehr als 350?000 Menschen aus 70 Ländern folgten seinem Aufruf: Sie sandten 40?000 Witze ein – und bewerteten diese anschließend auf einer Fünf-Punkte-Skala. Die Aktion „Laugh Lab“ (Lachlabor) wurde so zu einem der größten Forschungsprojekte der damaligen Zeit.

Dabei war Wisemans eigentliches Ziel, mehr über den Humor in unterschiedlichen Gesellschaften herauszufinden – zu jener Zeit eine Forschungslücke.

Männer machen Witze, um Frauen zu erobern. Humor ist da der Pfauenschweif der Menschen
Tabea Scheel,Humorforscherin

Doch was ist Humor? Wie unterschiedlich Menschen den Begriff definieren, verdeutlicht eine Studie aus dem Jahr 2006: Sowohl Männer als auch Frauen gaben darin an, dass ihnen ein guter Sinn für Humor bei ihrer Beziehungsperson wichtig sei. Sie verstanden darunter allerdings komplett unterschiedliche Dinge: Frauen fanden demzufolge Männer humorvoll, die gute Witze erzählten. Männer schrieben hingegen Frauen einen guten Sinn für Humor zu, sofern diese über die Witze der Männer lachten. Männer machen Witze – Frauen schätzen sie wert. Noch heute zeigen sich ähnlich klischeebeladene Ergebnisse. Warum nur?

„Dazu führt eine gehörige Portion Sozialisation“, sagt Humorforscherin Tabea Scheel. Männern werde beigebracht, den Raum einzunehmen und Witze zu erzählen. „Und Frauen lernen, dass sie freundlich sein, zuhören und lachen sollen.“ Dafür finden Forschende unterschiedliche Erklärungsansätze. Die Evolutionstheorie besagt: Frauen bekommen Nachwuchs und müssen deshalb genau darauf schauen, mit wem sie sich zusammentun.

Humor ist mit Intelligenz und somit Fitness verbunden und erhöht die Wahrscheinlichkeit für gute Gene. „Männer machen demnach also Witze, um die Frauen zu erobern“, sagt Scheel. „Humor ist da der Pfauenschweif der Menschen.“ Doch hat die Evolutionstheorie wirklich Bestand?

Humorspirale für zwischenmenschliche Beziehungen

Wer sie etwa auf gleichgeschlechtliche Paare oder aromantische Menschen anwenden will, stößt an ihre Grenzen: „Zwei Frauen müssten ja permanent darauf warten, dass die andere einen Witz erzählt“, sagt die Humorforscherin. Und so kamen Forschende auf die „Interest-signaling Theory“: Menschen setzen Humor ein, um Interesse an anderen Personen zu vermitteln. „Ich mache Witze, schaue, wie der andere Mensch reagiert, ob er lächelt und mich sympathisch findet“, erklärt Scheel. So kann sich dann eine Art Humorspirale ergeben – und eine zwischenmenschliche Beziehung aufbauen.

Denn Humor kann wie ein sozialer Kleber funktionieren. Er macht sympathisch, stärkt die Widerstandskraft und kann sich positiv auf die psychische Gesundheit auswirken. Humorvolle Menschen erfahren außerdem oft mehr soziale Unterstützung als andere. Kein Wunder, dass Humor eine so begehrte Eigenschaft ist.

Was eine Geschichte lustig macht, ist der Überraschungsfaktor. „Zu Humor gehört immer eine gewisse Form der Inkongruenz, also etwas, das nicht zusammenpasst“, erklärt Scheel. Diese unerwartete Wendung nennen wir dann Pointe oder Punchline. Trotzdem lachen nicht alle Menschen über dieselben Witze. „Der hat keinen guten Humor“, denken oder sagen wir dann. Tatsächlich hat der kanadische Humorforscher Rod A. Martin vier Hauptsorten von Humor ausgemacht, die er in „negativen“, weil bösartigen Humor, und „positiven“, also wohlwollenden Humor, einteilt.

„Guter“ Humor geht laut Martin positiv und liebevoll mit sich und anderen Menschen um: Dazu gehören selbstaufwertender und sogenannter sozialer Humor. „Mit anderen lachen, Humor teilen, sich Witzchen erzählen, Teamhumor, Situationskomik, eine neckische Bemerkung – all das zählt zu sozialem Humor“, sagt Scheel. Diese gute Seite von Humor ist teilweise genetisch bedingt – und meist auch harmlos.

Anders sieht das bei den negativen Humorformen aus: Der selbstabwertende und der aggressive Humorstil können Schaden anrichten. Sie machen entweder die eigene Person oder andere Menschen lächerlich. „Wenn wir einer Person einen Spruch reindrücken, der nicht einmal böse gemeint sein soll, aber nicht witzig ankommt – dann ist das meist aggressiver Humor“, sagt Scheel. Sexistische Witze oder Sprüche gegen bestimmte Menschengruppen fallen ebenfalls in den Bereich des aggressiven Humors.

Generell mögen verschiedene Menschen unterschiedliche Humorstile – und beherrschen sie auch unterschiedlich gut. Männer erzählen eher klassische Witze und mögen aggressiven Humor. Frauen neigen hingegen dazu, eher selbstabwertende Witze zu machen, damit andere sie mögen, oder setzen auf Situationskomik und sozialen Humor. Das hängt laut Scheel auch mit dem geringeren Selbstwert vieler Frauen zusammen.

Die Vorstellungen über guten Humor sind jedoch nicht nur abhängig vom Geschlecht, sondern unterscheiden sich auch nach Kultur. Führungskräfte in China sollten eher selbstabwertenden Humor haben, um sympathisch zu wirken – in den USA dominiert hingegen aggressiver Humor.

Humor erfordert Intelligenz, Kreativität und schnelles Denken

Doch unabhängig von Nationalität und Geschlecht bekommen nicht alle Menschen dieselbe Veranlagung für Humor in die Wiege gelegt. Humor erfordert eine gewisse Intelligenz, Kreativität und schnelles Denken. „Gerade für politische Witze braucht es ein gutes Wissen über die Welt“, sagt Scheel. Zünden Witze manchmal nicht, kann das daran liegen, dass eine gemeinsame Wissens- und Erfahrungsgrundlage fehlt. Scheel sagt aber auch: Witzigsein kann man lernen.

Ein erster Schritt ist es, zu merken, in welchen Situationen man lustiger hätte reagieren können. „Das hat dann viel mit Umdenken im Kopf zu tun“, sagt die Humorforscherin. Ziel ist es, zukünftig möglichst paradox oder überraschend zu reagieren. „Auch mit Übertreibungen kann man spielen“, so Scheel.

Professionelle Humortrainings

Wer wirklich ambitioniert ist, an seinem Humor zu arbeiten, kann außerdem professionelle Humortrainings besuchen. „Studien zeigen, dass man so vor allem den sozialen Humor verbessern kann“, sagt Scheel. Auch ein witziger Hut oder eine Clownsnase können laut der Forscherin positiv ankommen. Alternativ kann man es mit einem Witz versuchen, den Wiseman 2004 zum besten Witz der Welt kürte:

„Zwei Jäger sind in den Wäldern unterwegs, als einer von ihnen zusammenbricht. Er scheint nicht zu atmen und seine Augen sind glasig. Der andere holt sein Handy heraus und ruft den Notdienst an. Er keucht: ,Mein Freund ist tot! Was kann ich tun?‘ Die Telefonistin sagt: ,Beruhigen Sie sich. Ich kann helfen. Zuerst müssen wir sicherstellen, dass er tot ist.‘ Es herrscht Stille, dann ist ein Schuss zu hören. Der Mann kommt wieder ans Telefon und sagt: ,OK, was jetzt?‘“ (RND)


Dieser Text gehört zur Wochenend-Edition auf ksta.de. Entdecken Sie weitere spannende Artikel auf www.ksta.de/wochenende.