Die Corona-Pandemie wirkt nach. Aber langsam erholt sich der Ausbildungsmarkt vom Ausfall der Berufsorientierung. Oberbergische Experten geben Rat.
LehrstellenAusbildungsinitiative Oberberg ermuntert junge Leute, sich noch zu bewerben
Schon seit einigen Jahren ist die Berufsausbildung in Oberberg ein Bewerbermarkt. Das heißt, es gibt deutlich mehr Stellen als Anwärter, der Fachkräftemangel droht sich immer weiter zu verschärfen. Bei der Halbjahresbilanz auf dem Ausbildungsmarkt freute sich Nicole Jordy darum mitteilen zu können, dass sich diese Schere etwas geschlossen hat. „Auf 100 freie Stellen kommen jetzt immerhin 83 Bewerber“, berichtet die Geschäftsführerin der Agentur der Arbeit, „mehr junge Leute aus dem Oberbergischen Kreis suchen eine Ausbildungsstelle.“
In Jordys bergischem Bezirk liegt Oberberg damit immer noch hinten: In Leverkusen ist das Verhältnis ausgeglichen, im Rheinisch-Bergischen Kreis gibt es sogar mehr Bewerber als Stellen. Zudem haben die oberbergischen Betriebe zum Stichtag 31. März wohl konjunkturbedingt weniger Ausbildungsplätze als in den Vorjahren gemeldet. Konkret waren es 1430 Stellen (5,8 Prozent weniger als 2023), demgegenüber standen 1187 Bewerberinnen und Bewerber (10,9 Prozent mehr).
Oberbergische Experten geben Rat
Umso eindringlicher werben die Vertreter der Ausbildungsinitiative Oberberg beim Nachwuchs dafür, sich noch für dieses Jahr um eine Lehrstelle zu bemühen. Agenturchefin Jordy sagt: „Eine abgeschlossene Ausbildung ist der beste Schutz vor einer späteren Arbeitslosigkeit.“
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Die Lehre sei oft nur der Anfang einer Karriere. „Und sie ist der bessere Weg, als nach dem Schulabschluss zu jobben, bloß um erst einmal Geld zu verdienen.“ Michael Sallmann leitet die oberbergische Geschäftsstelle der Industrie- und Handelskammer (IHK) und stimmt zu: „Die duale Ausbildung ist nie der falsche Einstieg, sondern bildet die Persönlichkeit in einer Weise, welche die Hochschule nicht leisten kann, aber im Studium hilft.“
Jugendliche haben auch in Oberberg viel versäumt
Die Experten beobachten Nachwirkungen der Corona-Pandemie, die schwächer geworden, aber noch nicht überwunden sind: Eine ganze Schülergeneration hat schulische Berufsberatung, Ausbildungsmessen und Praktika versäumt, die ihnen bei der Orientierung helfen würden. Das reiche Angebot an Online-Information sorgt demgegenüber offenbar eher für Verunsicherung. Carsten Berg, Fachbereichsleiter für Ausbildung bei der IHK Köln, glaubt, dass das Internet ein schiefes Bild erzeugt: „Die jungen Leute wollen Youtuber oder Influencer werden, weil ihnen die Berufe des Industriemechanikers oder des Installateurs dort nicht begegnen.“
Auch Marcus Otto, Hauptgeschäftsführer der Kreishandwerkerschaft, ist überzeugt: „Die persönliche Begegnung ist nicht zu ersetzen.“ Sollten die Schulen also mehr Zeit für Betriebspraktika freiräumen? Agenturgeschäftsführerin Nicole Jordy winkt ab: „Die Schulen haben selbst viel nachzuholen. Aber niemand hindert einen Jugendlichen daran, in den Ferien ein Praktikum zu machen.“ Viele seien hinterher begeistert, weil sie keine Vorstellung davon hatten, wie interessant das Berufsleben ist.
Welchen Ausbildungsberuf würden die Experten aktuell empfehlen? Nicole Jordy sagt: „Es ist vor allem wichtig, dass man Spaß hat.“ Wer motiviert ist, wird erfolgreich sein, Bedarf gebe es in allen Branchen. Marcus Otto wird konkreter: „Ich würde eine Ausbildung zum Installateur machen, danach den Meister und schließlich einen eigenen Betrieb gründen. Die Energiewende ist ein riesiger Zukunftsmarkt.“ Wer noch eine Anregung braucht, bekommt sie beim nächsten oberbergischen „Bewerbertag“ der IHK am 15. Mai.