Erftstadt – Die Erftstädter Bürgermeisterin Carolin Weitzel spricht im Interview über die aktuelle Lage in Blessem und über die Kritik von Anwohnern.
Frau Weitzel, können Sie das Ausmaß der Katastrophe schon erfassen?
Weitzel: Die Überschwemmungen und Zerstörungen sind unvorstellbar. Deshalb konnten wir die Schäden bis zum jetzigen Zeitpunkt nicht vollständig erfassen. Das Ausmaß der Katastrophe macht es uns noch nicht möglich, alle Bereiche zu begehen. Häuser, Brücken, Straßen – alles muss noch geprüft werden.
Die Erft ist rasend schnell über die Ufer getreten. Der reißende Wasserstrom hat sich den Weg in die benachbarte Kiesgrube gesucht. Erdmassen, die dorthin abgerutscht sind, haben Teile des Ortes mitgerissen. Hier herrscht der absolute Ausnahmezustand.
Wie standsicher ist Blessem jetzt, welche Gefahr stellt die Kiesgrube noch dar?
Die Kiesgrube ist weiträumig abgesperrt, ein weiteres Nachrutschen von Erdmassen ist jederzeit möglich. Deshalb findet momentan eine ständige Überwachung des Ortes mit Hilfe von Drohnen aus der Luft statt, sodass wir die Bebauung im Blick behalten. Sobald der Ort als begehbar eingestuft wird, beginnen die Prüfungen der Statik.
Welche Hilfe erhalten die Bewohner auf schnellem Weg?
Wir haben durch Auszahlungen im Rathaus an die unmittelbar betroffenen Menschen eine unbürokratische Hilfe ermöglicht. Es gibt auch viele Hilfsangebote, die wir durch das Installieren einer Ehrenamtsbörse koordinieren werden. Meine Mitarbeitenden und ich tun alles in unserer Macht stehende, um den in Not geratenen Mitbürgerinnen und Mitbürgern möglichst schnell zu helfen. Wir arbeiten mit aller Kraft daran, um den Menschen die Rückkehr in ihre Heimatorte und Häuser zu ermöglichen. Wir wollen mit dem Aufbau so bald wie möglich beginnen.
Anwohner beklagen einen schlechten Informationsfluss – müsste sich nicht noch mehr um die unmittelbar Betroffenen gekümmert werden?
Wir hatten unwetterbedingt bis Freitagnachmittag immer wieder Serverausfälle und auch lange Zeit keine Telefonverbindung. Die Infrastruktur wurde durch den Starkregen und die gigantischen Wassermassen erheblich beschädigt. Die Situation hat sich glücklicherweise etwas gebessert. Wir wollen die Menschen dichter getaktet erreichen, unter anderem auch über das Radio, unsere Internetseite und die sozialen Medien. Beschäftigte der Verwaltung informieren die Betroffenen in unserer Notunterkunft in Liblar über aktuelle Entwicklungen.