- Zwar dürfen unter Beachtung der neuen Corona-Richtlinien Bars wieder öffnen, vom Normalbetrieb kann aber keine Rede sein.
- Ein Tisch, zwei Bier, zwei Stunden lang... Warum das nicht mehr geht, erklärt der Betreiber des Suderman im Agnesviertel.
- Jetzt zahlt es sich aus, das Feierabendbier in der Bar zu genießen, statt auf dem heimischen Sofa! Julia Floß beleuchtet die Existenzangst in der Kölner Bar-Szene.
Die kulinarische Themenfindung lässt aktuell wenig Spielraum für Leichtigkeit. Die dramatischen Auswirkungen der Corona-Krise bleiben Thema. Auch wenn wir gefühlt täglich Normalität zurückgewinnen und uns manchmal bei dem Gedanken ertappen, es sei geschafft, so schlittert die Gastronomie immer noch auf den Abgrund zu. Von Normalität kann keine Rede sein.
Felix Engels, Betreiber des „Suderman“ im Kölner Agnesviertel, ist um Hoffnung bemüht, die Verzweiflung ist ihm aber deutlich anzumerken: „Wir dürfen endlich wieder Gäste empfangen und unseren Job machen, aber die Rechnung will einfach nicht so richtig aufgehen.“
Engels und sein Team stehen nachgerade täglich vor der Entscheidung, das Lokal zu öffnen und Misswirtschaft zu betreiben oder das Lokal zuzulassen – und womöglich in Vergessenheit zu geraten. „Wegen der Abstandsregelungen, auch wenn der Laden voll ist, haben wir eine Auslastung von 30 Prozent. Davon können wir nicht mal unsere Mitarbeiter bezahlen. Daran muss sich perspektivisch etwas ändern. Aktuell leben wir von unseren Rücklagen.“
Keine Shishas, keine Tanzfläche
Die grundsätzliche Unterscheidung, ob ein Lokal öffnen darf, wird über den Unterhaltungscharakter des Etablissements definiert. Dazu hat jedes Bundesland ein anderes Regelwerk beschlossen.
Nordrhein-Westfalen und die Stadt Köln versuchen die Definition so einfach wie möglich zu halten und schließen lediglich zwei Punkte kategorisch aus: Erstens, den zusätzlichen Unterhaltungsaspekt in Form von Tanzfläche oder Shishas. Und zweitens, das Hauptgeschäft darf nicht in den späten Abendstunden stattfinden.
Für Felix Engels bedeutet das geänderte Öffnungszeiten. „Das machen wir allerdings auch, um Personalkosten zu sparen. Für die zwei Getränke, die wir zur Zeit nach 23 Uhr verkaufen, lohnt sich das nicht.“
Zwischen Hoffnung und Existenzangst
Der Barbetreiber wünscht nicht nur finanzielle Unterstützung von staatlicher Seite, sondern auch das Verständnis seiner Gäste. „Wir sind auf deren Unterstützung und Sensibilisierung angewiesen. Wir können und wollen keinen Mindestverzehr verlangen, aber dem Gast muss in der aktuellen Situation auch klar sein, dass wir draufzahlen, wenn er einen Tisch für zwei Stunden besetzt und nur zwei Bier konsumiert.“ Aus Felix Engels spricht die Existenzangst. „Für uns fängt die Krise gerade erst an. Alles, was wir uns in den letzten fünf Jahren hart erarbeitet haben, steht gerade auf dem Spiel. “
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Die Gastronomie ist nicht nur ein Wirtschaftsfaktor, sondern ein schützenswerter Bestandteil unserer Kultur. Wenn das bedeutet, dass wir in Zukunft unsere Drinks in Plexiglas-Kabinen genießen müssen, dann ist das nur das kleinere Übel. Die Alternativen sind Kioskbier und Grauburgunder auf der eigenen Couch, weil unsere geliebten Gastgeber nicht mehr da sind.
Diesen Gedanken sollten wir uns bei jedem gastronomischen Besuch vor Augen führen. Die Krise ist noch lange nicht überstanden, für einige hat sie gerade erst begonnen.