Pommes können alles sein: Stärkung zum Start, Retter in der Nacht, Trost nach Drama.
Ob in der super kölschen Bude oder in der hippen Stube. Manchmal werden sie heiß gebraucht.
Wo Sie neun gute Läden dafür finden und was die Stärken und Schwächen dieser sind, haben wir hier aufgeschrieben.
Köln – Die Poesie von Pommes ist schwer zu fassen, meist liegt sie in der rauen Romantik eines stillen Moments inmitten großen Rauschens. Oder in der letzten Rettung, oder in der Start-Euphorie, manchmal im Trost. Imbiss-Pommes bringen meist einen starken Rahmen mit sich, einen markanten Ort, einen echten Charakter – wenn man es so betrachtet eigentlich alles, was ein kulinarisches Erlebnis doch ausmachen soll, nur nicht die eigentümliche Dirtyness nachts um drei.
Und niemand denkt ehrlicherweise dabei an Gyros bei Spyros oder das Schnellrestaurant Nehring, obwohl das mehr mit echt zu tun hat, als viele Label-Lokale je aus ihrem Konzept wringen können. Guacamole hin, Guacamole her. Aber da muss man erstmal hinkommen. Man fängt halt bei Konzepten an, die machen es einem einfach leichter, sie gut zu finden.
Wir haben uns gefragt, wo das Pommes-Essen an den Hauptschlagadern der Feier solide bis sehr gut möglich sein könnte. Auf neun Adressen beschränken wir uns, wo Fritten den Weg wert sind – und/oder das Drumrum.
Wir nehmen ausdrücklich Abstand von aller Besserwisserei, wir sind subjektiv und emotional verbunden. Wir empfehlen Ihnen persönliches, Persönlichkeiten und Angebote, auf die man in der Not vielleicht zurückgreifen muss, weil man wenig Zeit hat.
Hinweis: Wir haben diese Orte vor zwei Jahren für einen Geschmackstest besucht. Die Liebe ist geblieben, die Eindrücke sind aber schon etwas älter. Die Öffnungszeiten haben wir für Sie aktualisiert.
Gyros bei Spyros in der Zülpicher Straße
Müsste ja nicht gleich so ein Knaller sein wie „How to Sell Drugs Online (Fast)“ von der Ehrenfelder Produktionsfirma Bildundtonfabrik, aber der Name, Interieur und überhaupt Charakter dieses Sülzer Ur-Lokals erscheinen beflügelnd für allerlei Stoff in Sachen echtes Leben. Die Eckkneipe stirbt aus, Imbisse bleiben Orte für alle. Griechischer Pop suselt aus der Ecke, Götter aus Gips dekorieren, Hippness findet woanders statt – und genau darum geht’s. Bei Spyros Koukovinos gingen schon Generationen von Studenten durchs kleine Gyros-Einmaleins: mit Pommes, mit Salat, „mit nur Fleisch“ – macht ja alles Sinn im richtigen Augenblick, im Zustand totaler Unterzuckerung wegen Dauerkonzentration oder im Zustand totaler Entkräftung wegen Dauerfeierns.
Sohn Nikolaos führt jetzt hier die Geschäfte, nickt wissend und geht eine rauchen bei zu vielen Fragen. Vater Spyros ist auch noch oft da. Eigentlich will Nikolaos nicht über schnelle Küche sprechen, nicht über Krautsalat in der Pita, wo der eigentlich nix zu suchen hat, sondern über eine griechische Küche, wie er sie oft in Thessaloniki isst. Kleine Portionen, große Sache. Frische Pommes und so. Vielleicht macht er auch mal ein richtiges Restaurant auf, er schaut sich um, sagt er und schaut auf der Zülpicher Straße auf und ab. „Gyros bei Spyros“ ist eine feste Größe der ehrenwerten Imbiss-Kultur. Warum noch nicht bei Netflix? Keine Ahnung. (Maria Dohmen)
Gyros bei Spyros, Zülpicher Str. 238, 50937 KölnÖffnungszeiten: Mo-Fr 11.30 bis 23.30 Uhr, Sa ab 12, So ab 13 Uhrwww.gyrosbeispyroskoeln.de
Pommes-Imperium am Heumarkt
„Imperium“, das klingt gewaltig. Ich stelle mir riesige Pommes-Armeen vor, oder Wurst-Säulen aus Marmor. Dabei ist der Laden am Heumarkt eher ein Stübchen. Im Gegensatz zur klassischen Frittenbude kann man hier allerdings eintreten und an der Fensterbank seine Pommes verdrücken. Sofern denn ein Platz frei ist. Schon bei einem halben Dutzend Kunden ist der Laden voll. Das heißt, erstmal draußen Schlange stehen. Einige der Gäste scheinen regelmäßig vorbeizukommen. Mehr Kölner, weniger Touristen also. Pommes und Wurst sind schnell bestellt. Bei der Soßenwahl brauche ich aber länger. Neun stehen zur Auswahl, darunter Samurai- oder Hannibalsoße und die niederländische Joppiesoße – eine Empfehlung zu den belgischen Pommes.
Ein Platz an der Fensterbank wird frei. Wir quetschen uns hin. Das Kind – es ist noch sehr klein – kommt auf die Fensterbank. Ein Premium-Platz mit Blick auf den Heumarkt und die Statue von Friedrich Wilhelm dem Dritten. Sehr schön. Aber gemütlich ist anders. Die Pommes sind auf den Punkt frittiert, solide, lecker ist die Joppie-Soße und die Bratwurst. Den Geschmack der Krakauer Currywurst erkennen wir nicht so recht wieder. Ein großes Minus bekommen die Plastikschalen. Kleine Portionen gibt’s in Pappschälchen. Zuhause merken wir: Wir riechen wie eine Fritten-Armada. Na, dann passt der Name ja doch. (Laura Klemens)
Pommes Imperium, Heumarkt 59, KölnÖffnungszeiten: Normalerweise Mo-Do 11 bis 21.30 Fr/Sa bis 2 Uhrwww.pommes-imperium.de
Schnellrestaurant Nehring am Zülpicher Platz
Mit hausgemachten Frikadellen gegen den Burger-Wahnsinn. Michael Ivkovic leistet sich eine Sekunde Rage, dann ist der freundliche Blick wieder da, die Stirn wieder glatt, das Lächeln zurück. Ivkovic, Jahrgang ’78, ist „hier hereingeboren“, seit 1981 führt die Familie den Imbiss. Eine wunderbar altmodisch anmutende Art der Gastronomie, benachbart zu allerlei kulinarischen Trend-Zwängen. Zufrieden scannt sein Blick über die Auslage, ordnet etwas, schiebt zurecht, Bratkartoffeln, panierte Schnitzel, noch ungebraten, grüne Bohnen, pling macht die Mikrowelle, das Fundament seiner gastronomischen Identität: gutbürgerliche Küche, verlässlicher Mittagstisch, abends auch Döner und Pizza – Zugeständnis ans Feiervolk.
Pommes gehen immer. Auch nachmittags. Die Glastür zieht ihre Flügel auf für einen langsamen Fluss an Stammkundschaft und Zufallsgästen. Für einen Trender mit teuren Nikes, für ein paar KVB-People, Mann in Steppjacke mit Laptoprollkoffer, eine abgewrackte Seele, zwei kölsche Damen, die sich nur von Frau Ivkovic die Fritten frittieren lassen. Nicht zu kross. Familie ist wichtig. Die Kinder lieben auch Pommes, klar, sagt Ivkovic, essen aber auch den Fisch, den es traditionell freitags gibt. Ivkovic Senior hält wochenends die Stellung bis zum Morgengrauen. (Maria Dohmen)
Schnellrestaurant Nehring, Zülpicher Platz 4, 50674 KölnÖffnungszeiten: Mo-Fr 11 bis 0 Uhr, Sa/So 12 bis 0 Uhrwww.schnellrestaurantnehring.de
Calypso in der Merowingerstraße
Sich zu entscheiden, was das Beste am Calypso ist, fällt schwer. Am besten man nimmt alles auf einmal: Die leckeren Pommes, das fantastische Fleisch und das hausgemachte Zaziki nach viele Jahrzehnte altem Familienrezept. Anna Sidoropoulou und ihre Familie stammen aus Serres im Norden Griechenlands und betreiben das Calypso in der Kölner Südstadt seit sechs Jahren. Und das machen sie voller Liebe: zu den Pommes, zum Fleisch, zum Zaziki.
Wer diese Liebe live beobachten will, stellt sich einfach mal gegen 9 Uhr morgens vor die Glasfront des Restaurants und schaut, was drinnen passiert: Da steht dann nämlich Anastasios Fytagkouridis oder ein Mitarbeiter und schichtet das frisch marinierte Fleisch für den Gyros-Spieß nach und nach auf. Jeden Tag. Tiefgekühlter 08/15-Spieß ist hier nicht – auch nicht an Karneval. Wenn das Fleisch ausverkauft ist, ist es ausverkauft. Zum Glück gibt es aber die knusprigen Pommes, die auch ohne Fleisch so gut mit Zaziki funktionieren. Dem man übrigens ebenso die Liebe anschmeckt. Am besten man nimmt sich zu den Pommes gleich eine ganze Portion, ein einfacher Schlag reicht nicht. Beste Pommes, bestes Gyros, bestes Zaziki in Köln. Versprochen! (Hendrik Geisler)
Wer über Pommes in der Kölner City spricht, kommt ums Frittenwerk kaum herum, Lob hat es viel bekommen in den fünf Jahren hier. Das Konzept will urban-zeitgeistiges Fastfood vorführen. Die Bestellung bekommt einen Namen, etwa Onkel Phil, der Toilettenzugang einen Code auf dem Bon, und alle Produkte einen stolzen Preis. 6,90 Euro für Tijuan Street Fries mit Guacamole und verblüffend ungewürzten Tomaten ist happig. Beim genaueren Hinschmecken wirkt das Pommes-Innere ganz schön fad.
Pluspunkte bleiben die Saucenvielfalt und vegetarischen Möglichkeiten hier. Dass es plastikfrei zugeht – great!, aber dass alles, Besteck, Schälchen, Papierauflage auf Wegwerfen getrimmt ist, obwohl so viel vor Ort gegessen wird, bleibt ein Manko – wenig zeitgeistig. (Maria Dohmen)
Frittenwerk, Ehrenstraße 94, 50672 KölnÖffnungszeiten: Mo-Sa 11.30 bis 22 Uhr, So bis 21 Uhrfrittenwerk.com/koeln
Frites Belgiques in der Hohe Straße
„I believe, I can fry!“ – selbstbewusstes Auftreten ist Konzept bei „Frites Belgiques“ , einer kleinen urbanen Pommesbude mit Stil-Willen mitten auf Kölns längster Einkaufsstraße. Und das können sie tatsächlich, da sind sich die Shoppingkings und -queens einig, die mit Tüten beladen in der langen Schlange warten. Ehrlich gesagt bin auch ich recht angetan von der Frittierkunst „made in Cologne“. Selten habe ich so knusprige, köstliche, kartoffelige Fritten gegessen. Außen kross, innen samtig. Man sagt das liege an den frischen Erdäpfeln, die doppelt frittiert werden – für Veganer gut zu wissen: in 100 Prozent Pflanzenöl. Gewürzt wird angeblich mit selbstgemachtem Frittensalz, vier der 14 Soßen sind hausgemacht: Curry, Erdnuss, Cheese Sauce und Sour Cream kosten bis zu 1,50 Euro extra.
Mein Favorit: Die Käse-Soße mit Jalapeño – scharf und cremig. Wer Erdnuss-Creme zu Pommes mag (ich werde mich nie daran gewöhnen), wird von dieser dicken, nussigen Paste begeistert sein. Und wer wie ich darunter leidet, wenn matschige Pommes unter Bergen von Ketchup verschwinden, freut sich besonders über den extra Saucenhalter an der Pommestüte. Hier geht es ums Wesentliche: Fritten von klein bis Familybox – super Pommes für einen stolzen Preis, je nach Sauce kommt die kleine Portion auf 4,40 Euro. Längst sind Pommes eben kein billiger Imbiss mehr. (Katrin Reiche)
Frites Belgiques, Hohe Str. 96, 50667 KölnÖffnungszeiten: Mo-Sa 11.30 bis 20 Uhr, So 13 bis 18 Uhrfrites-belgique.com
Jakob in der Kölner Südstadt
Die Bank am großen Fester ist ein Lieblingsplatz mit gutem Blick: auf die Bonner Straße, wo man beobachten kann, wer zur Fetten Kuh nebenan geht, oder gegenüber zum Japaner. Oder man schaut in das kleine, liebevoll eingerichtete Lokal mit dem hübschen Kachelboden in Pastell, den großen Lampen und dem gut temperierten Licht vor der akkurat angelegten Theke, hinter der der 20-jährige Aki Celoglou die Regie führt. Sehr jung, sehr straight, mit klarem Blick und großem Tattoo auf dem linken Arm. „Neben uns gibt’s Burger, gegenüber Sushi, wir machen nur Gyros.“ So klar und einfach ist das. Bei der Pita-Auswahl steht auch „Der Grieche“, wie man sie in Griechenland isst: mit Ketchup, Senf, Pommes, Tomaten und roten Zwiebeln – das authentische Ding, das eingefleischte Landesfans mit Freuden wiedererkennen werden.
Was ist sonst noch hot hier? Die Fleischmarinade ist laut Celoglou Papas Geheimrezept, ebenso die rote Würzsauce. Das Fleisch ist für ihn perfekt, wenn es dünn geschnitten, saftig und charakteristisch schmeckt. Kann man so als eingetroffen bestätigen. Die Pommes sind lecker, die Portionen groß, die Frische erkennbar, die Preise angemessen. Pommes starten bei 2,50, Gyros bei 5,50 Euro, sehr sympathisch: Bei den Tellern gibt’s eine Halbstarken-Portion. (Maria Dohmen)
Jakob, Bonner Str. 41, 50677 KölnÖffnungszeiten: So-Do 12 bis 21 Uhr, Fr/Sa bis 22 Uhrwww.jakob-gyros.de
Arena Grill in Deutz
Zwischen Bahnhof Deutz und Lanxess Arena ist viel los. Selbst an diesem Sonntagabend hört man ein Grundrauschen aus Autos, Straßenbahnen und Zügen. Doch ein Schritt in eine der Seitenstraßen, und plötzlich wirkt alles ganz ruhig. In der Constantinstraße 94 leuchtet ein Schild, „Arena Grill“ steht drauf. Es ist kurz nach neun, um zehn macht der Laden zu. Jeden Tag. Sogar an Weiberfastnacht und Rosenmontag gilt: 11 bis 22 Uhr. Im Laden muss selbst der erfahrene Imbissbudenkunde kurz überlegen. Döner, Pfannen- und Grillgerichte, Schnitzel, Pizza, Wurst, Vegetarisches – und natürlich Pommes. Die sind es, die große Portion, bitte. Dazu Mayo. Und eine Currywurst. Der Mann hinter der Theke schaut entschuldigend. „Wir sind gerade dabei, das Fett zu wechseln.“ Stau in der Fritteuse. Wie lange dauert es denn? „So zehn Minuten.“ Nichts Weltbewegendes. Wer sonntagsabends keine Stunde vor Feierabend nochmal das Fett wechselt, auf dessen Pommes kann man warten. „Setzen Sie sich hin, schauen Sie Fußball.“
Nichts lieber als das. Lazio Rom gegen Inter Mailand, italienisches Spitzenspiel. Nach 13 Minuten sind die Pommes da, die große Portion ist wahrhaftig groß. Knackig sind die Pommes nicht, aber auch sehr weit weg vom Etikett „labbrig“. Am Gewürz wurde etwas gespart. Aber das wichtigste: Sie sind lecker, die Pommes. Das Warten auf den Fettwechsel hat sich gelohnt. Die Currywurst schmeckt nicht überragend, aber gut. Und der Haufen Mayo, der sonst immer viel zu schnell weg ist, reicht trotz der großen Portion für alle Pommes. Beim Fußball ist Halbzeitpause. Die Spieler können auf die Toilette, ich auch. Das WC ist eng, aber gut geputzt. Der Teller ist mittlerweile leer, Zeit für den Heimweg. Der Dank an die Mitarbeiter wird nett lächelnd erwidert, ein Schritt nach draußen, in der Constantinstraße ist es ruhig. Nur von der Hauptstraße hört man das leise Rauschen von Autos und Bahnen. (Tim Lievertz)