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Neues Leben im BiergartenIm Palmengarten trifft sich die Mülheimer Nachbarschaft bei gutem Essen

Lesezeit 3 Minuten
07.08.2024 Köln. Restaurant und Biergarten Palmengarten an der Mülheimer Stadthalle.

Die Flammkuchen im Palmengarten in Köln-Mülheim überzeugen ebenfalls.

Der Standort Wiener Platz ist eigentlich schwierig. Restaurantkritikerin Julia Floß erklärt, warum der Palmengarten sie dennoch überzeugt.

Wenn man an den Wiener Platz in Mülheim denkt, fallen einem nicht unbedingt sofort Sätze ein, wie: Da kann man so schön draußen sitzen. Oder, Mensch, das ist aber herrlich ruhig hier und so grün! Nee, der Wiener Platz ist bestimmt nicht für sein Naherholungs-Potenzial bekannt. Reja und Daniel Rabe arbeiten aktiv gegen dieses Image – mit Kaiserschmarrn und Flammkuchen.

Julia Floß

Julia Floß

Julia Floß ist ausgebildete Köchin und Patissière und hat viele Jahre in verschiedenen von Gault-Millau und Guide Michelin ausgezeichneten Küchen gearbeitet, bevor sie Journalismus und Medienkommunika...

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Um die Ecke vom Wiener Platz, gerade mal fünf Minuten zu Fuß, befindet sich der Mülheimer Stadtgarten. Eine Parkanlage mit Entenweiher, Bänkchen und Spazierwegen. Direkt daneben thront die Stadthalle. Die angrenzende Gastronomie, der Palmengarten, stand 25 Jahre leer. Ein schöner, großer Biergarten mit Blick auf den Park samt geräumigem Ladenlokal – und dieses Schätzchen liegt ein Vierteljahrhundert lang brach. Wie kann das sein?

Die Innenansicht des Restaurants zeigt viel Holz und Bambus.

Der Palmengarten-Look erinnert TV-Fans an „Magnums“ Wohnzimmer – auf der Karte stehen Biergartenklassiker.

Erst wechselte der Betreiber der Stadthalle, dann wurde die Familie Rabe ins Boot geholt. Die erfahrenen Gastronomen fackelten nicht lange, renovierten ein paar Wochen und eröffneten im Dezember 2022. Mittlerweile ist der Palmengarten eine feste Instanz in Mülheim. Obwohl das Ladenlokal wahnsinnig schön renoviert wurde (zugegebenermaßen muss man eine große Schwäche für das Wohnzimmer von Magnum alias Tom Selleck haben), ist das Herzstück eindeutig der Biergarten. Hier sitzt die Nachbarschaft zusammen und freut sich über diesen Ort.

Die Gastgeber kennen die Bedürfnisse ihrer Gäste: Hummus, Rostbeef und Caprese „wie früher“

Direkt am Eingang steht das Service-Büdchen. Hier werden alle Bestellungen abgegeben und bezahlt. Die Getränke bekommt man direkt in die Hand gedrückt, das Essen wird vom umtriebigen Serviceteam gebracht. Auf der Karte steht alles, was man in einem Biergarten gerne essen möchte. Es gibt eine leichte Tendenz Richtung Süddeutschland beziehungsweise Österreich: Obatzda, Wurstsalat, Kaiserschmarrn, Salat mit Kaspressknödeln und eigentlich ja auch das Schnitzel, obwohl das mittlerweile, neben Currywurst und Bockwurst, zur fleischigen Dreifaltigkeit der deutschen Außengastronomie zählt.

Zwischen den Zeilen kann man lesen, dass da jemand die Bedürfnisse seiner Gäste sehr gut kennt und darauf eingeht. Der vegane Hummus mit Roter Beete steht neben dem Roastbeef vom Bergischen Limousin-Rind, der Sommersalat mit veganem Schafskäse-Ersatz neben dem Caesar Salad mit paniertem Hähnchen und Speck. Für den Hinweis „kein Büffel-Quatsch, kein flüssiger Kern“ beim Salat Caprese „wie früher“ gäbe es in weiten Teilen Italiens ‘ne Schelle, in Mülheim funktioniert der Gag 1A und es gibt sogar die vegane Alternative.

Die Außenansicht des Biergartens Palmengarten an der Mülheimer Stadthalle ist zu sehen.

Der Biergarten Palmengarten liegt an der Mülheimer Stadthalle.

Vielleicht müssen wir kurz klären, was Obatzda ist. Die bayerische Käsezubereitung spaltet die Gemüter in Liebhaber und Menschen, die den Landkreis wechseln möchten, sobald sich jemand am Nebentisch die würzige Mischung aus überreifem Camembert, Butter, Paprikapulver, Kümmel und Zwiebeln beherzt auf die Brezel streicht. In Bayern darf die wuchtige Creme in keinem Wirtshaus fehlen.

Meine Favoriten im Palmengarten sind allerdings die Frankfurter Grüne Sauce mit Kartoffeln und gekochten Eiern und das wirklich sehr zarte Roastbeef mit Remoulade und Kartoffelsalat. Frankfurter Grüne Sauce ist auch so eine regionale Spezialität, die augenscheinlich nicht in Köln beheimatet ist. Sieben ausgewählte Kräuter werden zusammen mit gekochten Eiern und Schmand (oder Sauerrahm) zu einer köstlichen Paste verrührt. Auch außerhalb Frankfurts ist das ein fantastisches Gericht. Hab ich eigentlich schon die Flammkuchen erwähnt?

Reja und Daniel Rabe sind, sehr offensichtlich, sehr erfahrene Gastronomen. Sie haben einem schönen, aber nicht ganz einfachen Standort wieder Leben eingehaucht. Das ist eine große Bereicherung für diesen Stadtteil. Hier gibt es zu wenig von eben diesen Orten. Die Biergarten-Saison im Palmengarten endet übrigens am 30. September.

Palmengarten Köln (Stadthalle Köln), Jan-Wellem-Straße 2, 51065 Köln, Öffnungszeiten: Mo-Do 16-23 Uhr, Fr+Sa 16-0 Uhr + So 12-23 Uhr, palmengarten.koeln

Tellergerichte sind zu sehen: ein bunt belegter Flammkuchen, rosa Roastbeefscheiben mit Kartoffelsalat und ein weiterer Teller mit Salaten.

Flammkuchen, Roastbeef, Frankfurter Grüne Sauce - was bei den Rabes auf den Teller kommt, hat Format.

Julias Auswahl:

  1. Obatzda mit Zwiebelringen und Laugengebäck // 11,- Euro
  2. Roastbeef vom Bergischen Limousin-Rind mit Remoulade und Kartoffelsalat // 15,- Euro
  3. Frankfurter Grüne Sauce mit Kartoffeln, Eiern und Kölner Kresse // 13,- Euro
  4. Schweizer Wurstsalat mit Emmentaler, Apfelessig, Dijonsenf, eingelegten Zwiebeln und Baguette // 13,50 Euro
  5. Kaiserschmarrn mit Staubzucker, Preiselbeersahne, Zwetschgenröster und Apfelkompott // 13,90 Euro