Rhein-Berg – Nach dem Unfall mit Pferden beim Kölner Rosenmontagszug, bei dem mehrere Menschen verletzt worden sind, wird der Einsatz von Pferden bei Karnevalszügen auch in Rhein-Berg heftig diskutiert. Auch wenn hier längst nicht so viele Gesellschaften beritten oder mit Kutschen in den Zügen unterwegs waren – knapp 20 Pferde sind auch im Gladbacher Karnevalszug am Sonntag mitgegangen. Nicht erst seit dem Unfall am Rosenmontag in Köln steht allerdings fest: Im nächsten Jahr wird das Gros der Pferde nicht mehr im Gladbacher Zoch mitgehen.
Bereits nach Zugende am Sonntagabend haben die Amazonen der Großen Bensberger beschlossen, künftig nicht mehr beritten den Zug zu begleiten. Das erklärte Amazonen-Kommandantin Angela Wallraf auf Anfrage. „Uns ist die Entscheidung nicht leicht gefallen, aber wenn der Zug alle 30 bis 50 Meter steht, ist das für die Tiere einfach ein zu großer Stress. Außerdem sind auch wir von Jecken beworfen worden“, sagt Angela Wallraf, die mit ihren Amazonen in den vergangenen Jahren ein eigenes Reiterkorps aufgebaut hatte – das einzige in den Zügen der Region. Künftig auf das Reiten zu verzichten, falle ihr schwer, „aber ich kann und möchte dafür nicht mehr die Verantwortung übernehmen“, sagt die Karnevalistin. „Ich bin todtraurig darüber, die Amazonen sind mein Baby, aber man muss einfach vernünftig sein.“
Stopps machte Tiere nervös
Von 2010 bis 2013 waren Amazonen im Bensberger Zug geritten, seit 2014 im Gladbacher Zug, in den vergangenen Jahren hatten sie auch eine Kutsche dabei. Mit vier Kutschpferden und neun Reitpferde waren sie am Sonntag in den Gladbacher Zug gestartet. „Zwei Pferde haben wir schon am Gronauer Wirtshaus herausgenommen“, berichtet Wallraf. Die zahlreichen Stopps schon zu Beginn des Zugs hätten die Tiere einfach zu nervös gemacht. „Wenn die laufen, ist das kein Problem.“ Dabei hätten die Amazonen immer schon ausgesprochen gut geschulte Pferde aus Werdohl gehabt, die alle Prüfungen absolviert hätten und auch bei Kölner Zügen im Einsatz gewesen seien. „Aber die Züge haben sich auch verändert“, sagt Wallraf. „So oft wie dieses Mal haben wir noch nie gestanden. Konfetti-Kanonen gab’s früher noch nicht so. Und es sind auch immer mehr Betrunkene unterwegs, die zum Beispiel kleine Plastikschnapsfläschchen einfach über die Schulter wegwerfen. Die haben wir diesmal auch abbekommen.“
Gladbachs Zugleiter Helmut Kraus findet, dass Pferde im Zug zwar schön seien, auf der anderen Seite habe er „immer auch etwas Bedenken gehabt“. Jedes Pferd ließ er sich mit Namen und den entsprechenden Nachweisen melden. Im nächsten Jahr hätte er sich auch von allen Reitern den Reiterpass zeigen lassen, den die Amazonen-Reiterinnen nach eigenen Angaben jetzt schon alle hatten. Gut kann sich Kraus auch noch daran erinnern, wie vor etlichen Jahren die Kutschpferde eines ehemaligen Dreigestirns durchgegangen sind und erst zwischen geparkten Autos zum Stehen kamen.
Auch in der Prinzengarde gab es bislang eine von Pferden gezogenen Kutsche. Am Sonntag war diese zum 25-Jährigen der Kutschengemeinschaft noch mal vierspännig unterwegs, ab dem kommenden Jahr soll sie ein Traktor ziehen. „Die Überlegungen dazu gab es schon länger“, sagt Prinzengarde-Kommandant Michael Lübbers.
NRW-Innenminister Herbert Reul erntete nach seiner Äußerung vom Montagabend, Karneval ohne Pferde sei „Mist“, einen regelrechten Shitstorm“, wie er gestern am Rande des Politischen Aschermittwochs in Gladbach im Gespräch mit dieser Zeitung sagte. Die Äußerung sei jedoch in einem Gespräch auf einer Tribüne am Kölner Zochweg gefallen und ihm sei es vor allem darum gegangen, vor einer Entscheidung zunächst die genauen Zusammenhänge des Unfalls zu prüfen. „Natürlich geht die Sicherheit vor“, so Reul. Auch Gladbachs Bürgermeister Lutz Urbach sprach sich gestern auf Anfrage dafür aus, darüber zu sprechen, ob der Einsatz von Pferden im Karneval noch zeitgemäß ist.