Ein Kölsch am Rhein wäre zu einfach. Für ihre besonderen Treffen wählen Marcel und Silvan lieber ein Fußballfeld in der Wüste des Omans oder den Fischmarkt in Tokio.
Zwölf „Missionen“ weltweitKölner treffen sich jedes Jahr zur selben Zeit an den ungewöhnlichsten Orten
Alle, die älter als die Generation Z sind, kennen noch ein Leben ohne Internet. Und wissen damit auch, wie unkompliziert ein nicht vollends digitalisierter Alltag sein kann. Wie einfach es etwa war, sich mit seinen Freunden nach der Schule zu verabreden. 14 Uhr, Bushaltestelle. 16.30 Uhr, Fußballplatz. Nur eine mündliche Absprache reichte aus. Eine langwierige Terminabstimmung per Whatsapp war nicht nötig.
Ein Konzept, das Silvan Rehfeld und Marcel Kottrup aus Köln noch heute mit Ende 30 leben. Zumindest einmal im Jahr, zu einem festen und verbindlichen Termin. Allerdings treffen sie sich nicht in einer Bar oder für ein Feierabend-Kölsch am Rhein. Für ihre Verabredung muss es schon ein besonderer Ort sein. Ein Kunstrasenplatz mitten im Hajar-Gebirge des Omans zum Beispiel. Genau dort, rund 7000 Kilometer von Köln entfernt, haben sie sich jetzt wiedergesehen.
Kölner treffen sich im Oman: „Uns blieb nichts anderes übrig“
Silvan Rehfeld, 39 Jahre alt und Vater einer Tochter, trug dabei ein aufblasbares Sumo-Ringer-Kostüm. Sein langjähriger Freund Marcel Kottrup, zwei Monate jünger sowie dreifacher Vater, war als Badminton-Spieler gekleidet. Ihr Treffen mitten in der Wüste war zwar „geil“, aber vor allem „physisch herausfordernd“, wie Kottrup dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ erzählt.
„Es waren über 40 Grad, in der Sonne konnte man es überhaupt nicht aushalten“, ergänzt Rehfeld. Eigentlich war es die „absolut falsche Zeit“, um auf die arabische Halbinsel zu reisen, „aber uns blieb nichts anderes übrig“.
Denn die „Missionen“ der beiden Freunde, die sich schon seit ihrer Kindheit in Greven kennen, sind immer gleich: Ihre Verabredung findet immer um 12 Uhr mittags am letzten Samstag im August statt. Den Treffpunkt – an einem ungewöhnlichen Ort irgendwo auf der Welt – bestimmen sie gemeinsam. Genauso wie das Thema ihrer Kostüme, die sie tragen werden – die beiden feiern gerne Karneval.
Die Vereinbarungen für die nächste Mission halten sie während ihres Treffens fest. Nicht nur mündlich, sondern mit einem Vertrag. Und einem lokalen Notar, den sie vor Ort dafür beauftragen.
Mittlerweile werden ihre Absprachen in kleinen Notizbüchern verschriftlicht, der erste Vertrag aus dem Jahr 2010 wurde noch auf einen Bierdeckel geschrieben. Bei einem Kneipenabend erinnerten sich Rehfeld und Kottrup an die Idee zurück, die ihnen sie schon zwei Jahre zuvor bei einem Backpacking-Urlaub in Australien kam. Damit der Plan nicht wieder verworfen wird, wurde spontan ein Untersetzer-Kontrakt aufgesetzt und ein Freund musste als Notar herhalten. Mission eins, ein Treffen in Bratislava vor dem schmalsten Haus Osteuropas, stand damit fest.
Silvan und Marcel sprechen einen Monat nicht miteinander
Vertragsbruch hat in mittlerweile 14 Jahren keiner der beiden begangen. Denn sie nehmen ihre Missionen sehr ernst. Über Details wird aus diesem Grund nicht gesprochen. Zumindest bis zum Treffen. „Eigentlich ist den gesamten August Funkstille, wir sind vor dem Treffen nicht mehr existent füreinander“, sagt Silvan Rehfeld. Denn niemand will dem anderen Hinweise darüber geben, wann und wie er anreist. Oder wie die Verkleidung aussieht.
Das führt natürlich zu komischen Situationen, wie bei ihrer fünften Mission 2015 in Tokio. Verabredet hatten sie sich auf dem Tsukiji-Fischmarkt – der war bis zu seiner Stilllegung der größte der Welt, dementsprechend voller Menschen. Nur mit der Hilfe Fremden schafften es die Freunde, sich zu finden. Sie waren allerdings auch recht auffällig. So fragte ein kleines Mädchen den als Hummer verkleideten Kottrup: „Suchst du nach deinem Freund, dem Tintenfisch?“ Ein Australier half derweil seinem Freund. Der ging richtigerweise davon, dass Rehfeld mit seinem pinkfarbenen Achtarm-Weichtier-Kostüm sicherlich nach dem „Shrimp-Guy“, Kottrup, schaut.
Stillschweigen über Mission 13 – Nur ein Notar im Oman kennt auch die Details
Zwölf erfolgreiche Missionen haben die Freunde mittlerweile hinter sich gebracht. „Es ist natürlich unnötig kompliziert, wie wir uns treffen“, gibt Silvan Rehfeld zu. Pläne damit aufzuhören haben die Familienväter in nächster Zukunft nicht. Es sind Abenteuer, die sie auf ihren Reisen allein und bei den Treffen gemeinsam erleben. Und eine Möglichkeit, dem stressigen Alltag aus Arbeit und Familienleben zu entfliehen. „Die Zeit ist für mich Gold wert, und ich komme jedes Mal mit viel Energie wieder“, sagt Marcel Kottrup.
Darum unterstützen ihre Freunde und Familien die Missionen der Zwei. Sicherlich tragen auch die vielen witzigen und spannenden Geschichten, die Rehfeld und Kottrup stundenlang erzählen können, ihren Teil dazu bei. Über Mission 13 im kommenden Jahr sprechen sie jedoch vorerst nicht. Die Details des Vertrags kennen nur sie – und ihr neuer Notar aus dem Oman.
Marcel Kottrup und Silvan Rehfeld dokumentieren ihre Missionen mit über 10.000 Follows auch auf Instagram – @2guys1spot