33 Jahre Paveier„In unserem Business turnen viele Unfähige herum“
Köln – Die Paveier werden 33, und Köln ist wohl die einzige Stadt, in der man solch ein jeckes Jubiläum feiert.
Anfangs als „A-Jugend der Bläck Fööss“ belächelt, dann jahrelang neben Fööss, Höhnern und Räubern als Kleeblatt-Band gefeiert, sind sie nach einem Karriereknick vor fünf Jahren in die Erfolgsspur zurückgekehrt.
Sind die Paveier nicht so etwas wie das Bayer 04 Leverkusen der kölschen Musikszene? Oft oben dabei, aber nie ganz vorne?
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Klaus Lückerath: Nein, das ist falsch. Das wurde uns zwar oft so nachgesagt.
Detlef Vorholt: Wir wissen es ja besser. Wenn wir in den 33 Jahren nicht fünf, sechs Mal richtig gepunktet hätten, hätten wir diese Zeit nicht überstanden.
Bubi Brühl: Da ist was dran. Ich erinnere da nur an „Gran Canaria“, „Beim Toni an d’r Iesbud“, „Heut’ brennt mein Iglu“, „Beinah, beinah“, „Buenos Dias Matthias“, „Schön ist das Leben“ oder zuletzt „Heimat is“ und „Leev Marie“. Dass der Song diese Session so reingeknallt ist und bei „Loss mer singe“ gewonnen hat, hat uns schon stolz gemacht.
Vorholt: Der Erfolg hat uns wie auf einer Wolke getragen.
War das so geplant?
Vorholt: Planen kann man das nicht. Die Nummer war auf einmal da. Man kann Marketing-Pläne schreiben, bis der Arzt kommt. Aber wenn ein Song nichts ist, wird das auch nichts. Aber wenn ein Lied beim Publikum ankommt, dann, aber auch erst dann läuft es.
Lief es bei anderen Songs ähnlich?
Vorholt: Als wir 1986 mit dem „Iglu“ ankamen, haben uns die selbst ernannten Karnevalsexperten noch vor dem Sessionsstart gesagt, das werde nichts. Dann spielten wir den Titel bei der ZDF-Silvestergala und in einer Woche wurden 25.000 Singles verkauft.
Lückerath: Und „Beinah, beinah“ hatten wir erstmals fast ungeprobt auf einem Stadtfest in Lohmar gespielt. Da standen dann rund 200 Leute hinter der Bühne und wollten die Platte kaufen, die es aber noch gar nicht gab. Tage später riefen die Chefeinkäuferinnen von Saturn an und wollten unbedingt das Lied haben. Danach würden die Kunden fragen.
Brühl: Auch „Frühling“ wollte zuerst keiner so richtig hören. Dann holte uns Hape Kerkeling in seine Känguru-Show, und anschließend wurden wir im Fernsehen rundgereicht, saßen mit Eros Ramazzotti in einer Garderobe und spielten gleich nach Hot Chocolate. Und die galten damals als Weltstars.
Auf ein Management verzichtet
Damals verzichteten Sie auf ein Management. Sie wollten alles selber machen. Haben Sie dieses Konzept durchgehalten?
Vorholt: Auf jeden Fall. Vielleicht war das unser Erfolgskonzept. Wir haben mit Pavement ein Label gegründet und auch einen eigenen Verlag aufgemacht. Viele wollten uns haben, das Management übernehmen und mitverdienen. Wir haben aber nie einen Manager oder Künstlerberater gehabt. Wir haben nie Werbung gemacht, hatten keine Sponsorenverträge. So eine Verbiegung lohnt sich nicht. Es gibt ja nichts umsonst, alles hat seine Gegenleistung.
Brühl: Auf einer privaten Kellerparty eines Autohausbesitzer oder eines Vorstandsvorsitzenden spielen zu müssen ist doch das ganze geschenkte Auto nicht wert. Da fahren wir lieber in unserem eigenen 1990er Dodge. Den fahre ich stets selbst. Ich hatte noch nie einen Unfall und weiß immer, wo es langgeht. Durch die gesamte Eigenständigkeit haben wir gelernt, wie das Geschäft funktioniert und erkannt, wie viele Unfähige in dem Business herumturnen.
Das schönste Erlebnis in 33 Jahren
Geburtstagsauftritt mit Feuerwerk und „Tanz in den Mai“
Das Jubiläumskonzert zum 33-jährigen Bestehen der Paveier findet zur Saisoneröffnung am Tanzbrunnen am Samstag, 30. April, um 19 Uhr statt. Veranstalter ist neben den Tanzbrunnen-Betreibern von Köln-Kongress um Geschäftsführer Bernhard Conin auch Radio Köln, das in diesem Jahr Silberjubiläum feiert. Durchgeführt wird die Veranstaltung von der DuMont LiveKon GmbH. Nach dem Konzert, bei dem als Gäste die Blasmusiker von Querbeat, der Pianist Betin Günes sowie der Gospelchor Na Moulena mitwirken, folgt ein musiksynchrones Feuerwerk.
Die Aftershow-Party im Theater am Tanzbrunnen startet danach, gegen 22 Uhr. Bei diesem „Tanz in den Mai“ gibt es nochmals eine Einlage der Paveier. Karten fürs Konzert allein kosten 23 Euro. Kinder unter 13 Jahren kommen umsonst rein. Das Kombi-Ticket für Konzert und „Tanz in den Mai“ kostet 29,90 Euro. (NR)
Was war das schönste Erlebnis aus 33 Jahren?
Lückerath: Das kann ich so nicht beantworten. Wir bewegen uns zwischen Tanzbrunnen und Apostelnkirche, und irgendwo dazwischen liegt auch noch der Gürzenich. Wenn ich da ein Ereignis rauspicken sollte, wäre das ungerecht den anderen gegenüber.
Aber über den kürzesten Auftritt kann man reden.
Vorholt: Das war noch in der „Lachenden Sporthalle“. Da hat Organisator Otto Hofner uns bei unserem ersten Auftritt nach zwei Liedern von der Bühne gewunken, obwohl die Leute nach Zugaben riefen. Noch kürzer war es mal in Hürth-Knapsack. Wegen eines Brandes in der Küche war die Halle kurz vor unserem Auftritt geräumt worden. Wir hatten schon die Instrumente in der Hand und sind gleich wieder gefahren.
Brühl: Richtig schlimm war es in Wassenberg an der holländischen Grenze. Ein riesiger Saal und rund 100 Meter bis zur Bühne. Der Präsident wollte uns unbedingt haben, aber im Publikum wollte uns keiner hören. Nach dem ersten Lied hat keiner geklatscht, nach dem zweiten war Totenstille. Und als mein Bruder Micky schnell „Tschüss“ sagte, haben einige geklatscht, andere gepfiffen. Wir sind dann in den Bus und ohne Licht schnell aus dem Ort raus.
Vorholt: Jedes Mal, wenn ich zu meinem Boot fahre, das in Roermond im Hafen liegt, komme ich an Wassenberg vorbei. So etwas vergisst man nicht.
Apropos Micky Brühl. Mit ihm als Sänger haben die Paveier fast 29 Jahre in derselben Besetzung gespielt. Dann hat er gekündigt und seine eigene Band aufgemacht. Haben Sie wieder Kontakt?
Vorholt: Nein. Eigentlich nicht. Man sieht sich, man grüßt sich. Das ist es.
Brühl: Wir haben uns seitdem ja auch neu aufgestellt. Ein Artikel im „Kölner Stadt-Anzeiger“ hatte uns zum Nachdenken gebracht. Da lautet die Schlagzeile „Vom Kleeblatt zum Dreigestirn“. In Köln dominierten Höhner, Fööss und Brings. Wir waren da auf einmal nicht mehr dabei.
Lückerath: Ein Glücksfall war, dass wir Sven Welter in die Gruppe holten. Der kam zunächst als Unterstützung und Ergänzungsspieler. Inzwischen ist er der Frontmann neben Bubi. Und der Lohn der ganzen neuen Arbeit war sicher unser Konzert zum 30-Jährigen am Tanzbrunnen. Da feierten 13.000 Fans mit.
Vorholt: Zur Neuausrichtung gehört auch, dass Sven seit Anfang des Jahres – genau wie Schlagzeuger Johannes Gokus – auch Gesellschafter in der Paveier GbR ist. Sven mischt seit fünf, Johnny seit zehn Jahren mit. Eine Band funktioniert nur, wenn alle gleichberechtigt sind. Übrigens haben beide die Bedingung gestellt, dass der Rest der Band noch mindestens fünf Jahre dabei bleibt.
Wird es die Paveier irgendwann einmal auch ohne Detlef Vorholt geben?
Vorholt: Ja klar. Keiner darf sich in der Band so wichtig nehmen und glauben, dass es ohne ihn nicht funktioniert. Irgendwann mache ich es wie Ex-Bassist Bodo Schulz, der hat immer gesagt, er höre altersbedingt auf. Das hat er gemacht. Bei mir ist ein Einstieg ins Rentenalter aber noch nicht abzusehen, ich habe ja auch noch eine zweieinhalbjährige Tochter. Und die will ihren Papa auf der Bühne sehen.