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Aidsgala im Maritim Hotel in KölnDie doppelte Conchita Wurst

Lesezeit 3 Minuten

Die kölsche Conchita (links) und die echte Conchita am Freitag im Maritim in Köln.

Köln – Eine Conchita kommt selten allein. Wo auch immer Conchita Wurst alias Thomas „Tom“ Neuwirth auftaucht – oft ist seine Kunstfigur schon da. „Ich finde es toll, wenn Leute mich doublen“, sagte die Gewinnerin des Eurovision Song Contest (ESC) 2014 am Freitag im Interview mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ im Maritim Hotel. „Ich bekomme sogar Facebook-Nachrichten von heterosexuellen Männern, die sich bei mir dafür bedanken, dass sie durch mich nun das einfachste Karnevalskostüm der Welt haben.“

Eine Auszeichnung für Mut

Auch auf der Aidsgala in dem Hotel, auf der Wurst am Abend für ihren Mut ausgezeichnet wurde, hatte sich eine Doppelgängerin unter die Gäste gemischt: Conchita 4711, die von einem türkischstämmigen Kölner verkörpert wird, der seinen echten Namen nicht nennen will und in der Rolle für wohltätige Zwecke auftritt. Und das kölsche Abbild vertrat das Original mehr als angemessen.

Geduldig ließ es sich auf dem roten Teppich ablichten, während sein Idol noch bei der TV-Aufzeichnung zur Sendung „Kölner Treff“ mit Bettina Böttinger war. Zum Auftakt des CSD-Wochenendes feierten 1200 Besucher die 24. und letzte Kölner Aidsgala in der Form. Darunter die Schauspieler Ralph Morgenstern und Künstler wie Marcella Rockefeller, die Gender-Performance-Pionierin Bridge Markland und Chansonnier Tim Fischer, die auch auftraten.

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Aidshilfe-Geschäftsführer Michael Schuhmacher dankte allen, die in 24 Jahren an der Gala mitwirkten und sie besuchten. Der Verein schaffe es personell nicht mehr, den großen Aufwand zu leisten.

„Mit Bart sehe ich ja viel besser aus“

„Lieber mit einem Paukenschlag aufhören, als irgendwo auf der Strecke zu verhungern.“ Der Paukenschlag folgte mit dem Auftritt von Conchita Wurst. Dass die Österreicherin mit dem Gewinn des ESC auch der Emanzipationsbewegung der Schwulen, Lesben, Bisexuellen und Transgender einen großen Dienst erwiesen hat, war von der 26-Jährigen so nicht beabsichtigt. Sie ist zwar ein sehr politischer Mensch, doch der Bart habe zuerst nur der „Unterhaltung meiner selbst“ gedient, verriet sie weiter.

Zuerst habe sie sich als Frau ohne Bart verkleidet, bis sie merkte: „Mit Bart sehe ich ja viel besser aus.“ Dass dieser nun auch politisches Symbol ist, sei gut: „Wir haben in Europa das Privileg, auf den Pride-Veranstaltungen mehr feiern als demonstrieren zu können. Doch viele Demonstrationen wie in Istanbul werden gewaltsam versucht zu verhindern.“

Ein Zeichen gegen Diskriminierung

Seit 2011 tritt Neuwirth als Mann-Frau auf – als Zeichen gegen Diskriminierung, die er in seiner Jugend aufgrund seiner Homosexualität erfuhr. „Ich habe lange gebraucht zu merken, dass an mir nichts falsch ist. Meine Eltern haben mich gelehrt, alles tun zu können, was ich will, solange ich respektvoll bin und niemandem weh tue. Das gab mir diese Kraft.“ Für seine Persönlichkeit bekam er den Jean-Claude-Letist-Preis verliehen. Er ist nach dem Belgier und Schwulenaktivisten Letist benannt, der vor 25 Jahren in Köln gestorben ist.

Dieser hatte schon in einer Zeit offen schwul gelebt, in der homosexuelle Handlungen noch strafbar waren. Böttinger hielt eine bewegende Laudatio, die Gäste schenkten minutenlange stehende Ovationen. Conchita Wurst war die Ehrung fast unangenehm: „Es ist schwer zu verstehen, einen Preis dafür zu bekommen, so zu sein, wie ich bin. Aber es ist eine große Ehre.“ Was für ein Finale! (kaz)

Sehen Sie das ganze Interview mit der echten Conchita ab Samstag, 18.15 Uhr, auf www.koeln.tv.