Köln – Das Jahr 321 war kein gutes Jahr für die Juden in Köln und in vielen anderen Städten des Römischen Imperiums. Der Grund: die Post aus Rom. Das Dokument, das Kaiser Konstantin dem Kölner Rat zustellen ließ, ist im Original noch bis zum 18. Oktober in der Kolumba zu sehen: ein Dekret als Antwort auf die Bitte der Kölner Großgrundbesitzer, doch ihre Steuerlast, die sie als Magistrate und Räte zu leisten hatten, zu mindern. Konstantin möge erlassen, dass sie, bitteschön, auch jüdische Bürger als Räte und Magistrate berufen dürfen – damit die, bitteschön, ebenfalls zur Kasse gebeten werden können. Und tatsächlich beendete Konstatin das Privileg der Ämter- und Steuerfreiheit, das die Juden im Reich einst von Cäsar erhalten hatten, als Dank für ihre Hilfe beim Kampf um die Vorherrschaft im Imperium. Das Jahr 321 – nun Anlass für das bundesweites Jubiläumsjahr 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland – legt also nahe, dass Leben in Deutschland, offiziell und historisch, erst mit der Zustellung einer amtlichen Steuernummer beginnt. Für die wohlhabenden Kölner Juden bedeutete das: Sie konnten sich nicht gegen ihre Zwangsbestellung wehren und mussten blechen.
Das Dekret von Kaiser Konstantin
Nachzulesen ist das in „Anno 321“. Ein kölsches Buch: von Kölnern für Kölner über Kölner, mit 100 Hochglanzseiten kurz, knapp und bündig 1700 Jahre Jüdisches Leben in Deutschland zusammenfassend, insbesondere das in Köln. Und weil der Rheinländer gerne sagt, „Aber schön muss es werden“, bestätigen die Kölner Herausgeber dem Kölner Verleger Michael Wienand gerne, dass es tatsächlich ein schönes Kölner Buch geworden ist – mit 53 farbigen Abbildungen im Softcover eine mithin auch leichte Lektüre, aber mit gewichtigem Inhalt.
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Für dessen vollständige Korrektheit sich am Dienstag Michel Rado, Vorstand der Kölner Synagogengemeinde, bei der offiziellen Buchvorstellung im Erzbischhöflichen Museum Kolumba persönlich verbürgte: „Jedes Wort stimmt.“ Immerhin stammen die Beiträge u.a. von Jürgen Wilhelm, Vorsitzender der Kölnischen Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit, Thomas Otten, Leiter des Kölner MiQua-Projektes „Jüdisches Museum“, Werner Eck, Herausgeber der Kölner Stadtgeschichte, Helmut Fussbroich, langjähriger Geschäftsführer für das Haus der Jüdischen Kultur in NRW oder Rolf Lauer, langjähriger Leiter des Kölner Dombauarchivs.
Religions- und Lebenswelt am Rhein
Die Kurzbeiträge widmen sich nicht nur Kaiser Konstantin, der mit Kölner Verhältnissen durch seine Besuche vertraut gewesen sein muss. Eingeführt wird in jüdische Religions- und Lebenswelt am Rhein, in der Antike, im Mittelalter und in der Gegenwart. Über die Lebensrealität von Juden in Deutschland hat Frank Olbert, Redakteur des „Kölner Stadt-Anzeiger“, ein Gespräch mit Marina Weisband geführt, die am Holocaust-Gedenktag vor dem Deutschen Bundestag sprach. Darin erzählt Weisband auch von einer Art Zwangsberufung zur jüdischen Selbst- und Welterklärung und wünscht sich ein Privileg, dass sie als Jüdin in Deutschland gerne in Anspruch nehmen würde: „Das Privileg einfach schweigen zu dürfen und nicht einfache Antworten auf Fragen geben zu müssen, die kompliziert sind und mit denen man sich in jedem Fall in die Nesseln setzt“.
Anno 321.Jüdisches Leben in Deutschland. Hrsg. Von Thomas Otten, Jürgen Wilhelm. ISBN 978-3-86832-624-3. Preis 16,80 €