Warum die Kölner so viel von Toleranz sprechen, aber man ihnen manchmal besser nicht in die Quere kommt. Eine Glosse.
Brüsseler PlatzDamit haben wir nichts zu tun, dafür sind wir nicht zuständig


Das Ordnungsamt patrouillierte abends am Brüsseler Platz während des Verweilverbots.
Copyright: Uwe Weiser
Von wegen, jede Jeck is anders. Von wegen. Versuchen Sie mal, mit der in Köln angeblich so tief verwurzelten Haltung, die sich in dem wichtigsten Paragrafen des kölschen Grundgesetzes ausdrückt, der Toleranz gegenüber Vielfalt, Andersartigkeit und Individualität, ein einigermaßen friedliches Zusammenleben in einem Millionendorf zu organisieren. Anders sein in Kölle ist super. Solange der andere, der anders jeck als man selbst sein möchte, einem nicht in die Quere kommt. Das geht gar nicht.
Wie das am Brüsseler Platz seit Jahren geschieht. Da sind sich plötzlich alle, die glauben, immer und überall ihre Individualität ausleben zu müssen, einig: Damit haben wir nichts zu tun. Dafür sind wir nicht zuständig. Das muss die Stadt regeln.
Wenn die sich dann, wie in dieser Woche geschehen, mit einer verzweifelten Maßnahme wie dem Verweilverbot vor den Gerichten eine blutige Nase holt, sind sich die Andersartigen in ihrem Urteil schon wieder einig.
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Die Stadt ist unfähig, sie kann es nicht. Und überhaupt ist es schier unerträglich, dass eine Verwaltung die Freiheit ihrer Bürger dermaßen beschneidet. Selbst wenn sich diese Freiheit auf das Wegwerfen des Leerguts ins Gebüsch beschränkt, verbunden mit dem guten Gefühl, dass irgendein Penner die acht Cent Pfand bestimmt gebrauchen kann. Die Stadt soll bloß nicht auf die Idee kommen, den Kölsch-Konsum noch weiter einzuschränken oder gar ganz zu verbieten. Wovon sollen die Flaschensammler denn leben?
Im Stadion gibt es Konfetti statt Pyrotechnik
Im Stadion haben sich alle verwundert die Augen gerieben. Keine Fackeln, keine Pyrotechnik, keine Bengalos gegen Münster. Sondern Konfetti, abgefeuert aus Pappröhren. Jede Ultra is anders? Wir sind nur ein Karnevalsverein und organisieren ein einigermaßen friedliches Zusammenstehen auf der Südtribüne? Ohne den Effzeh ständig in Verruf zu bringen und sein Geld zu verbrennen?
Die Hoffnung stirbt zuletzt, aber dauerhaft werden sich die Ultras nicht auf Konfetti umstellen. So bunt treiben sie es dann doch nicht. Im Gegenteil: Sie haben mit dem Spruch „Ein andermal, versprochen“ schon angekündigt, dass sie nichts dazulernen wollen. Wenn dann die Hütte brennt, die Strafen noch drakonischer ausfallen, sind sie dafür nicht zuständig. Sondern die Fußball-Mafia beim DFB.
Peter Berger ist Chefreporter beim Kölner Stadt-Anzeiger. Immer zum Wochenende schreibt er seinen satirischen Wochenrückblick auf Köln.