Am Samstag fand der traditionelle CSD-Empfang im Kölner Maritim Hotel statt. Carolin Emcke wird für ihr Engagement ausgezeichnet und findet klare Worte zu Anfeindungen.
Carolin Emcke ausgezeichnetCSD-Empfang mit rund 1000 Gästen im Hotel Maritim
„Respekt ist zumutbar, und zwar immer.“ Das ist einer der markanten Sätze aus der Rede, mit der sich die Autorin und Publizistin Carolin Emcke am Samstag beim großen CSD-Empfang im Hotel Maritim für die „Kompassnadel“ bedankte, mit der sie das Queere Netzwerk NRW auszeichnete. Mit der Ehrung werde Emckes „herausragendes Engagement für die Sichtbarkeit und Rechte von queeren Menschen“ gewürdigt, heißt es in der Begründung.
„Ihre journalistischen Arbeiten und öffentlichen Auftritte tragen maßgeblich dazu bei, Diskriminierung zu bekämpfen, Vielfalt zu fördern und eine offene, tolerantere Gesellschaft zu schaffen.“ An dem Empfang, den das Queere Netzwerk NRW und die Aidshilfe NRW traditionell zusammen ausrichten, nahmen rund 1000 Gäste teil – so viele wie nie zuvor, darunter Kulturstaatsministerin Claudia Roth, Sven Lehmann, Queer-Beauftragter der Bundesregierung, Berivan Aymaz, Vize-Präsidentin des nordrhein-westfälischen Landtags, und Oberbürgermeisterin Henriette Reker.
Durch das Programm, an dem Dragqueen Marcella Rockefeller mitwirkte, führte wie gewohnt Oliver Schubert, Geschäftsführer der Aidshilfe Köln, der wieder mit seinen Entertainer-Qualitäten überzeugte.
Alles zum Thema Christopher Street Day
- Proteste gegen CSD Rechtsextremisten fokussieren sich vermehrt auf queere Szene
- Sparkassen-Vorständin „Das Geschäft mit den Baufinanzierungen erholt sich spürbar“
- Ausstellung in Kölner Unterkirche Prominente Verstärkung für Riehler Künstlerkreis
- Reise nach Kattowitz Bürgermeister Andreas Wolter eröffnet CSD in Kölner Partnerstadt
- „Wir wollen Vorreiter sein“ Kölner Karnevalsverein setzt Zeichen für Vielfalt
- Angriffe aus konservativem Lager Robert Kleine bleibt Kölner Stadtdechant – trotz Kritik an Woelki
- Positive Bilanz Organisatoren des ersten CSD in Brühl kündigen Neuauflage an
„Noch nie in meinem Leben habe ich eine Zeit erlebt, die mir so viel Furcht einflößt wie diese“, sagte Emcke angesichts der Rechtsdrift im Land und betonte zugleich: „Wer glaubt, die AfD allein ist das Problem, hat die Krise der Demokratie nicht verstanden.“ Das Problem sei in der „gutbürgerlichen Mitte“ zu verorten und äußere sich unter anderem in Queerfeindlichkeit und Rassismus. Für ihre teilweise sehr persönlichen Worte erntete Emcke immer wieder Beifall. Lehmann würdigte sie in seiner Laudatio als eine Frau, die in der „öffentlichen Aushandlung unserer Demokratie immer klar und mutig und menschlich und solidarisch Stellung bezieht“. Durch die „Mischung aus persönlicher Reflexion, theoretischer Analyse und politischem Engagement“ liefere die 56-Jährige „ein wichtiges Plädoyer für Menschlichkeit und Solidarität“.
CSD-Empfang im Maritim: Angst vor zunehmender Queerfeindlichkeit und Erstarken von Rechtsradikalismus
Auch Laura Becker, Vorstandssprecherin des Queeren Netzwerks NRW, und Arne Kayser, Landesvorsitzender der Aidshilfe NRW, prangerten in ihrer gemeinsamen Ansprache die zunehmende Queerfeindlichkeit und das Erstarken des Rechtsradikalismus an. „Die verbale Gewalt hat inzwischen ein Ausmaß angenommen, das mich erschüttert und wütend macht“, sagte Becker, die als Lehrerin tätig ist, zu ihren Erfahrungen im Schulalltag. „Mittlerweile scheint früher Unsagbares sagbar zu sein, ‚wertes‘ und ‚unwertes‘ Leben werden unterschieden.“ Dies werde von rechten Ideologen und Ideologinnen sowie religiösen Fundamentalisten und Fundamentalistinnen „konsequent vorangetrieben“.
Allerdings hätten queere Emanzipationsbewegungen viel erreicht und die Gesellschaft verändert. Die Erfahrungen würden zeigen, dass sich Geduld oft auszahle. Hier hakte Kayser ein: „Ich habe oft keine Lust mehr auf Geduld. Wir kämpfen, kämpfen, kämpfen, und inzwischen geht mir immer öfter die Luft aus.“ Umso begeisterter sei er von der Kraft und Ausdauer der vielen Mitstreiter und Mitstreiterinnen, die sich für die Belange queere Menschen engagieren.
Die Vorstände mahnten Nachbesserungen des im April vom Bundestag beschlossenen Selbstbestimmungsgesetzes an, das das als entwürdigend geltende Transsexuellengesetz abgelöst hat, den Schutz queerer Menschen durch das Grundgesetz und eine Aktualisierung des Abstammungsrechts, um Regenbogenfamilien nicht länger zu benachteiligen. Von der Landespolitik forderte Kayser, queere Initiativen und Hilfsangebote nicht durch Sozialkürzungen zu zerstören. Er schloss mit den Worten: „Bleiben wir aufrecht, bleiben wir kämpferisch und bleiben wir solidarisch im Sinne einer offenen Gesellschaft, die für die Würde aller Menschen eintritt.“