Die Stadtplanerin Britta Buch ist die neue Fußverkehrsbeauftragte der Stadt Köln. Sie arbeitet als Solistin.
Britta BuchKölns neue Fußverkehrsbeauftragte – weiterhin ohne Team und Macht

Britta Buch, die neue Fußverkehrsbeauftragte der Stadt Köln, stellt am Leipziger Platz/Bülowstraße die Kreuzung nach dem Konzept der „Freien Ecke“ vor.
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Nachdem Nico Rathmann, der erste Fußverkehrsbeauftragte der Stadt Köln, zum 31. März 2024 gekündigt hatte, war seine Stelle neun Monate vakant. Am 1. Januar 2025 hat seine Nachfolgerin Britta Buch ihre Arbeit aufgenommen, am Dienstag (8. April) präsentierte sie sich am Leipziger Platz in Nippes erstmals der Öffentlichkeit.
Buch ist gelernte Stadtplanerin und als solche Mitglied der Architektenkammer. Sie arbeitete in den vergangenen 20 Jahren im Bereich der integrierten Stadtentwicklung in einem kleinen Planungsbüro in Köln, ist also mit der Stadt vertraut. Bei der integrierten Stadtplanung geht es im Kern darum, die Stadt ganzheitlich zu planen und zu gestalten und die verschiedenen Belange von Verkehr, Umwelt, Sozialem und Bauen im Zusammenhang zu betrachten.
Autos, die den Gehweg zuparken, sind ihr ein Dorn im Auge
Entsprechend betonte sie am Dienstag mehrfach, dass sie das Thema der integrierten Entwicklung auch für ihre Rolle als Fußverkehrsbeauftragte für besonders wichtig halte. „Ich will dafür sorgen, dass der Fußverkehr in allen Planungen in Köln berücksichtigt wird“, sagte sie. Die Fußgängerinnen und Fußgänger müssten sich derzeit noch an vielen Stellen zwischen parkenden Autos hindurchzwängen. Das führe zu gefährlichen Situationen, weil sie oftmals nicht gut zu sehen seien.
„Wir wollen strategisch Standards für Fußgänger entwickeln“, sagte Buch. Um die Stellen in der Stadt ausfindig zu machen, die besonders problematisch sind, wolle sie Hinweise der Bürgerinnen und Bürger aufnehmen. Es soll auch weitere „Fußverkehrs-Checks“ geben, also Befragungen, wie sie in der Vergangenheit bereits in Nippes und Kalk stattgefunden hatten. Ein besonderes Augenmerk wolle sie auf Autos legen, die den Gehweg zuparken.
Eine für Millionen: Britta Buch arbeitet allein
Buch steht dabei vor einer sehr ähnlichen Herausforderung wie ihr Vorgänger Nico Rathmann, der zur Stadt Bonn wechselte. Sie muss sich in der Stadtverwaltung, in der mehr als 20.000 Menschen arbeiten, als Solistin durchkämpfen und alleine die Belange der Fußgängerinnen und Fußgänger in einer Millionenstadt vertreten.
Ein eigenes Team hat Buch nicht, sie arbeitet in der Abteilung für Nahmobilität und Verkehrssimulation, die der Fahrradbeauftragte Jürgen Möllers leitet und das seit Jahren das Radwegenetz ausbaut. Die Ressourcen des Teams könne sie grundsätzlich nutzen, sagte Buch. Eine Entscheidungsbefugnis hat sie aber nicht. Sie selbst könne dort Vorschläge einbringen, aber nicht bestimmen, dass etwas auch so umgesetzt wird, sagte sie am Dienstag auf Nachfrage. Sie selbst habe damit kein Problem und sei überzeugt, dass das kein Widerspruch sei.
Forderung nach einer eigenen Abteilung und mehr Personal
Interessenvertreter sehen das anders. Der Fuss e.V. und die Seniorenvertretung der Innenstadt hatten bereits während der Ausschreibung der Stelle im Sommer 2024 gefordert, dass der Fußverkehrsbeauftragte und der Radverkehrsbeauftragte gleichgestellt sein sollen. „In einer Stadt von über einer Million Einwohner und Einwohnerinnen, die sich zum Ziel gesetzt hat, bis zum Jahr 2035 klimaneutral zu werden und ihrem sehr schlechten Ruf hinsichtlich des Fußverkehrs etwas entgegensetzen möchte, reicht ein Beauftragter für den Fußverkehr nicht aus“, hieß es damals in einem gemeinsamen Positionspapier.
Und auch am Dienstag erneuerte Anne Grose vom Fuss e.V., einer Interessenvertretung der Fußgänger, ihre Forderung nach einer Aufwertung. „Wir hätten gerne mehr Personal statt nur einer Person, und es sollte besser eine eigene Abteilung dafür geben, die sich nicht auch um den Radverkehr kümmert“, sagte Grose auf Anfrage. Andere Städte seien inzwischen weiter als Köln. So gebe es in Düsseldorf einen Beschluss über vier Stellen für den Fußverkehr. Auch Hamburg unternehme deutlich mehr als Köln und sei inzwischen fast schon so fußgängerfreundlich wie Paris.
Ob die Rolle einer Beraterin für Britta Buch ausreichen wird, um den Fußverkehr in einer Millionenstadt zu verbessern, wird die Zukunft zeigen. Sie wolle sich auf jeden Fall nicht nur auf die Innenstadt oder die innenstadtnahen Stadtteile konzentrieren, auch um die weiter außen gelegenen Viertel wolle sie sich kümmern, versprach Buch auf Nachfrage. „Die bisherigen Fußverkehrs-Checks in Nippes und Kalk zeigen auch schon, dass es nicht nur um die Innenstadt geht“, sagte sie.
Stadt Köln setzt auf das Konzept der „Freien Ecke“
Ganz indirekt war auch Buchs Vorgänger Nico Rathmann an der Präsentation seiner Nachfolgerin beteiligt. Thorsten Siggelkow, Leiter des Amts für nachhaltige Mobilitätsentwicklung – zu dem die Abteilung, in der Buch arbeitet, gehört – nutzte die Gelegenheit, um am Leipziger Platz in Nippes das Konzept der „Freien Ecke“ vorzustellen, das die Stadt dort erstmals in Köln umgesetzt hat. Entwickelt hatte es Nico Rathmann, der es bereits im Februar 2023 bei einer Fachtagung der Arbeitsgemeinschaft fußgänger- und fahrradfreundlicher Städte, Gemeinden und Kreise (Agfs) in Nordrhein-Westfalen öffentlich zeigte.
Das Konzept funktioniert so: Um die Kreuzung mit der Bülowstraße dauerhaft freizuhalten, hat die Stadt auf allen Ecken Bügel für das Abstellen von Fahrrädern montiert und die Bereiche mit weißen Linien deutlich sichtbar markiert. Das soll verhindern, dass Autofahrer ihre Pkw unerlaubt bis auf die Ecken parken und somit Fußgängern die Sicht nehmen. Insbesondere für Kinder und Senioren soll das den Überweg sicherer machen.
Welche „Freien Ecken“ als nächstes in Köln entstehen
„Ich freue mich sehr, dass wir diesen Bereich hier am Leipziger Platz nun fußgängerfreundlicher gestalten konnten. Fußgängerinnen und Fußgänger, und dabei vor allem auch den schwächeren Verkehrsteilnehmenden wie Kindern und älteren Menschen, wird nun ein sichereres Queren an dieser Ecke ermöglicht“, sagte Siggelkow.
Die Stadt wolle im laufenden Jahr insgesamt 20 „Freie Ecken“ einrichten. Drei Projekte befänden sich aktuell in der Umsetzung. Neben der Kreuzung Leipziger Platz/Bülowstraße seien das ebenfalls in Nippes die Kreuzung Gellertstraße/Eichstraße sowie in Lindenthal die Ecke Uhlandstraße/Landgrafenstraße. Als weiteres soll der Erzberger Platz in Nippes folgen.
„Durch das Konzept wollen wir schnell und ohne große Kosten sichere Querungssituationen schaffen“, sagte Britta Buch. Feuerwehr und Ordnungsdienst würden die Umgestaltung begrüßen. Das Konzept der „Freien Ecke“ werde begleitend geprüft und bei Bedarf angepasst. „Dabei stehen wir auch im Austausch mit anderen Städten“, sagte Buch.