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Ein Laden aus der guten alten Zeit

Lesezeit 4 Minuten

Hannelore Bussard führt einen Obst- und Gemüseladen in Weiß.

Weiß – Das kleine Obst- und Gemüseladchen in Weiß ist eher unscheinbar, das Schaufenster nicht wirklich einladend. Wer aber hineingeht begibt sich auf eine Zeitreise in die Vergangenheit. Der Laden heißt nicht nur Paradies, hier fühlt man sich auch so. Das Obst und Gemüse liegt unverpackt in offenen Holzregalen. Die Kasse ist nicht digital und die Waage hat auch schon einige Jahre auf dem Buckel. Treuepunkte gibt es ebenso wenig, dafür aber Gummibärchen oder Schoko-Küsse auf die Hand zum Nulltarif.

Hinter der Ladentheke steht Hannelore Bussard, die Besitzerin. Im Jahr 2002 hat die gelernte Einzelhandelskauffrau den Laden eröffnet. Damals war er noch von morgens bis abends geöffnet und die Auswahl war auch wesentlich größer. Das Geschäft lief in den Anfangsjahren sehr gut. Doch dann machten in Weiß nach und nach machten die Läden zu. Seitdem die Metzgerei Gillessen ganz in der Nähe geschlossen hat, wurden die Kunden auch bei Hannelore Bussard immer weniger.

„Jetzt habe ich nur noch vormittags geöffnet, und auch mein Sortiment ist in den letzten Jahren immer weiter geschrumpft. Früher hatte ich neben Obst und Gemüse auch Oliven, Milch, Sahne, Butter und Konserven. Das lohnt sich nicht mehr, die Leute kaufen alles bei den Discountern. Wenn ich Miete zahlen müsste, wäre ich schon längst bankrott“, sagt die resolute Alt-Weißerin, deren Mutter schon mit dem Fahrrad durchs Dorf fuhr und Milch aus Milchkannen verkaufte.

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Hannelore Bussard führt einen Obst- und Gemüseladen in Weiß.

„Ich liebe den Kontakt zu meinen Kunden, hier bei mir kann man noch schwaade und Petersilie kaufen“, sagt Bussard, die einmal die Woche um 2 Uhr morgens auf den Kölner Großmarkt fährt, um frisches Obst und Gemüse für ihren Laden einzukaufen. „Um 2 Uhr ist für mich die schönste Zeit, die Stadt schläft, die Straßen sind leer, kaum ein Auto ist unterwegs. Auf dem Markt treffe ich immer die gleichen Leute, wir sind wie eine große Familie, wir trinken zusammen Kaffee, reden über den FC.“ Gegen 3.30 Uhr fährt sie mit der frischen Ware Richtung Weiß, legt sich noch kurz hin und macht um 8.30 Uhr den Laden auf, berichtet die 73-jährige Kauffrau.

Pro Tag kämen im Schnitt zehn Kunden, den größten Umsatz mache sie allerdings freitags und samstags. Leben könne sie von den schmalen Erträgen nicht, aber der Laden mit all den Stammkunden sei einfach ihr Hobby. Wer zu ihr kommt, der kann auch sein Herz ausschütten oder das Neuste aus dem Dorf erzählen. Aktuelles Thema sei vor allem die Nachricht, dass der Pächter des Restaurants „Landhaus Alt-Weiß“ weggehe und das frisch renovierte Sürther Bootshaus übernehmen werde.

Ein Kilo Äpfel für 3,98 Euro, ein Bund Möhren für 2,50 Euro, ein Rotkohl für zwei Euro– das sind keine wirklich preiswerten Angebote. Aber, so Hannelore Bussard, das Gemüse und das Obst komme – bis auf die Zitrusfrüchte – garantiert aus der Region. Auch die Eier, von denen sie immerhin 300 Stück in der Woche verkauft, kommen von Hühnern aus Wermelskirchen.

Wer eine große Familie versorgen muss, der kaufe seine Klementinen natürlich woanders und Berufstätige machen die Einkäufe nach Feierabend in den Supermärkten, dafür habe sie vollstes Verständnis. Aber enttäuscht sei sie dennoch, sagt die Händlerin: „In Weiß leben 6000 Menschen, auch viele junge Familien, die eigentlich klimaneutral und unverpackt einkaufen möchten. Alle reden von Plastikvermeidung und Nachhaltigkeit, aber nur wenige halten sich daran.“

Hannelore Bussard aber gibt trotzdem nicht auf, der kleine Obst und Gemüseladen ist ihr Leben. „2023 soll der Großmarkt auf der Bonner Straße umziehen, dann höre ich auch auf. Aber so wie die Kölner Verwaltung arbeitet, kann sich das auch noch länger hinziehen, so lange bleibt der Laden offen!“

Obst und Gemüse Paradies ,

Auf der Ruhr 95, 50 999 Köln-Weiß, Öffnungszeiten: Montags bis samstags, 8.30 bis 13 Uhr

Hannelore Bussard