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Festkomitee-Präsident Markus Ritterbach„Präsident vom 1. FC Köln werde ich nicht“

Lesezeit 9 Minuten
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Der echte Präsident Markus Ritterbach neben seiner Pappfigur

Herr Ritterbach, sie haben völlig überraschend ihren Rückzug aus dem Festkomitee Kölner Karneval (FK) bekanntgegeben. Am Ende der Session 2017 wollen sie ihr Amt als Präsident abgeben.

Mein Ziel war, das FK professionell aufzustellen und wirtschaftlich abzusichern. Das ist nötig, um große Aufgaben wie den Rosenmontagszug bewältigen zu können. Das ist geschafft. Wir haben so etwas wie ein Unternehmen aufgebaut, und das ist jetzt rund. Ich habe für mich festgestellt, dass ich im Moment damit total glücklich bin: mit dem FK, mit der Struktur, mit der Mannschaft. Natürlich ist es sehr schwer aufzuhören, wenn es am schönsten ist. Aber ich habe das Gefühl, mehr kann für mich eigentlich nicht kommen. Den Gedanken habe ich zugelassen, weil ich schon anfangs gedacht habe: „Elf Jahre sind eine sehr, sehr lange Zeit.“ Die sind jetzt vorbei. Natürlich bin ich in einem Alter, in dem ich noch ein paar Jahre machen könnte. Aber irgendwie hat alles seine Zeit – das ist auch meine Lebenseinstellung – und dieses Amt ist nur geliehen. Ich hatte Panik, dass man sich so daran gewöhnt, Präsident zu sein. . .

…wie so manches Dreigestirn. „Einmal Prinz, immer Prinz“…

Genau, das soll es ja geben. Die wichtigste Regel im Karneval ist doch: „Am Aschermittwoch ist alles vorbei.“ Bei mir war das aber nie so. Nach Aschermittwoch ging es direkt wieder neu los. Ich hatte jetzt elf Jahre lang fast jeden Tag Karneval – als Funktionär. Ehrlich gesagt freue ich mich darauf, diese Verantwortung abzugeben, und mal wieder mit Freunden richtig feiern zu gehen. Kamelle fangen statt werfen ist jetzt mein Motto.Viele Insider haben gemutmaßt, das derzeitige Präsidium wolle bis zum großen Jubiläum 2023 weitermachen. Verfolgen sie jetzt neue Pläne?

Wollen sie FC-Präsident werden?

Nein, auf keinen Fall. Wir haben einen sauguten Präsidenten beim 1. FC Köln. Punkt. Die Frage stellt sich nicht. Ich suche auch keine neue Verantwortlichkeit. Aber ich kann mir durchaus vorstellen, in meiner gewonnenen Freizeit etwas Ehrenamtliches zu machen – die Welt kann mich jetzt haben. (lacht) Vielleicht bewerbe ich mich als Fahrer beim Kinderdreigestirn.

Spielt die Rücksicht auf die Familie eine Rolle?

Die hätte ich in der Zeit, als die Kinder kleiner waren, wohl eher gebraucht. Die sind damit groß geworden. Für die war klar, dass ab dem 11.11. der Papa wieder mit dem roten Auto abgeholt wird. Tagtäglich. Mit all dem aufzuhören ist schon unglaublich schwer, man weiß ja gar nicht, wie sich das anfühlt, wenn ein so prägendes Amt, was ja das ganze Privatleben durchzieht, plötzlich weg ist. Aber es ist rational die richtige Entscheidung. Emotional bin ich sehr traurig, weil viele Dinge das letzte Mal passieren werden. Nickabend, 11.11. – und den Nikolaus im Festkomitee habe ich auch schon gespielt.

Warum ist es denn so unglaublich schwer, aufzuhören?

Im Vorstand sind fast alles Freunde. Man ist ein bisschen Gewohnheitstier. Und dann gibt man dieses Hobby, das man liebt, plötzlich ab. Mir ist vollkommen bewusst, dass das Amt des Festkomitee-Präsidenten das schönste Ehrenamt ist, dass es auf der Welt gibt. Chef eines wunderschön-fröhlichen Festes zu sein – was gibt es schöneres. Perfekt. Es gibt viele Dinge, wo man wehmütig wird. Etwa wenn ich an die ganzen Präsidenten denke, die schätze ich sehr. Ein besonderer Menschenschlag – alles Leute, die geben, statt zu nehmen.

Reaktionen zum Rücktritt

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Markus Ritterbach bei einer Pressekonferenz

Wie haben die Kollegen im Vorstand reagiert?

Ich habe gesagt, ich verlasse das Narrenschiff als erster, und hoffe die Besatzung bleibt. Darum habe ich alle gebeten. Und wenn sie gewählt werden, werden sie dabei bleiben. Das Team ist wichtig, und ich hinterlasse eine gute Struktur. Es wäre dumm gewesen, bis zum Jubiläum zu warten, und dann hören alle gleichzeitig auf – so führt man doch kein Unternehmen.

Noch mal: Wie haben die reagiert?

Die haben alle nicht damit gerechnet. Auch, weil ich bis jetzt massiv an Themen arbeite, die in die Zukunft hineinreichen. Wie etwa die neue Satzung, die nächstes Jahr beschlossen werden soll. Man hat mir den Abschied nicht angesehen. Ich hoffe, jeder kann es nachvollziehen, Aber es gab auch Tränen.

Teamarbeit ist ihnen schon wichtig.

Klar. Ich konnte die Leute selbst aussuchen. Die habe ich nicht genommen, weil sie besonders gut Karnevalslieder singen oder feiern konnten, sondern das waren Jungs und Mädchen, die ich von den Wirtschaftsjunioren her kannte und die einfach fachlich gut sind. Auch wollte ich einen hauptamtlichen Geschäftsführer haben wie etwa bei der IHK, der für Kontinuität steht – dafür habe ich anfangs extremen Gegenwind bekommen. Heute haben wir neben diesem Geschäftsführer einen verantwortlichen Festangestellten für den Rosenmontagszug.

Aber der Kopf ist weiter Ehrenamt.

Ja, der ganze Karneval ist ehrenamtlich geprägt. Und das ist gut so. Für so etwas wie den Rosenmontagszug brauchst du einfach Profis. Aber die Lenkung, die Idee, die Strategie, die sollte ehrenamtlich sein. Das ist vernünftig so.

Was hat sich in ihrer Amtszeit noch am meisten verändert?

Der Gedanke, dass beim Karneval jeder eingeladen ist. Als ich 2004 anfing, da gab noch kein Internet im FK, keine E-Mails, nichts. Da wurde ernsthaft diskutiert, ob man Brings verbieten solle. Die Zeile „Mach noch ens die Tüt’ an“ war für einige drogenverherrlichend. Aber der erste Auftritt von homosexuellen Tänzern bei der Prinzenproklamation zeigte, dass der Karneval unglaublich offen geworden ist, es gab eine neue Willkommenskultur. Man ist auch nicht mehr so hierarchisch organisiert, hat nicht mehr die „Superchefs“.

Obwohl die Chefs zum Repräsentieren immer noch wichtig sind.

Stimmt. Aber parallel zu mir ist eine neue Generation Präsidenten angetreten. Die Zeit der Alleinherrscher ist vorbei, das geht heute nur noch im Team. Klar, der Präsident ist Chef, der hat die Mütze an, der sucht sich seine Leute aus. Die Crux ist ja, gute Leute zu finden.

Der Faktor Eitelkeit spielt auch immer mit. Wird Ihnen das fehlen, Mittelpunkt zu sein, von allen umschwärmt zu werden?

Das kann ich erst später sagen, ob das doof ist (lacht), die Erfahrung fehlt mir ja bis jetzt. Ich bin nicht so der supereitle Typ. Also wenn ich mir vorstelle, dass mir das fehlen würde, dann hätte ich wohl weiter gemacht. Eitelkeit ist ja so eine Triebfeder im Karneval, aber da bin ich sauber im Kopf.

Das hat Ritterbach im Amt erreicht

Markus Ritterbach mit dem Kinderdreigestirn.

Was haben sie noch erreicht im Amt?

Einiges habe ich ja schon erwähnt. Wir haben eine Firma aufgebaut, die stabil läuft. Auch hat geklappt, darauf bin ich besonders stolz, dass wir als FK heute ein ganz anderes Image haben und auf jeden zugehen können. Egal wo, wir sind willkommen. Ob bei der Stunksitzung oder beim muslimischen Frauenhaus. Man hat ein Standing erreicht in der Stadt, wo der Karneval völlig akzeptiert ist. Früher war das nur eine gewisse Klientel, eine begrenzte Zielgruppe. Jetzt sind wir breit und offen aufgestellt, es gibt keine Berührungsängste mehr. Die soziale Funktion füllt der Karneval seit Jahren gut aus. Das Symbol für dieses Geben ist das Kamellewerfen. Auch im Kinderkarneval haben wir viel verändert und viel erreicht. Und wir haben die Kirche zurückgeholt. Wir feiern ein Pontifikalamt im Dom, und der Kardinal kommt zu Proklamation.

Und was hat nicht geklappt?

Ich weiß immer noch nicht, wie ich es hinkriegen soll, dass die Stadt versteht, dass Karneval ein Volksfest ist. Für alle Menschen hier. Die Stadt Köln kann nicht sagen, dass für alle Veranstaltungen allein das Festkomitee und die Gesellschaften verantwortlich sind. Sie stiehlt sich vollkommen aus der Verantwortung. Warum geht man nicht hin und sagt: „Wir stehen dazu, wir leben und verantworten diesen Karneval mit“ – und manifestiert dies etwa über einen Vertrag. Das dies nicht so ist, ärgert mich wahnsinnig, weil es an der eigentlichen Aufgabe von Politikern, etwas fürs Volk zu tun, völlig vorbeigeht. Die sagen immer, „Karneval ist ganz toll“, aber wenn man versucht, das aufzuteilen – die Stadt kümmert sich um den Verkehr, wir machen den bunten Rosenmontagszug – dann ducken sich alle schnell weg und behaupten: „Da könnte dann ja jeder Veranstalter kommen.“

An wem hapert es?

An der Verwaltung. Ich habe mit allen Fraktionschefs gesprochen. Die Ratspolitiker waren alle unserer Meinung. Umgesetzt wurde aber leider fast nichts. Natürlich hilft die Stadt uns beim Rosenmontag, aber nicht in der Dimension, die dringend notwendig wäre. Der Karneval bringt über eine halbe Milliarde Euro an Umsatz in die Stadt. Da könnte man auch überlegen: „Wie kann ich ein bisschen investieren, um das vielleicht noch zu steigern.“

Zurück zum Unvollendeten…

Das zweite, was wir nicht geschafft haben, ist eine Stiftung zu gründen. Damit wollten wir die Werte, die der Karneval gesammelt hat, absichern. So etwas wie unser Goldenes Buch könnte dann nie verkauft werden, selbst wenn das FK klamm wäre und Geld bräuchte. Aber ich hoffe, diese Stiftung kommt noch. Das fürchterlichste, was ich nicht geschafft habe, ist, Tommy Engel zur Proklamation zu kriegen. Jedes Jahr treffe ich mich mit ihm und versuche, ihn zu überreden. Dieses Jahr hatte ich ihn fast, denn Tommy bat um ein zweites Gespräch. Aber dann hat er mir in seiner unnachahmlichen Art doch abgesagt. Da fühle er sich nicht gut bei.

Über das Image des Kölner Karnevals

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Barbara und Markus Ritterbach mit ihren drei Söhnen

Stichwort Volksfest: Das Feierverhalten hat sich verändert. Immer mehr besoffene Kids, Wildpinkler, Schlägereien. Schadet das dem Image des Karnevals?

Ich sehe das relativ gelassen. Der Karneval ist immer auch das Spiegelbild der Gesellschaft. Weil es ein Volksfest ist – es sind ja alle dabei. Karneval ist nie besser oder schlechter als das Volk selber. An den tollen Tagen haben wir, wenn wir ehrlich sind, früher auch gesoffen. Wir hätten allerdings niemals gegen den Dom gepinkelt. Und auch nie nach dem Trinken die Flasche auf den Boden geknallt. Wir hatten einfach mehr Respekt. Diese Respektlosigkeit begegnet uns ständig und überall in der Gesellschaft. Verbale und körperliche Angriffe auf Lehrer? Entschuldigung, der Lehrer war immer die Respektsperson schlechthin. Das ist alles kein Thema des Karnevals, sondern der Gesellschaft – im Karneval wird es nur sichtbar.

Wer soll Ihr Nachfolger werden?

Tja, das kann ich ja nicht bestimmen. Das ist ja Sache der Mitgliederversammlung. Aber ich werde Christoph Kuckelkorn vorschlagen. Der kommt aus dem Team und hat als Vize-Präsident und Rosenmontagszugleiter schon ausreichend Erfahrungen im FK gesammelt. So etwas ist schon wichtig.

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