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Bilanz zum KarnevalsauftaktDas war der Elfte Elfte in Köln

Lesezeit 6 Minuten

Kostümierte Jecke auf dem Heumarkt

Köln – Mit dem 11.11. ist am Freitag ganz Köln in die neue Karnevalssession gestartet. Auf dem Heumarkt, am Tanzbrunnen, auf der Zülpicher Straße und sogar am Geißbockheim waren die Jecken los. Unsere Bilanz vom Sessionsauftakt:

Heumarkt und Alter Markt: Großer Andrang, friedlicher Verlauf

Die Jecken waren los: Dichtes Gedränge auf Heumarkt und Alter Markt, ausverkaufte Säle in der Umgebung und lange Warteschlangen von der Kneipen und Brauhäusern der Altstadt. Überall wurde gesungen und geschunkelt, gefeiert und getrunken. Es schien fast so, als fielen Weiberfastnacht und Rosenmontag auf einem Tag. Und der verlief weitgehend friedlich. Das neue Sicherheitskonzept von Polizei, Ordnungsamt, Feuerwehr und den Veranstaltern von der Willi-Ostermann-Gesellschaft funktionierte. An mehreren Stellen auf beiden Plätzen sowie in der gesamten Innenstadt war die Polizei deutlich präsent. Auch die Sicherheitskräfte an den Ein- und Ausgängen hatten sich bis zum Mittag eingespielt, nachdem man am Morgen mit dem Andrang noch etwas überfordert wirkte.

Markus Ritterbach mit dem Kinderdreigestirn.

Schließlich hatten sich die ersten schon kurz nach 6 Uhr die besten Plätze vor der Heumarkt-Bühne gesichert. Als Festkomitee-Präsident Markus Ritterbach und Oberbürgermeisterin Henriette Reker – passend zum Motto „Wenn du uns Pänz siehst, bes de vun d’r Söck“ – pünktlich um 11.11 Uhr erstmals mit dem kommenden Kinderdreigestirn den Countdown herunterzählten, lagen sich Zehntausende bunt geschminkt und kostümiert Jecke in den Armen. Der kleine Prinz Conrad Laschet forderte mehr schulfrei für die kölschen Pänz, Bäuerchen Jonas Bayartz plädierte für Cola zum Frühstück und die Mini-Jungfrau Clara Kott regte an, das im Sportunterricht künftig Schunkeln trainiert werde.

Dazu regnete es erst Konfetti, dann regnete es zeitweise richtig, ehe Petrus später dann doch ein Einsehen mit den Kölschen hatte. Und so wurde das designierte Dreigestirn den Jecken im Rähn präsentiert. „Es ist ein unglaublicher und sehr emotionaler Moment“, freuten sich Prinz Stefan Jung, Bauer Andreas Bulich und Jungfrau Stefan Knepper und ließen sich von der Menge feiern. Während es für die drei gleich weiter zu den nächsten Terminen ging, blieben ihre Ehefrauen auf dem Heumarkt. „Wir wollen noch weiter zusammen feiern“, sagte des Bauern Gattin Angela Bulich und stimmte in die Gesänge von Edith Papke aus Longerich und Annemarie Frings aus Dünnwald mit ein. Die stehen mit ihrem Freundeskreis („Wir haben uns 1988 am Alter Markt kennen gelernt“) nun schon im 29. Jahr direkt vorne an der Bühne und singen textsicher auch schon all die neuen Lieder mit. So „Eijentlich wollt ich jo heimjon“ mit den Räubern oder auch „Do häs dat schönste Jeseech vun Kölle“ mit den Paveiern, dann „Sing mit mir“ mit den Höhnern und „Mir sin besoffe för Glück“ mit Brings. Da wunderte sich Patrick Ryg aus Dortmund: „Unglaublich, diese Kölner. Aber ich bin ja auch FC-Fan.“ Als Donald Trump verkleidet wedelte er mit einem Amerika-Fähnchen umher und hielt ein Pappschild in die Höhe: „Make Kölle great again“. Bis zum Abend hatte auch er gemerkt, dass die Kölschen diese Forderung – zumindest für diesen Tag – längst umgesetzt hatten. (NR)

Zülpicher Straße: Rosa Einhörner, Hasenstreu und Glitzerperücken

Trotz nasskaltem Wetter ließen sich Tausende Jecke den Start in die fünfte Jahreszeit nicht nehmen. Überpünktlich versammelten sie sich auf der Zülpicher Straße, kamen aus Richtung der Universität oder vom Barbarossa- und Rudolfplatz. Autos konnten die Straße schon ab 9 Uhr nicht mehr befahren, auch die KVB-Linie 9 musste in beiden Richtungen über Aachener Straße und Gürtel umgeleitet werden. So feierten Zauberer, Schlümpfe, Bären, Piloten und Einhörner – letztere könnten zum Trend-Kostüm dieser Session werden.

Mit buntem Glitzer verziert, rosa Perücken und einem Horn auf der Stirn feierten Dutzende auf der Studentenmeile. Andere nutzen Hasenstreu als Ersatz für buntes Konfetti. Zahlreiche Polizisten hatten das Geschehen im Blick, einschreiten mussten sie kaum. Die jungen Jecken feierten friedlich bis tief in die Nacht. (sf)

Tanzbrunnen: 11 000 feiern lange Auftritte der Kölsch-Bands im Tanzbrunnen

Auf die Sekunde pünktlich wurden beim Kölschen Countdown der KG Die Große von 1823 im Tanzbrunnen mit 11 000 Jecken die Session rechtsrheinisch eröffnet. Moderator Linus zählte mit Präsident Joachim Zöller und Schirmherrin Hedwig Neven DuMont die letzten Sekunden herunter, bis es Konfetti regnete. Schon vor 11 Uhr waren die letzten Karten an der Tageskasse für das achtstündige Programm weg gewesen, bei dem Bands wie Räuber, Höhner, Brings, Paveier, Kasalla teils länger als eine halbe Stunde spielten. Gefeiert wurden auch die Domstürmer. Die Bläck Fööss gaben in Deutz ihren einzigen Freiluft-Auftritt des Tages und spielten abends nur noch im WDR-Sendesaal in der Radio-Live-Sendung „Immer wieder neue Lieder“ von Wicky Junggeburth.

Friedlich feierten 11 000 im Tanzbrunnen.

Zum zweiten Mal hatten sie die Veranstaltung auf dem Heumarkt boykottiert. Gitarrist Peter Schütten: „Das war ja nicht mehr schön. Da kamen wir ja nicht mal mit unserem Technik-Bus über die Brücke.“ Erstmals hatte mit Henriette Reker auch das Stadtoberhaupt einen Auftritt und begrüßte die Menschen. Und Bauer in spe Andreas Bulich aus Holweide freute sich über ein erstes Heimspiel: „Endlich auf der richtigen Rheinseite. Hätzlich willkumme op dr schönen Schäl Sick.“ Im Publikum wurden Miss Americas und ein Donald Trump im Geld-Anzug gesichtet. Auch Botschaften in seine Richtung gab es. Guido Cantz kam im T-Shirt mit der Aufschrift „Make Fastelovend great again“ als Antwort auf den US-Wahlausgang. Andere trugen „Make Kölsch, not war“- Aufnäher. (kaz)

Geißbockheim: 1. FC Köln mit Champions-League-Hymne und Kostümen

Am Geißbockheim läuteten die FC-Profis zum Motto „Spürbar arrogant“ die Session ein. Zu den Klängen der Champions-League-Hymne betrat die Mannschaft den Rasen. Während die Trainer mit Anzug und Krawatte das ein oder andere Kölsch am Spielfeldrand genossen, spulten die Spieler unter den Augen kostümierter Schaulustiger ein lockeres Training ab und brachten sich immer wieder für lustige Fotos in Stellung. (mbr)

Unfall überschattet Sessionseröffnung

Überschattet wurde der Sessionsauftakt von einem schweren Unfall am Freitagnachmittag. In der Innenstadt geriet eine Frau auf der Aachener Straße in Höhe der Moltkestraße einen Linienbus der KVB. Die 21-jährige kostümierte Fußgängerin war laut Polizei angetrunken. Sie soll einem Zeugen zufolge versucht haben, den fahrenden Bus anzuhalten. Dabei sei sie gestürzt und unter die Reifen gerutscht. Die Bochumerin wurde mit schweren Verletzungen in ein Krankenhaus gebracht, Lebensgefahr besteht nach ersten Angaben nicht.

Wildpinkler

Insgesamt waren Polizei und Rettungsdienst wie im Vorjahr im Dauereinsatz. Die erste Festnahme verzeichnete die Polizei um elf Uhr auf der Dasselstraße: Ein Mann hatte Drogen im Rucksack. Um 10.15 Uhr, früher als im Vorjahr, schlossen die Beamten die Sperrungen am Heumarkt, um eine Überfüllung zu verhindern. Eine halbe Stunde später machten sie auch die Zülpicher Straße für Autos dicht. Gegen 11.45 Uhr folgte die Sperrung der Ringe zwischen Barbarossaplatz und Rudolfplatz. Bis 17.30 Uhr nahmen Polizisten 16 Randalierer in Gewahrsam, die meisten hochalkoholisiert. Sechs Männer wurden festgenommen. Am Quartermarkt gerieten zwei Männer in Streit, einer stach mit einem Messer zu.

Zwischen sieben und 17 Uhr alarmierte die Leitstelle der Feuerwehr 583-mal einen Rettungswagen (Vorjahr: 513). An den stationären Unfallhilfsstellen behandelten die Retter 182-mal Verletzte (Vorjahr: 171). 37 Menschen mussten in Krankenhäuser gebracht werden.

Eine positive Zwischenbilanz zog am Nachmittag die Stadt Köln. Insgesamt liegen die Zahlen zwar etwas höher als im Vorjahr, vor allem im Bereich Jugendschutz kontrollierten die Einsatzkräfte allerdings auch häufiger: Sie erwischten 43 Minderjährige (14), die Alkohol dabei hatten. 79 Jecke (68) mussten die Ordnungskräfte im Zülpicher Viertel an das Glasverbot erinnern, ein Zwangsgeld haben sie in keinem dieser Fälle verhängt. Ein Zwischenfall habe den friedlichen Verlauf gestört, berichtete eine Stadtsprecherin: Ein Mann sprühte einem Ordnungsdienstmitarbeiter ohne erkennbaren Grund Pfefferspray ins Gesicht. Die Kontrolleure erwischten 147 Wildpinkler (150). (ts)