Hilfe nach FlutkatastropheWie Erftstädter in einem Kölner Hotel versorgt werden
Lesezeit 3 Minuten
Köln/Erftstadt – Sonnenschein und 25 Grad lassen am Samstagvormittag nicht ahnen, dass noch vor drei Tagen Starkregen in Strömen vom Himmel fiel. In Köln standen Keller und Straßen unter Wasser, im 20 Kilometer entferntem Erftstadt ganze Häuser. Es ist eine der größten Hochwasserkatastrophen der jüngeren, deutschen Geschichte, allein NRW meldet mehr 45 Tote, viele Menschen gelten noch als vermisst.
Im Stadtteil Erftstadt-Blessem ist die Verwüstung mit am größten, hier ist die Kante zu einer Kiesgrube eingebrochen. Häuser wurden mitgerissen. 170 Einwohner konnten evakuiert werden, nun sind 56 von ihnen in Köln. Mit dem Bus wurden sie Freitagnacht in das Hotel Premier Inn in der Altstadt gebracht, sechs Helfer der Johanniter koordinieren den Aufenthalt. Vier von ihnen sind aus Kassel gekommen um zu helfen.
„Die Betroffenen sind potenziell akut traumatisiert“
Rainer Schulz ist einer von ihnen, in Baden-Württemberg arbeitet er als Psychologe: „Die Betroffenen sind potenziell akut traumatisiert. Wir gehen jetzt alle 38 Zimmer durch um zu zeigen, dass wir für sie da sind.“
Nach den ersten Zimmervisiten wird klar, dass der Bedarf an professioneller psychologischer Betreuung groß ist. Ein Rettungssanitäter schiebt einen weißhaarigen Mann in Regenjacke auf einem Rollstuhl durch die Lobby, er ist still. Alle Evakuierten im Premier Inn sind älter, was Christian van Duijnen-Leiße im Vorhinein nicht wusste. Er ist Pressesprecher der Johanniter und organisiert den Aufenthalt der Betroffenen vor Ort mit, unter anderem hatte er Spielzeug für evakuierte Kinder besorgt: „Die Situation ist dynamisch, aber weil sich hier viele kennen, können sie sich unterstützen. Trotzdem hat keiner mit einem solchen Ausmaß gerechnet.“
Große Solidarität und schnelle Hilfe
Der Landrat des Rhein-Erft-Kreises sowie die Landesregierung hätten aber gut und schnell reagiert, so der Pressesprecher. Die Solidarität unter Helfenden sei überwältigend, von den Johannitern helfen rund 80 Freiwillige in NRW: „Das ist wichtig, vor allem, weil das ein langfristiger Einsatz wird.“
Das fürchten auch die Eltern von Kareena Schneider. In ihrem Haus ist der Keller voll Wasser gelaufen; der 85-jährige Vater und seine 81-jährige Ehefrau mussten mit einem Transporter der Bundeswehr evakuiert werden. Tochter Kareena und ihr Ehemann Herbert sind nach Köln gefahren sobald sie wussten, wo ihre Eltern sind: „Donnerstag war besonders schlimm, man konnte nicht telefonieren und ich wusste nicht, ob es ihnen gut geht“, sagt die Refratherin.
Donnerstagabend schaffte ihre Mutter es dann doch, sie anzurufen: Eine riesige Erleichterung. Freitag hätten die Schneiders versucht, nach Blessem zu fahren, doch alle Autobahnen waren gesperrt. Dann ein zweiter Anruf: Die Eltern waren auf dem Weg nach Köln. Hierher brachte die Tochter neue Klamotten, ihr Mann wollte seine Schwiegereltern etwas zum Lachen bringen. „Wir wissen gerade nicht, wie es um ihr Haus steht oder wie ihre Straße aussieht“, sagt Schneider. Wenn wieder möglich, wollen beide nach Blessem fahren und aufräumen helfen.
„Das schlimmste sind die fehlenden Informationen. Wir können als Helfer gerade keine Zukunftsperspektive bieten“, sagt Johanniter-Pressesprecher van Duijnen-Leiße. Wie lange die Evakuierten in Köln bleiben sei auch noch nicht abzusehen. Er fürchtet, dass solche Einsätze in Zukunft zunehmen könnten: „Es eine Klimakatastrophe, kein Klimawandel. Wenn wir nicht gegensteuern wird dies nicht das Hochwasser letzte dieser Art gewesen sein.“
Spendenkonto der Johanniter, Bank für SozialwirtschaftIBAN: DE57370205000004315218BIC: BFSWDE33XXXStichwort: Hochwasser