„Fridays for Future“Tausende demonstrieren in Köln friedlich für mehr Klimaschutz
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Köln – Auf den Pappschildern waren die üblichen Slogans zu lesen: Dass der Klimawandel in Wahrheit eine Klimakrise, die Bundestagswahl am Sonntag eine Klimawahl sei und der Eisbär kaum noch Lebensraum habe. Es waren tausende Botschaften dieser Art, die am Freitag geballt, aber friedlich auf den Straßen der Innenstadt kundgetan wurden. Die veranstaltende Klima-Organisation „Fridays for Future“ sprach von 25000 Teilnehmenden, nach aufmerksamem Augenschein war es vielleicht die Hälfte davon – aber sicher deutlich mehr als die 5000 angemeldeten Personen.
Auch die Polizei sprach von 10000 bis 15000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Polizeiangaben zufolge verlief die Kundgebung ohne Zwischenfälle. Folge der insgesamt drei Protestzüge waren aber über viele Stunden am Nachmittag massive Verkehrsbeeinträchtigungen fast in der gesamten Innenstadt. Der „Kölner Stadt-Anzeiger“ war an allen Standorten dabei.
Uniwiesen
Die Sonne scheint auf ein Meer aus Plakaten. Junge Menschen sitzen auf dem Boden und lachen, strecken ihre gemalten Botschaften in die Höhe und tanzen zu der Musik aus den Lautsprecherboxen. Allein hierher sind Tausende gekommen. Emily Toben streikt heute mit ihren Söhnen. „Meine Kinder wollten unbedingt streiken, und das unterstütze ich natürlich“, sagt die Mutter. Besagte Kinder Bennet (neun Jahre) und Noah (elf Jahre) richten trotz ihres jungen Alters klare Worte an die momentane Regierung: „Wenn weiterhin nichts getan wird, gibt es eine Kettenreaktion und diese wird nicht aufhaltbar sein. Erst 2038 Klimaschutz zu betreiben, ist zu spät. Wenn unsere Erde einmal zerstört ist, können wir auch nichts mehr machen“, beklagen sich die beiden Jungs.
Zu den Uniwiesen ist auch Annalena Baerbock gekommen, Kanzlerkandidatin der Grünen. Während sie sich umringt von einer Menschtraube durch die Wiese schlängelt, wird gejubelt und geklatscht. Baerbock wird als „Klimakanzlerin“ gefeiert. Nach Selfies und Autogrammen wird gefragt. Baerbock hockt sich demonstrativ neben eine Gruppe streikender Schüler. Einen Banner mit der Aufschrift „Klimaschutz ins Kanzler*innenamt!“ hält sie hoch. Für Till Hapig, Sprecher von „Fridays For Future Köln“, ist Baerbocks Besuch allerdings nur reine Symbolik. Man würde jeden zum Streik willkommen heißen, der hinter dem 1,5-Grad Ziel des Pariser Klimaschutzabkommens stehe. Das sei bei den Grünen nicht der Fall.
Ebertplatz
Nadja Budzinski ist mit ihren beiden Töchtern zum Ebertplatz gekommen: „Es ist ein wahnsinnig wichtiges Thema, gerade für Eltern. Es geht hier um die Zukunftsperspektive für meine Kinder, sie können nichts dafür, aber werden am meisten abbekommen.“ Ihre Tochter solle sehen, dass sie mit ihren Sorgen um die Umwelt nicht alleine ist. Hunderte Kinder schwänzen an diesem Tag die Schule, um gegen den Klimawandel zu demonstrieren: „Ich bin hier, weil ich die Tiere und unsere Umwelt schützen will“, sagt die Grundschülerin Lotta. „Ich find’s doof, dass es in der Stadt so viele Autos gibt. Außerdem sollen die Eisbären noch weiterleben“, wünschen sich Smilla und Jakob. Neben ihnen geht eine Schwangere. Auf ihrem T-Shirt steht über dem gewölbten Bauch: „Für deine Zukunft“.
Matthias Barner ist kein Jugendlicher mehr, aber auch er streikt heute für die junge Generation: „Schon 1971 hat uns unser Biologie-Lehrer erzählt, dass es neue Untersuchungen gäbe, dass der Ausstoß von CO2 die Erde erwärmen würde. Wir wissen schon so lange von der nahenden Katastrophe, es ist endlich Zeit für einen Wandel.“
Chlodwigplatz
Am Chlodwigplatz bekommt man einen Jutebeutel der KVB in die Hand gedrückt. Damit kann heute jeder kostenlos Bus und Bahn fahren. Schriftzüge, die „Zukunft“ und „wütend“ enthalten, tauchen immer häufiger auf, der Platz wird durch kreative und teils aufwendige Bilder von brennenden Weltkugeln geschmückt. Trotz bildlicher Assoziationen zu einer Meute mit Fackeln – heute mit den brennenden Welten bewaffnet – bleibt die Stimmung sehr friedlich.
Deutzer Werft
Der Demonstrationszug zieht in Richtung Deutzer Werft, zu der Hauptveranstaltung, bei der unter anderem Cat Ballou auftreten. Die Demonstranten legen sich wie auf Kommando gemeinsam auf die Straße. Am späten Nachmittag löst sich die Versammlung allmählich auf. In die Stadt kehrt Normalität zurück.