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Kölner Musiker über Irrungen und WirrungenSo bewegend lief Hannes Schöners Karriere vor den Höhnern

Lesezeit 5 Minuten
Hannes Schöner steht vorm Mikrofon im Studio.

Hannes Schöner zieht es bald wieder ins Tonstudio für neue Aufnahmen.

Nach seinem Ausstieg bei den Höhnern hat Hannes Schöner erst ein Solo-Album, nun einen Live-Mitschnitt veröffentlicht und blickt auf eine abenteuerliche Karriere.

Die meisten Musiker-Karrieren sind nicht der Rede wert. Fast immer sind es die gescheiterten Versuche, aus muffigen Proberäumen raus in die glitzernde Show-Welt zu kommen. Und wer meint, es endlich geschafft zu haben, dass er sein Hobby zum Beruf gemacht hat, läuft trotzdem Gefahr, schon nach kurzer Zeit wieder als „One-Hit-Wonder“ zu verschwinden.

„Eintagsfliege“ hätten dazu wahrscheinlich die Eltern von Johannes Schulte-Ontrop damals gesagt. Ihr Sohn scherte plötzlich aus und strebte kein bisschen danach, was so viele in der Familie geworden waren: Lehrer. Doch als ihr Sprössling 1982 unter dem Künstlernamen Hannes Schöner beim Vorentscheid zum Grand-Prix d‘Eurovision im Fernsehen mit dem Titel „Nun sag schon Adieu“ den dritten Platz belegte, wichen allmählich die Sorgen. Schließlich musste er neben Paola nur Nicole den Vortritt lassen, die mit „Ein bisschen Frieden“ dann auch international abräumte.

Hannes Schöner: Neues Live-Album

Noch heute ist der große Blonde mit den langen, inzwischen weißen Haaren, in Köln allseits bekannt, was vor allem an seinem 30-jährigen Engagement bei den Höhnern liegt. Die Popularität half ihm danach auch, dass sein erstes Solo-Album „Nah bei mir“ 2023 viel Gehör und Beachtung fand. Nun legt Schöner mit einem Live-Album nach: „Live in Honrath“ setzt das fort, was Schöner nach seinem Ausstieg bei der kölschen Geflügel-Combo begonnen hatte: Selbstgeschriebene Songs von Liedermacher über Pop bis Rock, auch Reggae und Country-Einflüsse wissen zu gefallen. Hinzu gesellen sich einige Cover-Versionen, darunter das wundervolle „Jealous Guy“ von John Lennon.

Hannes Schöner singt auf der Bühne

„Der große Blonde mit der langen Mähne“: Hannes Schöner bei einem Auftritt als Schlager-Sänger im Jahr 1984.

Musikalisch, sagt Hannes Schöner im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“, spüre er einfach nur Freiheit. „Bei den Höhnern haben wir stets versucht, funktionale Lieder zu machen“, blickt der 71-Jährige zurück. „Du musst dir überlegen, ob der Song auch um 23 Uhr noch im Gürzenich ankommt“, habe eine Maxime von Höhner-Mitbegründer Peter Werner gelautet. Jetzt sei es etwas völlig anderes: „Ich habe gemerkt, dass ich die Schere gar nicht mehr im Kopf habe.“

Die Motivation, auch in den kommenden Jahren weiter Songs zu schreiben, für sich oder Kollegen, sei derzeit riesig. „Vom innersten Gefühl her war ich immer Liedermacher“, sagt Schöner. Rückblickend sei das Hier und Jetzt ein langer Umweg mit Irrungen und Wirrungen gewesen. In der Tat gibt es wohl wenige Musiker, die so viele verschiedene Jobs in der Branche gemacht haben wie er: Jazzrock, Tanzkapelle, Schlager-Sänger, Tournee-Musiker, Background-Sänger, Mundart-Band. „Ich habe damals den Entschluss gefasst, keine Bedingungen zu stellen. Ich habe dem Schicksal eine Chance gegeben“, sagt Schöner.

Hannes Schöner: Neue Musik nach Ausstieg bei den Höhnern

Aufgewachsen in Longerich mit acht Geschwistern, spielt der Autodidakt Anfang der 70er in einer Schülerband. In der lokalen Szene mischen auch Gerd Köster, Frank Hocker und Nick Nikitakis mit, die Bläck Fööss heißen noch Stowaways.

Während Gleichaltrige wie der spätere Höhner-Produzent Thomas Brück mit der Band Satin Whale sowie Jürgen Fritz, Pianist von Tommy Engel, mit „Triumphvirat“ sogar internationale Erfolge feiern, probiert Schöner Drogen wie LSD aus. „Das hat mich – wie soll ich sagen – verwirrt. Ich bin aus der Musik ausgestiegen und habe mich mit Malerei beschäftigt.“

Schöner lernt in einem Meditationskurs seine Frau kennen. Als die kurz darauf schwanger wird, will sich Schöner an der Katholischen Fachhochschule für Sozialpädagogik einschreiben. „Das war das kürzeste Studium: Sechs Semester und danach hat man einen Beruf. Ich hatte ja bald eine Familie zu ernähren.“ Doch es kommt anders: „Meine Frau meinte: ,Mach‘ Musik, Du schaffst das schon.‘ Und dann habe ich mir gesagt, wenn deine Frau im sechsten Monat sowas sagt, warum sollst du dich dagegen wehren?“

Schöner trifft Ende der 70er Jahre seinen alten Jugendfreund F.M. Willizil, der bei den damals noch unbekannten Höhnern einsteigt, und übernimmt dessen Job bei einer Tanzkapelle im Ruhrgebiet. Von dort geht es zur einer Elvis-Formation, bis Schöner als Gitarrist in der Band der Großraumdisco „Whisky Bill“ im Bergischen Land Klaus „Major“ Heuser beerbt. „Klaus meinte, es gebe da eine Band in Köln, die machen so etwas Ähnliches wie Udo Lindenberg.“ Der Rest ist BAP-Geschichte.

„Auf der Suche nach Geld“ versucht Schöner Anfang der 80er, Schallplatten-Promoter zu werden und fährt mit einem Kumpel, dem Drummer seiner ehemaligen Schülerband, nach München. Doch es kommt anders: „Wenn der Typ singen kann, dann könnte man was aus dem machen“, sagt der Marketing-Chef von Ariola zu Schöners Kumpel. „Eine Stunde später hatte ich meinen ersten Schallplattenvertrag“, erzählt Schöner weiter. Und wie er kurz darauf in Ilja Richters Sendung „Disco“ seine Single „Judy's Café“ sang.

Es folgen weitere Aufnahmen mit namhaften Produzenten. Der „große Blonde mit der langen Mähne“ ist nach dem Erfolg beim Grand-Prix-Vorentscheid gleich mehrfach in der ZDF-Hitparade – und trifft in Köln einen ehemaligen Mitmusiker wieder: „Du bist jetzt Schlager-Sänger? Musst Du da nicht den ganzen Tag kotzen?“

Schöner versucht in der Folgezeit, anspruchsvollen Schlager zu machen, arbeitet sogar mit Grammy-Preisträger Harold Faltermayer („Axel F“, „Top Gun Anthem“) zusammen, doch der große Erfolg bleibt aus. Geld verdient der Kölner fortan als Studio-Sänger im Background, unter anderem für Howard Carpendale – und die Höhner. „Anfang 1990, als die einen neuen Bassisten suchten, habe ich meiner Frau ein Bild der Band gezeigt und gefragt, ob ich mich da bewerben soll?“ Über die Antwort muss Schöner noch heute lachen: „Wenn Du in solchen Klamotten rumlaufen musst – besser nicht.“


Aktuelle Konzerte: Hannes Schöner & Freunde – ein besonderes Weihnachtskonzert: Freitag, 13. Dezember, 19 Uhr, Samstag, 14. Dezember, 19 Uhr, Sonntag, 15. Dezember, 18 Uhr in der Aula der städtischen Realschule, 53902 Bad Münstereifel