- Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker hat ihre Bereitschaft gezeigt, für eine zweite Amtszeit anzutreten.
- Trotz einer durchwachsenen Bilanz gilt die Amtsinhaberin als große Favoritin für die Wahl 2020.
- Denn ein ernstzunehmender Herausforderer für Reker ist derzeit weit und breit nicht in Sicht. Das darf eigentlich nicht passieren.
Nach monatelangem Zaudern hat sie sich nun entschieden: Henriette Reker will fünf weitere Jahre Oberbürgermeisterin von Köln bleiben. Ihre Erklärung kam nicht überraschend, zu stark waren in den vergangenen Wochen die Signale für eine erneute Kandidatur. Dass sie den Bürgerinnen und Bürgern ihre Bereitschaft zu einer zweiten Amtszeit zunächst bei Facebook und Twitter ankündigte, mögen Wahlkampfberater für schick halten, andere für schlechten Stil. Am Ende ist es eine Fußnote, die bald vergessen ist.
Klar ist: Als Amtsinhaberin ist Reker die haushohe Favoritin für die Wahl 2020. Unterstützt wird sie von einem komfortablen schwarz-grünen Bündnis. Dass die Parteitage von CDU und Grünen am 21. September Rekers erneuter Kandidatur zustimmen, ist ausgemachte Sache. Das Ausscheren der FDP aus dem Unterstützer-Bündnis ist für alle anderen Beteiligten verschmerzbar. Sollte es zudem beim Wegfall der Stichwahl 2020 bleiben – SPD und Grüne klagen dagegen vor Gericht, ist Rekers Startvorteil umso größer.
Eine durchwachsene Amtszeit
Gute Aussichten also beim Blick nach vorn – trotz eines getrübten Blicks zurück: Rekers bisherige Leistungsbilanz nämlich fällt durchwachsen aus. Auf der Habenseite stehen die Neuaufstellung der Wirtschaftsförderung, ein rechtzeitig eingebrachter Haushalt und das realistische Ziel, im Jahr 2022 – und damit früher als geplant – ohne Schulden auszukommen. Mit dem Vorschlag eines Stiftungsmodells für einen Verbund aus Universitätsklinik und städtischen Kliniken hat sie zudem einen womöglich zukunftsweisenden Weg aufgezeigt, wie Köln ein führender Medizinstandort werden kann – ein längst überfälliges Zeichen des Aufbruchs.
Demgegenüber blieben viele Vorhaben in den ersten vier Jahren von Rekers Amtszeit unvollendet oder Stückwerk. Sie hat eine Verwaltungsreform angeschoben, die bisher zu keinen großen, für die Bürger sichtbaren Verbesserungen geführt hat. Dort, wo Politik für die Menschen erfahrbar und alltagsrelevant wird, halten sich in Köln immer noch gute Ansätze und Irrwege die Waage. Von der vertanen Chance bei der Ost-West-Achse bis hin zu Wohnungsnot und Schulbaumisere: Viel zu selten greifen die Räder ineinander. Erfolgreiche Projektabschlüsse gibt es nur wenige.
Natürlich ist das nicht allein die Verantwortung der OB. Eine verlässliche gestalterische Handschrift Rekers ist jedoch nicht zu erkennen. Stattdessen musste sie allzu häufig in den Krisenmodus schalten – nach der Silvesternacht 2015 wie auch den Auswüchsen an Karneval, in der Stadtwerke-Klüngel-Affäre wie bei den Widrigkeiten um Kölns Bau-Mahnmal, die Oper.
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In einer zweiten Amtszeit möchte Reker nun ernten, was sie gesät hat. Sinnbildlich steht für sie dafür die geplante Eröffnung der Oper im Jahr 2023. Tatsächlich könnte eine zweite Amtszeit eine Chance sein. Erstmals nach der Abschaffung der Doppelspitze von OB und Oberstadtdirektor vor 25 Jahren könnte in Köln eine Amtsinhaberin in einer zweiten Wahlperiode umsetzen, was sie in der ersten begonnen hat. Reker könnte freier und womöglich souveräner agieren. Ihre Vorgänger Harry Blum, Fritz Schramma und Jürgen Roters bekamen diese Chance aus unterschiedlichen Gründen nicht.
Wahlkampf bislang ohne Gegenkandidaten
Die Liste der Themen, die Reker im Fall einer Wiederwahl behandeln und umsetzen müsste, ist lang. Sie reicht von einer attraktiveren Innenstadt bis zu deutlich schnelleren Baugenehmigungen, vom Abbau des Sanierungsstaus bei Schulen und Museen bis zur Einführung eines modernen Radwegenetzes, von ausreichenden Kita-Angeboten bis zu bezahlbarem Wohnraum für Studierende. Reker müsste viel schneller „liefern“ als bisher. In der zweiten Amtszeit gibt es keine Schonfrist.Die Kölner Mängel-Liste ist lang. Und leider mangelt es in der Stadt auch an echtem, konstruktivem politischen Wettbewerb. Ein Wahlkampf ohne echte Alternative zu Reker? Das darf eigentlich nicht passieren.
Für ein Gegenangebot zu sorgen ist naturgemäß die Aufgabe des konkurrierenden politischen Lagers. Doch die gebeutelte Kölner SPD kann aus den eigenen Reihen derzeit keinen ernstzunehmenden Herausforderer aufbieten. Vorstellbar wäre ein Bewerber von außen, der nicht nur das linke Spektrum und die geschrumpfte SPD-Kernklientel ansprechen würde, sondern alle, die mit Rekers Arbeit unzufrieden sind. Ein Kandidat oder eine Kandidatin mit klarem Kompass für eine demokratische Großstadtgesellschaft und einer spannenden Vision für Köln könnte sogar auf Unterstützung konservativer Wähler hoffen.
Schließlich gibt es nicht wenige an der CDU-Basis, die es ärgert, dass ihre Partei es wieder nicht für nötig hält, einen eigenen Kandidaten ins OB-Rennen zu schicken. Die Befürchtung, dass die CDU auf lange Sicht zur Juniorpartnerin und zum verlängerten Arm der Grünen wird, ist in den klassisch bürgerlichen Kreisen durchaus vorhanden.Findet sich ein Gegenkandidat mit Strahlkraft, könnte es trotz Rekers Bonus zu einem spannenden Wettbewerb kommen. Das ist Köln zu wünschen.